Mit It Takes Two liefert das schwedische Entwicklerstudio Hazelight Studios einen großartigen Koop-Hit für zwei Spieler, der noch größer, noch kreativer und vor allem noch spaßiger als ihre bisherigen Spiele-Titel ist. Warum du das vielseitige Game unbedingt selber mit einem Freund oder Partner erleben solltest, verraten wir in unserem Test.
Von Sophie Neu
28. März 2021: Das schwedische Entwicklerteam rund um Hazelight Studios hat spätestens nach ihrem erfolgreichen Titel A Way Out (hier unser Review) den Ruf, erstklassige Koop-Erfahrungen in ihren Spielen zu vermitteln. Mit ihrem neuesten Zweispieler-Abenteuer It Takes Two, das gerade als EA Original für Xbox, Playstation und PC erschienen ist, bringen sie das Erlebnis auf ein ganz neues Level.
Denn abgesehen von ein paar kleinen Ungenauigkeiten in der Steuerung, ist ihr Koop-Game, das man sowohl im lokalen Splitscreen als auch online spielen kann, ein emotionaler wie spielerischer Geniestreich. Es nimmt sich Anleihen aus den verschiedensten Spielegenres und setzt sie in einer unglaublich bunten, detailreichen Welt unterhaltsam um. Warum wir von May und Codys fantastisch abenteuerlicher Paartherapie ganz hin und weg sind.
Zu Beginn unserer Koop-Reise sind die Aussichten für unsere Charaktere May und Cody nicht sonderlich rosig. Das verheiratete Paar steht vor den Scherben seiner Beziehung und sieht nur einen Ausweg: Die Scheidung. Dabei wünscht sich Tochter Rosie nichts mehr als eine Versöhnung ihrer Eltern. In ihrer Verzweifelung sucht sie Rat im alten Beziehungsratgeber von Dr. Hakim und vergießt dabei bittere Tränen über ihren selbstgebastelten Puppen, die ihren Eltern nachempfunden sind.
Und wie das in Spielen ist, entfalten ihre Tränen eine magische Wirkung. May und Cody erwachen plötzlich als ebenjene Püppchen zum Leben und müssen gemeinsam einen Weg finden, wieder in ihre richtigen Körper zurückzukehren. Aber als wäre der Weg für das Duo nicht schwierig genug, macht sich der plötzlich in Buchform zum Leben erwachte Liebescoach Dr. Hakim daran, ihnen allerlei flotte Sprüche und Hindernisse in den Weg zu werfen, die sie nur zusammen meistern können.
Auch wenn die Geschichte von It Takes Two nicht unbedingt revolutionär ist, so wird sie doch wunderbar charmant von Hazelight Studios umgesetzt. Während man am Anfang hinter der etwas kitschigen Prämisse nach dem Motto „Schatz, ich habe die Kinder geschrumpft“ nicht viel Substanz erwartet, stellt man nach den ersten paar Stunden fest, dass hier unter all den schlagfertigen Sprüchen von Cody und May, sowie Dr. Hakims lustigen Anleitungen zur Rettung ihrer Beziehung doch auch ernstere Themen angedeutet werden. Denn nicht selten sind Cody und May bei ihrer Mission eher die Antihelden. Das macht sie aber umso menschlicher, denn in ihrem Verhalten dürften sich einige Erwachsene wiedererkennen. It Takes Two treibt diese nachdenklichen Passagen aber nie zu weit und sorgt immer wieder für lockere Momente.
Und für die sorgt allein schon die Welt, in der wir uns im Spiel bewegen. May und Cody sind im Endeffekt die winzigen Protagonisten eines Toystory-ähnlichen Universums. Und die Animationen und der Plot in der Mini-Welt kommen eindeutig an das Niveau der Pixar-Produktionen heran. Nur wenn wir ab und zu in die „große“ Welt zurückschauen, sehen wir matschigere Texturen und hölzerne Bewegungen. Aber im Kleinen entdecken wir eine Dimension ungeahnter Kreativität.
Während wir uns am Anfang noch durch Mays Werkzeugschuppen voller gefährlicher Sägeblätter über Abgründe hangeln, verschlägt es uns später in eine quietschbunte Spielzeugwelt im Raum unserer Tochter. Wir hüpfen durch überdimensionierte Luftburgen, lösen Memory-Rätsel und fliegen auf unseren Hover-Fidget-Spinnern über ein tödliches Bällebad. Dabei fühlen wir uns ein bisschen, als wären wir in der 2021-Version von Toy Commander gelandet.
Und auch abseits des Hauptwegs gibt es immer wieder kleine interaktive Gimmicks und insgesamt 25 Minispiele zu entdecken, die einen garantiert zum Lachen bringen. Jedes Level ist so detailverliebt eingerichtet, dass man regelrecht Stunden darin verplempern könnte. Dabei läuft It Takes Two zum Großteil flüssig. Nur während des automatischen Speicherns kommt es manchmal zu kleinen Rucklern.
