Die Londonerin Terri Tyler ist eine wahre Heldin: Sie kümmert sich um rund 40 wildlebende Hunde auf der thailändischen Ferieninsel Koh Samui. Damit die Tiere nicht getötet werden, verteilt die Hunderetterin Futter, Wasser und Medizin – jeden Tag. Ein Kampf gegen Gleichgültigkeit und das Leid der Tiere.
Ich treffe Terri das erste Mal vor ihrem Haus auf Koh Samui. Sie steht an der Ladefläche ihres Pick Ups und bereitet Hundefutter vor. Gleich geht es los. Ich begleite sie und ihren Helfer Ronnie heute auf ihrer Runde. Jeden Tag fährt die Engländerin zweieinhalb Stunden durch den Dschungel und füttert Hunde. Die Hunde leben in neun Rudeln und finden im Dschungel nur wenig Futter, außer Terri kümmert sich niemand um die Tiere.
Thailand hat schon seit Jahren ein Problem mit Straßenhunden und deren Überpopulation. 2003 wurde die Tierschutzorganisation Soi Dog (thailändisch für Straßenhund) auf Phuket gegründet. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht streunende Hunde und Katzen medizinisch zu versorgen, vor allem aber zu sterilisieren. Denn nur wenn sich die Tiere nicht weiter fortpflanzen können, gibt es eine Chance das Problem in den Griff zu bekommen, so die Soi Dog-Philosophie.
Die Organisation hat auch einen Sitz auf Koh Samui. Die Mitarbeiter seien aber total überlastet, erzählt Terri. Deswegen hilft sie den wildlebenden Hunden vor Ort im Dschungel. Nur wenn einer schwer verletzt oder sehr krank ist, bringt sie den Hund zu Soi Dog. „Wir geben unser bestes, jeden Tag. Mehr können wir nicht machen“, sagt Terri. Und das merke ich jede Minute, die wir unterwegs sind. Terri hat nur Augen für die Hunde. Steigt die Engländerin aus dem Auto, kommen ihr die Hunde schon fröhlich entgegen gelaufen. Viele springen sie vor Freude an, wollen mit ihr spielen und können die Fütterung kaum abwarten. Terri begrüßt und streichelt jeden der rund 40 Hunde. Jeder Einzelne hat von ihr einen Namen bekommen.
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Franky ist im Moment das Sorgenkind. Der weiße Junghund hat eine offene Wunde am hinteren Bein. Wahrscheinlich ein Biss, meint Terri. Weil Franky noch nicht sterilisiert wurde, riecht er noch zu sehr nach Testosteron. Das mögen die anderen Hunde im Rudel nicht und beißen ihn. “Diese Verletzung ist ganz typisch”, sagt Terri. Sonst sind es oft blutige Augen, Kampfspuren, Würmer und Mücken-Infektionen, mit denen Terri und die Hunde zu kämpfen haben. Ronnie hilft den Hund festzuhalten während Terri ihm eine Paste gegen die Entzündung auf die Wunde schmiert. Keine leichte Aufgabe, denn die Paste brennt und Franky windet sich.
Auch Sam sieht nicht gut aus. Der alt wirkende, weiße Mischling kauert unter einem Auto und ist abgemagert. Seit über einem Monat gibt Terri ihm Medizin, doch die hilft nicht. Jetzt will sie sich darum kümmern, dass ein Tierarzt dem Hund Blut abnimmt. Dann weiß sie, was ihm fehlt.
Doch Tierärzte sind rar auf Koh Samui. Wegen fehlender Arbeitserlaubnis, praktizieren fast nur Thailänder auf der Insel. Dazu kommt, dass ein Besuch beim Tierarzt immer teuer ist. Und Terri finanziert ihre Hundehilfe größtenteils aus eigener Tasche, immer mal wieder bekommt sie auch Spenden. Das sind vor allem Essenspenden zum Beispiel von Restaurants. Die geben ihr Essensreste für die Hunde. Ansonsten kauft Terri Trockenfutter, Huhn, Lachs, Gemüse und Reis zum Verfüttern. Sie muss also genau überlegen, wofür sie das Geld einsetzt. Terris Mann spricht von ihrem teuren Hobby.
