Mit John Wick: Kapitel 4 geht Keanu Reeves in die vierte Runde seines Action-Rachefeldzugs. Nach dem Cliffhanger des dritten Ablegers steht zwar mehr denn je auf dem Spiel, trotzdem sorgte die Nonstop-Action langsam für Ermüdungserscheinungen. Wie frisch das Spektakel im neuen Teil ausfällt, sagt euch unsere John Wick: Kapitel 4 Kritik.
von Klaus Kainz
Damit hätte wohl nicht einmal Keanu Reeves selbst gerechnet: 2014 hat John Wick den Altstar aus der Versenkung geholt und ihm nach Matrix eine neue ikonische Rolle verpasst. Die Serie überzeugte Actionfans schnell durch ausgeklügelte Kampfchoreographien im sogenannten “Gunfu-Stil”, sprich, mit viel Nahkampf und noch viel mehr Geballer. Trotz seiner schon seit Matrix gewonnenen Kampfsporterfahrung und wochenlanger Vorbereitung, sah man ihm das Alter beim Nahkampf zwar an, dafür prahlte er mit seinen privat angelernten Skills vom Schießstand. In den Nachfolgern tobten sich die Macher mit einfallsreichen Kulissen und Action-Gimmicks aus – im dritten Teil schienen die Ideen aber auszugehen. Hat John Wick: Kapitel 4 die Kurve nun gekratzt? Unsere Kritik.
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Wir erinnern uns: Ex-Superkiller John Wick kommt aus der Frühpension zurück, nachdem Gangster seinen Hund töten, den ihm seine verstorbene Frau hinterlassen hat. Als er daraufhin in seinem Rachefeldzug gegen den Kodex einer mörderischen Geheimorganisation verstößt, hat es plötzlich die gesamte Unterwelt auf ihn abgesehen. In Teil 4 geht es nahtlos weiter. Keanu’s alter Matrix-Kumpel Laurence Fishburne nimmt ihn unter seine Fittiche, um ihn auf seine finale Schlacht vorzubereiten. Denn jetzt will John Nägel mit Köpfen machen und sich endgültig aus den Fängen der mörderischen Schattenwelt befreien.
Schon lange hat John Wick die muffigen Lagerhäuser der russischen Gangster aus dem Erstling hinter sich gelassen. Auf der ganzen Welt muss er sich nun mit anderen Killern und ihren schier endlosen Handlangern abrackern. Es wird reitend in der Wüste gekillt, im Pariser Kreisverkehr, oder in japanischen Luxushotels. Zu kurz kommen dabei nicht die tödlichen Werkzeuge. Kampfchoreographien laufen noch immer überwiegend mit Knarren und Fäusten ab, aber je nach Situation halten auch Katanas oder sogar Spielkarten und Sumo-Ringer als Kaltmacher her.
Auch der von Donnie Yen gespielte Caine, der John Wick diesmal auf den Fersen ist, lockert die Action der Serie auf. Die Choreographien vom chinesischen Martial Arts-Veteran sind durch seine Rolle als blinder Auftragskiller nämlich keine Standardkost, sondern erinnern etwas an Jackie Chan’s verspielten Drunken Master-Style. John Wick: Kapitel 4 fährt mit etlichen aberwitzigen Ideen auf, um das Gemetzel selbst nach drei Filmen frisch zu halten.
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John Wick-Neulinge können sich zwar von der Action berieseln lassen, aber ganz so einfach sollte man es sich trotzdem nicht machen. Plots in Actionfilmen mögen für manche Nebensache sein, aber John Wick: Kapitel 4 nimmt sich durchaus Zeit für Story. Spätestens der zweite Teil baute eine eigene Lore rund um die Schattengesellschaft der Superkiller auf, die voll ist mit kryptischen Regeln und komplizierten Intrigen und Charakterbeziehungen. Der vierte Teil knüpft daran nahtlos an, ohne auf Newcomer Rücksicht zu nehmen, die nur Bahnhof verstehen dürften.
Ein Händchen für Stil hat der Film ja. Nicht nur die Killer sind allesamt eingerichtet wie aalglatte James Bond-Bösewichte. Auch die Kulissen im urbanen Nachtleben spielen wunderbar mit knalligen Kontrasten, prunkvollen Innenräumen, Neonfarben und fast schon epochalen Kameraeinstellungen. Nur an wenigen Stellen wirken die Hintergründe zu stark aus dem Computer generiert.
Störender ist aber der Gewaltgrad. Ironischerweise kann beim stundenlangen Gemetzel von Blutbad nämlich keine Rede sein. Es ist stattdessen fast so, als wollte man die glatt polierten Setpieces nicht dreckig machen. Bei besonders harten Kills fließt schon der ein oder andere Tropfen Blut, aber sonst überwiegend Staub und Funken. Klar, die Welt von John Wick ist mehr Cartoon als Aushängeschild für Realismus. Trotzdem wirkt diese Blutarmut so unglaubhaft, dass sie aus dem Geschehen reißt. Streifen wie The Raid 2 (2014) oder Kill Bill (2003) haben außerdem bewiesen, dass hübsche Hintergründe mit harter Action funktionieren.
Das hätte aber nicht zum Saubermann-Image von Keanu und den anderen Protagonisten gepasst. Denn so wahnwitzig die Fights sein mögen und so hanebüchen die Welt der Superkiller – John Wick: Kapitel 4 will trotzdem sentimental sein. Voller Erbarmen zeigen sich die amoklaufenden Auftragsmörder, wenn es um Menschen mit Tochter oder Haustier geht. Melancholische Musik darf dabei nicht fehlen. “Killer mit Herz aus Gold” ließe sich aber vermutlich schwerer verkaufen, wäre das Gemetzel entsprechend hart dargestellt.
Trotz dieser Kritikpunkte. John Wick: Kapitel 4 hat geschafft, was die wenigsten Filmreihen von sich behaupten können: vier gute Ableger abliefern und im letzten Teil sogar noch eine Schippe drauflegen. Über seine fast dreistündige Spielzeit ist der Film eine Action-Achterbahnfahrt mit toll inszenierten, einfallsreichen Ideen. Nachdem der Vorgänger leichte Abnutzungserscheinungen zeigte, lieferte John Wick: Kapitel 4 wieder viel mehr Szenen ab, die im Gedächtnis bleiben. Als Fan von Action der 80er und 90er, aber auch von asiatischem Kino, stört nur die bei der Härte gezogene Handbremse – wobei wir alle John Wick-Filme nicht ganz auf dem Level der Inspirationen aus Asien sehen. Wer aber John Wick mag, muss definitiv auch in den vierten Teil gehen.
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Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.