Nach langem Hin und Her kommt mit Hellboy: Call of Darkness ein Reboot statt einer Fortsetzung ins Kino. Ob Hellboy auch mit kleinerem Budget und ohne Ron Perlman und Mastermind Guillermo Del Toro die Qualität der Original-Filme halten kann, lest ihr in unserem Review.
12. April 2019: In einer Welt voller übernatürlicher Gefahren braucht es Behörden, um sich ihnen zu erwehren. Hellboy, selbst Halb-Dämon mit einem rechten Arm aus Stein, ist der beste Agent des US-Ablegers. Als er für einen Spezialauftrag nach England gerufen wird, laufen die Dinge aus dem Ruder. Verrückte Kreaturen, Verrat und uralte Gefahren erwarten Hellboy auf der Insel und auch Offenbarungen zu seiner Vergangenheit. Ein eigentlich sehr simpler Plot mit viel Kleinteiligkeit und überzogenen Ambitionen.
Wir durften den Film vorab sehen und verraten euch in unserer Kritik, was in Hellboy: Call of Darkness schief läuft und wofür sich trotzdem ein Kinobesuch lohnt.
Hellboy ist lang gedienter Agent des B.P.R.D. (Bureau of Paranormal Research and Defense). Als einer seiner Kollegen in Mexiko verschwindet, macht er sich auf die Suche und findet ihn als Wrestler wieder. Er stellt sich dem unerwartet feindseligen Mann im Ring. Mit seinen letzten Atemzügen prophezeit der Sterbende das Ende der Welt. Kurz darauf wird Hellboy nach England gerufen, um alten Freunden seines Adoptivvaters (der an der Spitze des B.P.R.D steht) bei der Jagd nach drei Riesen zu helfen.
Dort wenden sich die Riesenjäger plötzlich gegen ihn, weil angeblich Hellboy selbst der Grund für den Weltuntergang sein soll. Gleichzeitig trägt ein groteskes Schweinemonster, die in allen Ecken des Landes versteckten Körperteile einer Hexe zusammen, um sie wieder zu erwecken. Zusammengefasst muss Hellboy also das Böse aufhalten und die Welt retten. Im Grunde ist also alles sehr simpel.
Womit wir schon bei der größten Schwäche des Films von Regisseur Neil Marshall sind. Die Handlung ist sehr einfach, hält sich aber scheinbar für unheimlich komplex. Zumindest ist das Vertrauen in die Zuschauer überschaubar. Denn jeder noch so kleine Sachverhalt wird uns drei- bis viermal erklärt. Danach kommt meist noch ein Dialog zwischen den Figuren und nach ein paar Minuten noch einer. Informationen werden bis zur Überdeutlichkeit wiederholt.
Das Gleiche gilt für die Motivationen der Charaktere. Sie sind sehr simpel und müssen trotzdem immer explizit ausgesprochen werden, bis sie sich plötzlich und fast grundlos ändern. Die gesamte Handlung krankt an diesen beiden Problemen. Auch ohne dieses Manko wäre der Plot eher auf der schwachen Seite.
Die besorgniserregendeste Frage für viele Fans war, ob David Harbour (Stranger Things) als Hellboy in die Fußstapfen von Ron Perlman treten kann. Da können wir halb Entwarnung geben. Harbour bringt eine tolle Leistung und verkörpert Hellboy grandios. Leider liefert ihm das Drehbuch keine starken One-Liner und Dialoge, um sein Können voll auszuspielen. Auch der Schnitt tut seinem eigentlich guten Timing oft keinen Gefallen. Die anderen Darsteller zeigen sich allesamt ordentlich. Keiner davon sticht heraus, aber alle sind gut.
Die zahlreichen Actionszenen sind die große Stärke des Films. Die Inszenierung der Kämpfe ist blutig, übersichtlich und stylisch. Hellboy: Call of Darkness zelebriert comichaft überzogene Gewalt in jeder Szene. Augen werden ausgestochen, Körperteile abgetrennt, Köpfe zerquetscht – und das alles mit reichlich unrealtistischem CGI-Blut. Bei einem Budget von nur 40 Millionen Dollar ist es mehr als beeindruckend, dass die Computeranimationen im Film allesamt gut sind (beispielsweise besser als die im teurerem Shazam! – hier unser Review). Zwar können sie nicht mit den größten Produktionen mithalten, aber das wird durch das coole Design und clevere Kameraeinstellungen ausgeglichen.
Das Kreaturendesign wirkt grob an jenes in Del Toros Filmen angelehnt, setzt aber eigene Akzente und ist auch wegen der höheren Altersfreigabe herrlich ekelerregend. Leider verkommt die Gewalt im späteren Verlauf des Film oft zum Selbstzweck, anstatt wirklich effektiv zu sein.
Sicherlich ein Schwachpunkt von Hellboy: Call of Darkness ist das Drehbuch. Wenn das Skript nicht gerade damit beschäftigt ist minutenlange Expositionen vor uns auszubreiten, bietet es schwache Dialoge und bremst sich immer wieder mit unnötigen Rückblenden aus. Der Humor, die knackigen One-Liner und die ironischen Brüche, die in den älteren Hellboy-Filmen so toll funktioniert haben, scheitern hier vollkommen. Kaum einer der Witze trifft ins Schwarze. Das liegt teilweise auch an der Inszenierung und dem Schnitt, die das eigentlich gute komödiantische Timing der Schauspieler zunichte machen.
Auf der anderen Seite kann der Film auch seine düstere Seite nicht entfalten. Wegen den dummen Dialogen und den leider unfreiwillig komischen emotionalen Momenten kommt niemals epische Stimmung auf. Außerdem krankt die Logik des Films an allen Ecken und Enden. Hellboy soll beispielsweise ein gestandener Agent sein und ist trotzdem ständig von Dingen überrascht, die ihm nur gesagt werden, um sie dem Zuschauer mitzuteilen. Das ist nur ein Beispiel für die vielen Brüche in der inneren Logik der Handlung.
Fast jeder Szenenübergang wird von coolen Rock- und Popklängen begleitet. Selten ist das passend, weil sich die Musik scheinbar nicht darum kümmert, ob sie in eine coole, eine lustige, eine epische oder eine traurige Szene überleitet. Es wirkt, als habe man die Auswahl getroffen, ohne den Film gesehen zu haben. In der zweiten Hälfte dann tritt pathetisch orchestraler Sound in den Mittelpunkt und macht das Ganze nicht besser. Die Stimmung ist zu diesem Zeitpunkt so verwässert, dass der Score größtenteils übertrieben daherkommt.
Hellboy: Call of Darkness kann sich leider nicht mit Del Toros Version des heldenhaften Halb-Dämonen messen. Visuell ist er weniger kreativ. Die Schauspieler sind gut aber nicht ikonisch. Die Inszenierung ist unkonzentriert. Für sich gesehen ist der Film passabel und unterhält streckenweise gut. Teilweise orientiert er sich auch näher an der Comic-Vorlage. Aber als Fan der Original-Filme sollte man wissen, was einen erwartet.
Hellboy: Call of Darkness ist trotz seiner Schwächen kein schlechter Film. Wenn man einfach nur die Action genießen will und sonst nicht zu viel erwartet, kann man sich damit einen schönen Kinoabend machen.
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Alle Fotos: (c) Mark Rogers/Lionsgate
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.