So war das Finale von Game of Thrones – zwischen epischen Gänsehautmomenten und schlimmen Logiklücken. Unser Fazit zu Staffel 8 mit den 5 größten Tops und Flops.
von Christoph König, 21. 5. 2019
Was war das für ein Finale? Im positiven und negativen Sinn. Staffel 8 von Game of Thrones hat es uns richtig kalt-warm gegeben. Hier epische Gänsehautmomente, dort furchtbare Logiklücken. Dass eine Plastikflasche und ein Kaffeebecher in zwei Szenen vergessen und von Fans erspäht wurden, war da noch das kleinere Übel. Leider aber bezeichnend dafür, dass die Macher ausgerechnet am Schluss zu sehr gehudelt haben.
Dementsprechend gespalten reagierte die Fangemeinde. Die Emotionen kochten hoch. Wütend wurden sogar Petitionen für das nochmalige Drehen von Staffel 8 verfasst. Andere wiederum waren genervt von der Meckerei der Kritiker, die sich über jede Kleinigkeit echauffierten.
Fix ist: Die Erwartungen vieler wurden nicht erfüllt, aber es gab einige richtig starke Szenen. Auch uns ließ die Sache nicht kalt. Nach Ansicht des gesamten Finales wollen wir hier nun möglichst neutral Bilanz ziehen. Das sind die Tops und Flops der achten Staffel. Das gefiel uns am besten und das nervte uns am meisten. Spoilerwarnung! Wer Staffel 8 noch nicht fertig gesehen hat, sollte nicht weiterlesen.
Sicher. Da lässt sich noch so viel nörgeln, aber diese große Stärke hat Game of Thrones auch im Finale ausgespielt. Hier wurden wieder gigantische Stimmungsbilder erzeugt. Als die Feuerschwerter der Dothraki, eines nach dem anderen, in der Dunkelheit erlöschen. Als die Drachen Feuerschneisen in die Untoten brennen. Wie Daenerys am zerstörten roten Bergfried steht und Drogon hinter ihr die Flügel aufspannt und es kurz so wirkt, als wären es ihre. Oder wie Tyrion durch die verbrannten Reste von Königsmund schreitet und dann seine toten Geschwister unter den Trümmern entdeckt. Gänsehaut pur!
Auch beim Score wurde wieder alles richtig gemacht und dramatische Szenen perfekt unterstrichen. Im richtigen Moment wird es aber auch ganz ruhig (Am Ende der Langen Nacht oder als Arya sich verzweifelt aus Königsmund rettet). Und genial, wie die Musik in der letzten Folge zum Ende Schritt für Schritt zum Hauptthema zurückfindet.
Daenerys Blick nach der Hinrichtung von Missandei ist einer der allerbesten Momente der letzten Staffel. Ein kalter Schauer vom Feinsten. Aber auch Tyrion, Sansa und der Graue Wurm erzählen mit ihren Augen mehr, als mit ihren Worten. Wobei man bei mancher Storylücke auch froh gewesen wäre, hätten sie doch etwas mehr gesagt.
Fast jeder Hauptcharakter erfüllt in Staffel 8 noch eine wichtige Aufgabe. Bran wird König, Jon befreit die Welt von Daenerys, Daenerys “kümmert” sich um Cersei, Sansa führt den Norden in die Unabhängigkeit, Sandor tötet den “Berg”, Lyanna Mormont einen Riesen, Arya den Nachtkönig, Cersei lässt mit ihrer Bosheit Daenerys wahres Gesicht zum Vorschein kommen, Jamie stirbt an der Seite seiner Königin und Theon schützt Bran und bekommt dafür die Absolution.
Einen besonders stylischen Abgang kriegt Melisandre, die in der Langen Nacht zunächst einen starken Auftritt hat, dann mit ihren Feuerzaubern Winterfells Niederlage entscheidend hinauszögert und schließlich bei Morgendämmerung zum Horizont schreitet, ihre Kette ablegt und als plötzlich uralte Frau tot umfällt. Letzte Schritte, die ein bisserl an das Ende von Bill in Kill Bill Vol. 2 erinnern.
Auch wenn es ein wenig viel Happy End ist und teilweise fast schon ein wenig lächerlich, das Finale (also die zweite Hälfte der letzten Folge) fühlt sich wie ein rundes Ende an. Es erzeugt nach den holprigen vorigen Ereignissen wieder Lust auf mehr und hat für die Starks ein Ende parat, das irgendwie gut zu ihnen passt. Arya, die Rastlose, muss weiter die Welt erkunden, Bran kann seine Weisheit nun als Regent voll ausspielen, Sansa ihr geliebtes Winterfell regieren und Jon zur Nachtwache in den Norden zurückkehren. Back to the Roots!
Es mag mit ein paar Handlungssprüngen einhergehen, die nicht immer logisch sind. Aber eines schaffte auch Staffel 8 wie viele vorige Folgen von Game of Thrones. Sie wusste uns immer wieder zu überraschen. Rhaegels Tod, als er brutal aus der Luft geschossen wurde, kam schockierend schnell. Ebenso aus dem Nichts tauchte Arya als Nachtkönig-Killerin auf. Und wer hätte damit gerechnet, dass ausgerechnet Bran am Ende König wird?
