Intelligente KI und alternative, digitale Welten. Diese Themen sind so alt wie Science Fiction selbst. In Ryan Reynolds neuem Film Free Guy wird das Ganze zoomergerecht in eine bunte Tech-Komödie verpackt. Mit allen typischen Reynolds Gags, aber doch mit dem Herz am richtigen Fleck.
von Susanne Gottlieb
11. August 2021: Was wenn du eines Tages merkst, dass deine Welt nicht real ist, und du nur eine KI oder eine Schauobjekt derer Regeln? Die Truman Show oder auch The 13th Floor lassen grüßen. Doch während diese Filme sich eher den ethisch-tragischen Komponenten einer solchen Überlegung gewidmet haben, will Free Guy auch Spaß machen. Eine bunte animierte Welt, in der die Non Playable Characters (NPC) ein eigenes Bewusstsein entwickeln und gegen ihren programmierten Opferstatus gegen die Spieler auflehnen.
Heute (am 12. August) startet der Film bei uns im Kino. Wir verraten euch, ob ihr ihn unbedingt sehen solltet oder nicht.
Guy (Reynolds) lebt in der Stadt Free City, wo er in einer Bank arbeitet. Für ihn ist es der beste Platz der Welt und der normalste Alltag der Welt. Und das, obwohl an jeder Ecke Kriminalität und Verbrechen herrschen, fiese “Superhelden” die Stadt regieren und er jeden Tag in seinem Job überfallen wird. Sein behäbiger Alltag wird jäh unterbrochen, als er dem PC Molotov Girl (Jodie Comer) über den Weg läuft und sie als die Frau seiner Träume deklariert. Plötzlich scheint etwas mit Guy zu passieren. Er beginnt, die sich immer wiederholenden Mechanismen seiner Welt zu hinterfragen und möchte an eine dieser Sonnenbrillen kommen, die alle Superhelden- und bösewichte haben.
Molotov Girl heißt in Wirklichkeit Milly und ist auf der Suche nach Beweisen in der Welt von Free City. Sie und ihr ehemaliger Programmierpartner Keys (Joe Keery) hatten einst ein Videospiel programmiert, in dem man mit den NPCs auf einer utopischen Insel interagieren konnte. Free City CEO Antoine (Taika Waititi) kaufte es, veröffentlichte es aber nie. Milly glaubt aber, dass er ihren Code als Basis missbraucht hat, um Free City zu schaffen. Gemeinsam mit dem verliebten Guy, aber auch mit der zunächst widerwilligen Hilfe von Keys, der nun für Antoine arbeitet, beginnt die Schnitzeljagd durch die Stadt.
Free Guy ist wohl der nüchternste Ryan Reynolds Film, seit er seinen ersten Deadpool Solofilm hatte. Es ist zwar vollgepackt mit den üblichen “Mannerisms” und einigen Gags, doch primär spielt Reynolds hier den “straight guy”, der in absurde Situationen katapultiert wird. Das tut dem Film gut. Die Tatsache, dass sich hier ein intelligenter NPC seiner eigenen digitalen Existenz stellen muss, ist etwas Tragisches.
Doch tragisch ist hier nicht das Schlüsselwort und existenzielle Fragen werden an wenigen, aber doch gut inszenierten Momenten festgehalten. Prinzipiell will Free Guy eine Parabel gegen Corporate Culture sein, die dem kleinen, kreativen Schöpfern keine Chance gibt oder diese gnadenlos schluckt. Ein Schelm ist, wer hier Böses denkt. Vor allem, wenn seine Figuren dann doch schon mal das Lichtschwert oder etwaige Marvel Gadgets zücken. Megakonzern Disney steckt hinter dem Ganzen. Der Film wird vom ehemaligen 20th Century Fox, nun 20th Century Pictures, produziert. Big Business ist böse – außer man kann viele Easter Eggs verpacken.
Dass die Handlung ziemlich vorhersehbar ist, mag vielleicht manche ebenso stören, aber das Wie ist dann doch spannender als nur auf dem Was herumzureiten. Free Guy macht einfach gute Laune, unter anderem auch wegen seines gut aufgelegten Casts. Allen voran Taika Waititi. Die Welt ist zwar manchmal wacklig konzipiert, aber stimmig. Vor allem nimmt sich Free Guy selbst nicht zu ernst wie das überladene Ready Player One von Steven Spielberg. Popkultur ja, aber diese bildet nicht das Fundament einer Welt, in der sich die Unterhaltungsindustrie selbst beweihräuchert.
Free Guy ist smarte, groß angelegte Unterhaltung, wie man sie sich immer wünscht, aber oft nur mehr selten bekommt. Ein großer Blockbuster mit genügend Herz, dass man mit der Handlung auch wirklich mitfiebert. Fans von Fortnite oder Grand Theft Auto werden ihre Freude haben.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.