Cal Kestis und Crew kehren in Star Wars Jedi: Survivor zurück um das Imperium zu destabilisieren und eine neue Heimat zu finden. Ob ihnen das gelingt, verraten wir in unserem Review nicht, ob der Weg dorthin Spaß macht, allerdings sehr wohl.
von Christoph Geretschlaeger
Coruscant. Fünf Jahre nach den Ereignissen von Star Wars Jedi: Fallen Order – hier unser Testurteil von Teil 1. Cal Kestis wird in Handschellen einem imperialen Senator vorgeführt. Was folgt sind knapp zwei Stunden geballte Action: wagemutige Sprünge über die tödlichen Abgründe der Megastadt und Lichtschwert-Duelle vor brennenden Wracks. Und, soviel dürfen wir schon vorausschicken, was Star Wars bei den Filmen nicht geschafft hat, schafft man jetzt bei einem Game: Einen guten Nachfolger zu erschaffen.
Optisch, atmosphärisch und spielerisch werden im Intro alle Register gezogen. Entwickler Respawn möchte gleich zu Beginn des Spiels zeigen, woran die letzten Jahre geschraubt wurde. Noch mehr stechen die Verbesserungen auf dem ersten Planeten, Koboh, ins Auge, der in Open-World-Manier erkundet wird. Hier durchstöbert Cal mit seinem treuen Droiden BD-1 jeden Winkel nach vergessenen Schätzen, verlassenen Jedi-Tempeln oder vereinzelten Gerüchten. Ja, es gibt jetzt Nebenmissionen. Ausgehend von Pyloons Saloon (Eigentümer Greez, unser Pilot aus dem Vorgänger) erforschen wir Koboh und lernen seine Einwohner besser kennen.
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Um den Heerscharen an Gegnern gerecht zu werden (neben Strumtrupplern sind diesmal auch umprogrammierte Droiden mit von der Partie) kann Cal insgesamt fünf verschiedene Lichtschwert-Stile lernen. Begonnen mit Single (so was „Langweiliges“ wie z. B. Obi Wan) und Double Blade (Darth Maul). Konnte man in Fallen Order nur gelegentlich in den Dual Saber Modus wechseln, bekommt Ahsokas Waffenkombination diesmal einen eigenen Skillbaum. Von den Filmen und Serien inspiriert wandelt unser Protagonist auch in den Fußstapfen von Kylo Ren und Ezra Bridger (Star Wars Rebels). Mit der schwerfälligen Crossguard-Stance von unserem Lieblings-Emo-Boy segnen die Gegner schon nach wenigen Schlägen das Zeitliche. Die Blaster-Stance wiederum drückt uns in die linke Hand einen Blaster und lässt etwas Abstand zum Abschaum. Aus völlig unerfindlichen Gründen kann Cal auf Reisen nur zwei Stile mitnehmen, erst beim Lagerfeuer Meditationskreis können wir auf andere wechseln.
Machtsensibel wie Cal ist, Schubsen und Ziehen wir nach Herzenslust Gegner und Objekte herum. In der Luft nach vorne hüpfen und Dinge aufheben oder auf den Boden reißen, das lernen wir erst mit Fortdauer der Story. Auf der detaillierten dreidimensionalen holografischen Minimap sieht man schön noch verschlossene Pfade und vor allem potenziell schon offene. Dank Fast Travel sind wir schnell in der Nähe bisher unerforschter Gebiete. Und damit es sich auch auszahlt, warten dort neben Skillpunkten, mehr Lebens- oder Macht-Energie auch die neu eingeführten Perks.
Perks sind so ähnlich wie die Chips in Cyberpunk 2077. Man hat einen Pool an Punkten, der mit verschiedenen Perks gefüllt wird. Es gibt stärkere Perks, die die Spielweise beeinflussen, die aber wesentlich mehr Punkte kosten (z.B. man macht mehr Schaden und bekommt mehr Schaden oder man kriegt insgesamt mehr Erfahrungspunkte, kann diese nach dem Tod aber auch nicht mehr zurückholen). Und es gibt Schwächere (dementsprechend günstigere), die unter anderem Macht wiederherstellen, wenn man von BD einen Heiltrank bekommt oder einen Treffer abfangen, wenn man sprintet. Die vielen unterschiedlichen Kombinationen laden zum Experimentieren ein. Man muss aber bedenken, dass viele Perks erst im Laufe des Spiels freigeschalten werden und unser Punktepool nur langsam wächst.