Sicher das größte Manko. Die achte Staffel findet leider über weite Strecken keinen gelungenen Rhythmus um die Handlung zu erzählen. Während in Folge 1 und 2 noch schön ruhig Spannung aufgebaut wird für den Showdown in Folge 3, wird danach wieder gehetzt, dass einem übel wird und findet die Staffel erst ab Mitte der letzten Folge wieder eine etwas angenehmere Ruhe. Wohl hätten der Staffel insgesamt zwei, drei Folgen mehr gut getan.
Ebenfalls sehr störend: Hauptcharaktere, denen wir über viele Staffeln bei ihrer gelungenen Entwicklung zugesehen haben, fallen in alte Verhaltensmuster zurück. Dabei gelingt es den Drehbuchautoren nicht, ihre Charakterwandlungen schlüssig zu transportieren. Daenerys werden zwar genügend Anlässe gegeben durchzudrehen. Ihre inneren Kämpfe, die sie bei der plötzlichen Wandlung zur Massenschlächterin von Unschuldigen durchmachen sollte, bekommen wir kaum mit. Ähnlich verhält es sich bei Jon, der zuvor zu einem Leader herangewachsen ist. Er verkommt zum blind-loyalen, verliebten Daenerys-Lakai. Dass er sich mit seiner finalen Tat endlich davon emanzipiert, kann auch nicht vergessen machen, dass er die meiste Zeit der Staffel mit Hundeblick hilflos herumhirscht.
Dass Jamie am Ende doch zu Cersei steht, passt zwar irgendwie. Aber auch bei ihm wird uns kaum Gelegenheit gegeben, seinen Sinneswandel nachzuvollziehen. Und die sonst so genialen Strategen Varys und Tyrion haben die meiste Zeit der Staffel ihre Schlauheit irgendwo im Wald vergessen.
Genauer hinschauen, kann bei Staffel 8 nicht nur wegen vergessenen Kaffeebechern weh tun. Ein Drache der hilflos binnen Sekunden von Geschützen vom Himmel geholt wird, ein anderer der gleich in der nächsten Folge eine viel größere Anzahl von Geschützen zerstört, ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen. Die Unbefleckten in der langen Nacht fast ausradiert, haben offenbar wie die Dothraki das Klonen entdeckt und sind gegen Ende der Staffel auf einmal wieder eine Riesen-Armee.
Dieser Aspekt fällt zwar auch unter Logiklücke, hat sich aber einen eigenen Punkt verdient. Gespannt warten wir auf den Showdown und den finalen Kampf um Königsmund und dann lässt sich die Goldene Kompanie ausradieren, wie eine Gruppe Schulbuben, ein einziger Drache (sein Bruder vorher easy vom Himmel geholt) legt im Alleingang alles in Schutt und Asche. Und Cersei, die sonst immer noch ein Ass im Ärmel hat, tut nichts als stocksteif auf die Stadt hinunter zu schauen. Nein, das war zu wenig.
Trotz der in Punkt 1 erwähnten Gehetztheit. Man wird den Eindruck nicht los, es wurde gleichzeitig zu viel Zeit für Unwichtiges aufgewandt, die man besser verwendet hätte, um die Entwicklung von Charakteren glaubhaft zu erklären. Zum Beispiel in den wenig ereignisreichen Folgen 1 und 2. Oder das Gelage nach der langen Nacht. Da wird die Zeit mit Trinkspielchen tot geschlagen und aus Brienne und Jamies komplexer Beziehung eine billige kleine Nummer gemacht. Oder in der letzten Folge als Tyrion eine Minute seine Sesselchen schön aufstellt. Wenn man so viele wichtige Entwicklungen überspringt, wirkt das dann ein wenig wie Verhöhnung. Und statt uns einen Einblick in Daenerys Gefühlswelt bei ihrem Königsmund Massaker zu geben, wird ewig die Flucht von Arya aus der brennenden Stadt inszeniert. Sehr gelungen ja, aber die Balance stimmt hier einfach nicht.
Staffel 8 hat trotz der harschen Kritik zahlreiche Gänsehautmomente zu bieten und zum Ende der letzten Folge ein relativ rundes Ende, das uns ein wenig über die vielen Schwächen davor hinwegtröstet. Fix ist aber: Es wäre weitaus mehr möglich gewesen und die Enttäuschung vieler Fans ist wegen der Logiklücken und gehetzten Charakterentwicklung von Hauptfiguren nachvollziehbar. Ein paar Folgen mehr und Feinschliff am Drehbuch hätten uns eine weitaus genialere letzte Staffel bescheren können. Gefallen hat es uns trotzdem – ist ja Game of Thrones, das wir wie viele jetzt sehr vermissen werden.
Game of Thrones war als Serie ein großes Highlight. Lest hier, was wir an ihr so lieben. U
Game of Thrones: 14 Gründe, warum wir die Serie lieben
Aufmacherfoto: (c) Helen Sloan/HBO
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