Für mich sieht das hier nicht wirklich nach Hobby aus, eher nach harter Arbeit. Terri verteilt an jeden der 40 Hunde Wasser und etwas zu Fressen. Sie guckt sich die Tiere genau an, untersucht sie auf Wunden und hat dabei immer noch ein bisschen Zeit zum Schmusen und Spielen. Und das alles bei über 30 Grad. Nicht zu vergessen, dass sie diese Runde jeden Tag dreht. Seit 2008 hat Terri keinen Urlaub mehr gemacht. Denn: „Wenn ich den Hunden nicht helfe, macht das hier niemand.“ Wenn sie krank ist, bittet sie Freunde um Hilfe. So wie der Niederländer Ronnie heute sind auch immer mal wieder Helfer dabei und unterstützen Terri. Aber niemand macht die Arbeit wie sie, sieben Tage die Woche.
Auf unserer gut dreistündigen Runde durch den Dschungel hat sich mein Bild von Terri stark vertieft. Mein erster Eindruck war, dass sie eine taffe Frau ist, deren Herz an den Hunden hängt. Sie opfert einen Großteil ihrer Zeit für die Straßenhunde auf der Insel. Sie ist einfach eine Macherin. Vor 13 Jahren, als sie nach Koh Samui gezogen ist, hat sie das Elend der Tiere gesehen. Damals, erzählt sie, musste sie sich entscheiden. Entweder sie muss hier wieder weg, weil sie es nicht aushält die Hunde jeden Tag leiden zu sehen oder sie hilft. Und das tut sie seitdem. Eine medizinische Ausbildung oder Erfahrung mit Hunden hatte sie vorher nicht. Sie hat sich die Dinge bei anderen Helfern oder bei Tierärzten abgeschaut.
Nach einiger Zeit merke ich dann aber auch, wie emotional Terri ist und wie sehr ihr diese Arbeit ans Herz geht. Für sie hat jeder einzelne Hund eine Bedeutung und sie hat eine ganz spezielle Beziehung zu „ihren“ Straßenhunden. Sie legt den Hunden auch Halsbänder an, damit es so aussieht, als ob die Hunde jemandem gehören.
Ein weiterer Aspekt, der ihr Herzensprojekt so schwierig macht. Thailänder haben eine andere Beziehung zu Hunden als wir Europäer. Gerade auf Koh Samui gibt es so viele Straßenhunde, dass sie für die Inselbewohner zur Plage werden. Weil die Hunde dann auch Hühner reißen oder den Garten verwüsten werden sie verjagt, geschlagen und manchmal sogar vergiftet, erzählt Terri angespannt. Sie kann das Verhalten nicht nachvollziehen. Verständnis und Mitgefühl hat sie eher für die anderen Hundebesitzer. Sie füttert auf ihrer Runde auch Hunde, die zwar Besitzer haben, von denen aber kein oder zu wenig Futter bekommen. „Manche Hundebesitzer verdienen umgerechnet sechs Euro am Tag. Da bleibt nicht viel Geld für Hundefutter übrig.“
Als wir wieder an Terris Haus ankommen klingelt das Handy. Ein Restaurant-Mitarbeiter hat noch Reis übrig. Terri muss los. Neben der eigentlichen Fütterungsrunde steckt in ihrem Herzensprojekt, wie sie ihre Arbeit selbst nennt, auch viel organisatorische Arbeit. Auf dem Weg zum Restaurant will sie noch bei einer Freundin vorbei fahren, die auch Straßenhunden hilft. Vielleicht hat die noch ein paar Entwurmungs-Tabletten übrig.
Heldin Jaqueline hat neben dieser berührenden Reportage auch tolle Tipps gesammelt, wie ihr die Insel mit wenig Geld erobert:
Koh Samui billig erobern: 7 Tipps für die Thailand-Insel
Alle Fotos: Jaqueline Bohrmann/reiseritis.de
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