Nächster Schauplatz: Jedha. Nach dem dichten Grün von Koboh landen wir auf der Suche nach alten Mitstreitern mitten in der Wüste (technisch gesehen besuchen wir davor noch eine Mondbasis, das Gebiet ist aber nicht allzu groß). Sandstürme über der Erde und Sandwürmer darunter erinnern an ein anderes großes Science-Fiction-Franchise. Auf Jedha finden wir erste Spuren einer möglichen neuen Heimat für die Jedi. So wirklich zum Verweilen lädt Jedha nicht ein, deswegen geht es nach einem episch inszenierten Bossfight auch bald wieder nach Koboh zurück.
Mentorin Cere und Nightsister Merrin sind natürlich wieder mit von der Partie. Wen wir vorher vergessen haben, ist Söldner Bode Akana, der uns schon auf Coruscant geholfen hat. Er und Merrin begleiten uns hin und wieder auf Hauptmissionen. Während Bode mit Blastern und seinem Jetpack für Chaos sorgt, ist Merrin selbst die Manifestation des Chaos. Mit ihrer dathomirschen Magie fesselt sie Gegner (auf Knopfdruck) oder blinzelt sich übers Schlachtfeld.
Auf der PS5 (unsere Testversion) zählt man zu den Glücklichen, die nicht mit massiven technischen Problemen zu kämpfen haben. Flüssig läuft Jedi: Survivor aber auch im Performance-Modus nicht. In den dünner besiedelten Gebieten gehen sich schon hin und wieder 60 FPS aus, im Saloon erwarten einem neben einer Slideshow aber auch massive Ladezeiten, die schon fast an Last-Gen erinnern. Der PC-Port dürfte ziemlich in die Hose gegangen sein, was auch die zahlreichen negativen Kritiken auf Steam erklärt.
Optisch wurde ein bissl geschraubt, im wegen den Frames für mich kaum spielbaren „Nicht-Performance“-Modus sieht man deutliche Verbesserungen. Insgesamt wirken die Gebiete nicht mehr ganz so leblos wie im Vorgänger. Und das mag eine künstlerische Entscheidung sein, mir gefällt aber die Art des Level-Aufbaus nicht: In der Mitte gibt es einen mehr oder weniger breiten Weg, links und rechts steil heraufschießende Wände, Klippen oder Felsen. Man fühlt sich trotz Open World immer eingeengt.
Konnte man in Jedi: Fallen Order nur vereinzelt neue Ponchos finden, verstecken sich in Survivor unter anderem neue Frisuren, neue Bartstile und auch neue Outfits. Es sind sogar welche dabei, die keine Pre-Order-Boni sind. Besonders gut gefällt uns Cal Kestis mit Goatee und Vokuhila – der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Man muss nur vorher die richtige Kiste gefunden haben. Das Lichtschwert kann natürlich auch wieder angepasst werden, mit neuem Griff, neuem Schaft – wer wollte nicht schon immer wie Mace Windu mit einem lila Lichtschwert herumlaufen.
Vor 3,5 Jahren habe ich an dieser Stelle über den Vorgänger geschrieben: „Wo viel Lichtschwert, da auch viel Schatten“. Bezogen war das auf die nicht besonders epische Story mit fehlenden Innovationen, gepaart mit einer gelungenen Atmosphäre und einem insgesamt brauchbaren Spiel. Vieles davon trifft auch auf Jedi: Survivor zu. Nur an der Story hänge ich diesmal viel mehr. Sie schafft es ohne unmittelbaren Zeitdruck (was ich in Filmen und Spielen generell lästig finde, wenn alles an einem Tag passiert) einen immer voranzuziehen.
Schade finde ich die geringe Abwechslung bei den Planeten. Hauptsächlich turnt man im grünen Koboh herum, in den anderen Gebieten hält man sich nur eher kurz auf. Und dort eben entweder Sand oder imperiale Basis. Ich erhoffe mir bei jedem Star-Wars-Produkt mehr von der Galaxis zu sehen, mehr als nur einen Planeten (wenigstens sind wir nicht auf Tatooine). Und was mich im ersten Teil schon wahnsinnig gemacht hat, waren Bosskämpfe, bei denen Gegner mit einem Eutzerl Leben abhauen. Das gibt es natürlich wieder. Wenn sie sich wenigstens bei 50 Prozent aus dem Staub machen würden, wär‘s weitaus weniger nervig.
Schön finde ich, dass unser Droide BD-1 aufgewertet wurde und nicht mehr nur Healbot ist. Jetzt kann er uns auch beim puzzlen helfen. Überhaupt sind die Charaktere besser geschrieben als im Vorgänger, sie wirken lange nicht mehr so hölzern und zeigen sogar echte Emotionen.
Jedi: Survivor ist seit 28. April im Handel erhältlich. Für PS5, Xbox Series X/S und PC.
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Alle Bilder: (c) Respawn
Der Grafiker und Art Direktor (Helden der Freizeit, Styria Verlag) aus Wien ist ein absoluter Game- und Film-Kenner. Das zeigt das in seinen Tests und Bestenlisten.