Aber Cody und May haben natürlich eine Aufgabe zu erfüllen. Um wieder in ihre richtigen Körper zurück zu können, müssen sie sich durch die vielen Level von It Takes Two schlagen. Und das geht nur, indem sie miteinander kooperieren. Hier liegt die wahre Stärke des Puzzle-Spiels. Denn nur, indem das zerstrittene Ehepaar sich zusammenrauft, kann es sein Ziel erreichen. Dafür müssen wir uns mit unserem Koop-Partner bei der Vielzahl an Umgebungsrätseln genau absprechen.
Im Werkzeugschuppen etwa müssen wir genau timen, wann Cody Nägel in ein Holzbrett hineinwirft, damit May sich damit über einen Abgrund schwingen kann. Etwas später werden wir von einer einschüchternden Eichhörnchen-Miliz mit einer Mini-Bazooka und einer Nektarkanone ausgestattet, um die feindlichen Wespen auszulöschen. Eliminieren lassen die sich aber nur, wenn Cody sie zuerst mit Nektar eindeckt und May dann auf sie losfeuert. Insgesamt funktioniert der Großteil der in It Takes Two implementierten Spielmechaniken gut, nur ab und zu hakt es etwas – wie etwa bei der automatischen Zielerfassung von Mays Mini-Bazooka. Insgesamt ist die Steuerung aber sehr präzise.
Trotzdem kommt nie Langeweile auf, denn das Spiel fordert uns immer wieder mit neuen Gameplay-Elementen heraus. Mal wechseln wir plötzlich in die Perspektive eines 2D-Jump’n’Runs à la Super Mario, mal mutiert It Takes Two zum Fighting-Game und wir müssen uns auf dem Segel eines Gleitflugzeugs in bester Tekken-Manier gegen ein kampferprobtes Nagetier beweisen. Die vielen Anleihen aus anderen Spielegenres kommen dabei manchmal so unverhofft, dass man erstmal vor Überraschung loslacht. Sie sind aber nie zu komplex, als dass sie den Spielfluss stören würden. Dieser kreative, manchmal fast schon wilde Mischmasch fügt sich aber erstaunlich nahtlos in die bunte Welt von It Takes Two und macht es im Endeffekt so richtig spielenswert.
So findet sich auch im ganzen Spiel das Prinzip wieder, dass der eine ohne den anderen nichts ausrichten kann. Das wird aber vor allem bei den Bosskämpfen meisterhaft umgesetzt. Und Bosskämpfe gibt es in It Takes Two zum Glück so einige. Warum zum Glück? Weil Fights gegen ein riesiges Monster selten so lustig, spannend und einfallsreich waren. Eines der Highlights etwa ist der Kampf gegen die Wespenkönigin. Wir weichen Wespenschwärmen aus, die konstant ihre Formation ändern und versuchen gleichzeitig die Schwachpunkte der Königin zu erreichen. Dafür müssen wir aber nicht nur unsere Nektarkanone und die Panzerfaust kombinieren, wir müssen auch Tony-Hawk-mässig auf einer dünnen Schiene um das Rieseninsekt herumsliden. Wer sich hier als Team nicht koordiniert, den erwischen schnell die aggressiven Wespentiere.
Aber It Takes Two wird nie frustrierend, denn es kommt in Sachen Checkpoints seinen Spielern sehr entgegen. Deswegen mussten wir keinen Bosskampf wieder ganz von vorne bestreiten, sondern konnten immer nach der letzten kurzen Cut-Szene weiterkämpfen. Trotzdem bieten die abwechslungsreichen Fights mit den mächtigen Gegner eine ordentliche Herausforderung und Koordinationsleistung der Koop-Partner.
Mit It Takes Two hat Hazelight Studios das wahrscheinlich bis dato beste Koop-Game für zwei Spieler auf den Markt gebracht. Es ist nicht nur unglaublich schön anzusehen, sondern spielt sich auch noch wirklich gut. Durch die vielen verschiedenen Spielmechaniken, die von Level zu Level variieren, kommt nie Langeweile auf und die Zusammenarbeit zwischen Cody und May sorgt für zusätzliche Abwechslung.
Während sich Spielekenner über die vielen Anleihen aus anderen Spielegenres freuen, bleibt It Takes Two auch für Neueinsteiger zugänglich. Denn Hazelight Studios beweist das richtige Gefühl für Schwierigkeit und Checkpointsetzung. It Takes Two ist ein einzigartiges Spiel, das man dieses Jahr unbedingt gespielt haben sollte! Übrigens: Mit Freunde-Pass von EA braucht bei einer Online-Session nur einer der Koop-Partner das Spiel zu besitzen – leider funktioniert das nicht plattformübergreifend.
Teste deine Kooperativen Skills weiter mit diesen spannenden Couch-Koop-Games.
Lokale Koop-Actionspiele
Lokale Koop-Familienspiele
Bilder: Hazelight Studios/EA
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.