Von Kunst bis Schmiererei – in Wien stößt man auf Graffiti und Street Art in allen Formen. Was du bei einem Mural Walk vom Westbahnhof stadteinwärts durch Neubau und Mariahilf alles entdecken kannst. Dazu haben wir hier für dich auch noch unsere Street Art Tour #2 durch den Westen von Wien und unsere Street Art Tour #3 zwischen Belvedere und Gürtel.
von Christian Orou
Wien hat eine große Tradition in Kunst und Kultur im Allgemeinen und in der Malerei im Speziellen. Geht man mit offenen Augen durch die Stadt, stößt man beinahe an jeder Ecke auf Bilder. Die Urheber*innen sind nicht Fuchs, Klimt oder Brauer, manche verstecken sich hinter Pseudonymen und kommen kaum aus der Deckung. Einige Bilder wurden rasch an die Wand geworfen, weil kaum mehr als ein paar Minuten Zeit dafür war. Andere sind aufwändige Kunstwerke und erstrecken sich über ganze Feuermauern.
Manche Künstler*innen arbeiten in der Anonymität, weil sie am Rande der Legalität agieren, andere werden von Wirtschaftsleuten engagiert oder sind anerkannte Street-Art-Künstler oder finden sogar den Weg ins Museum. Einer der besten ist Rob Perez, der mit seinem Deadbeathero das Stadtbild prägt – lest hier unser Interview mit ihm: “Jeder Charakter ist ein Teil meines Lebens!”
In einer neuen Serie beschäftigen wir uns mit dieser relativ jungen Kunstsparte und präsentieren – der Leiter des Linzer Mural Harbor Leonhard Gruber möge verzeihen, dass wir uns diesen Begriff ausborge – einige Mural Walks durch Wien. Spaziergänge, die an unterschiedlichen Zeichen und Zeichnungen vorbeiführen. Manche werden, wenn du den Spuren folgen willst, vielleicht schon verschwunden sein. Das liegt an der Flüchtigkeit dieser Kunstform. Sie ist aber auch mit ein Grund für diese Serie, damit zumindest ein paar Tags oder Murals in Erinnerung bleiben.
Der erste Spaziergang beginnt gleich in der Nähe der U-Bahn-Station Westbahnhof an der Ecke Apollogasse/Stollgasse. Dort befindet sich schon seit einigen Jahren zwischen zwei Plakatwänden ein Totenkopf mit Tropenhelm. Folgt man der Apollogasse kommt man bei der Nummer 20 zu einer vor kurzem geschlossenen Pharmafirma. Ganz neu ist das Mural, das während des Calle-Libre-Festivals 2021 entstand. Said Dokins gestaltete eine Feuermauer in dieser Baulücke.
Bei der nächsten Kreuzung verlässt man die Apollogasse, wendet sich kurz nach links und geht die Schottenfeldgasse vor zur Lindengasse, in die man nach rechts einbiegt. Manchmal erinnern Tags an Ereignisse, die schon einige Jahre zurückliegen. Der Schriftzug am Gemeindebau gegenüber der Lindengasse Nummer 60 – 62 zum Beispiel thematisiert die Hausbesetzung, die 2011 hier stattfand. Das Kommunikationszentrum, das die Hausbesetzer*innen für ein paar Monate errichteten, trug den Namen „Epizentrum“.
Der Spaziergang folgt nun der Lindengasse bis zur Andreasgasse. Dort biegt man ein und landet nach wenigen Metern beim Andreaspark. Hier finden sich einerseits großflächige Murals an den Wänden der Häuser, die an den Park angrenzen. Andererseits gestaltete eine Klasse der Berufsschule die Mauer, die den Park einrahmt.
Es gibt verschiedene Techniken, die bei Murals oder Tags verwendet werden. Das „Love the green“-Pic in der Lindengasse zum Beispiel wurde mit Schablone gesprayt. Jenes, das an einer Tür des Hauses Esterházygasse 19 zu finden ist, wurde mit einem Lackstift angefertigt.
Im Park an der Hofmühlgasse sind nicht nur Werke vergangener Calle-Libre-Festivals zu finden. Seit einigen Jahren ist eine Wand ein Freilichtmuseum für nicht mehr benötigte Firmenschilder und -schriftzüge. Wirft man hier gegenüber einen Blick in die Sandwirtgasse, sieht man ein Mural, das ebenfalls während des Calle-Libre-Festivals entstanden ist, und zwar im Jahr 2019.
Biegt man nun von der Hofmühlgasse nach links erreicht man nach wenigen Minuten die Magdalenenstraße. Hier an der Nummer 12 findet sich ein großflächiges Bild, das einen sitzenden Mann zeigt, der einen Laib Brot in der Hand hält. Zu seinen Füßen sitzt ein Hund. Es stammt von Evoca1 aus der Dominikanischen Republik.
Wenn man die Wienzeile erreicht, ist es nicht mehr weit zum Naschmarkt. Dort empfiehlt es sich, nicht durch den Hauptgang zu schlendern. Im Nebengang finden sich viele Graffitis in ganz verschiedenen Stilen. Am Ende des Naschmarkts erreicht man durch den Bärenmühlendurchgang und den Durchgang durch die neue TU den Resselpark. Dort gibt es vor allen um den U-Bahn-Ausgang gegenüber vom Künstlerhaus einige Pics und Tags.
Der Mural Walk endet bei der Baustelle des Wien-Museums, das seit 2019 umgebaut wird. Hier wurden knapp vor Beginn der Bauarbeiten im ersten Stock Werke von arrivierten Künstler*innen wie zum Beispiel Goliv gezeigt. Im Erdgeschoß konnten sich alle Besucher*innen in der Sparte Street-Art versuchen. Zurzeit kann man hier an dem Bauzaun Werke der Osttiroler Künstlerin Linda Steiner sehen.
Schau dir unbedingt auch hier Teil 2 unserer Mural Walk Serie und hier Teil 3 unserer Mural Walk Serie an, da führen wir euch noch etwas weiter in den Westen und zu noch mehr fantastischer Street Art Kunst. Und lies unbedingt die Geschichte von Deadbeathero – dem Texander, dessen Werke auf vielen Plätzen in Wien zu bestaunen sind.
Nicht nur für einen Mural Walk bietet sich Österreichs Bundeshauptstadt an. Wir haben die schönsten Touren, wie du die prächtigsten Gebäude, Parks und Denkmäler zu Fuß entdecken kannst:
Schöne Denkmäler in Wien: Spaziergang mit 13 Stationen
Beethoven in Wien: Spaziergang zu 10 Plätzen
10 tolle Wien-Spaziergänge
Alle Fotos: (c) heldenderfreizeit.com
Der Chefredakteur der Wiener Alszeilen verfasst für heldenderfreizeit.com Buch-, Musik- und Spiel-Rezensionen, ist Video-Redakteur von CU TV und schreibt für das Musikmagazin Stark!Strom. Dazu berichtet er von Konzerten, Sport- und anderen Kulturevents und führt Interviews mit Stars und spannenden Persönlichkeiten.