Seit mehr als 100 Jahren steht der 8. März ganz im Zeichen der Frauen. Weltweit werden an diesem Tag Kundgebungen und Demonstrationen veranstaltet, um auf die Gleichberechtigung der Geschlechter hinzuweisen. Wir haben für euch dazu eine handverlesene Auswahl spannender Romane von Autorinnen zu diesem Thema zusammengestellt. Es sind Geschichten, die aufrütteln, inspirieren und Frauen stärken.
von Stefanie Riegler, 8. 3. 2025
Der 8. März steht seit 1911 für Gleichberechtigung und Frauenrechte. So werden an diesem Tag die Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung gefeiert, gleichzeitig will der Internationale Frauentag aber auch auf die Diskriminierung und Ausbeutung aufmerksam machen, die Frauen und Mädchen in aller Welt immer noch erleben.
Wir haben für euch eine Auswahl spannender, feministischer Romane von starken Autorinnen zusammengestellt. Es sind universelle Geschichten über Ungerechtigkeiten, Freundschaften, verkehrte Rollenbilder, Selbstfindung, schwierige Familienstrukturen, toxische Beziehungen, psychische Erkrankungen, Selbstbestimmung, Liebe und Durchhaltevermögen.
Der Roman Eine Frage der Chemie von Bonnie Garmus war 2022 eines der meistverkauften Bücher des Jahres. Im Zentrum der Handlung steht die Chemikerin Elisabeth Zott, die in den 1960er Jahren in Kalifornien versucht, in einem männerdominierten Forschungsinstitut Karriere zu machen. Weil sie schwanger wird, verliert sie ihren Laborjob und wird daraufhin Gastgeberin einer Kochsendung im Fernsehen. Doch Elizabeth Zott will den Zuseherinnen nicht einfach nur das Kochen beibringen. Sie fordert sie dazu auf, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen.
Der Debütroman von Bonnie Garmus ist ein Plädoyer für Emanzipation und Gleichberechtigung. Die US-amerikanische Schriftstellerin hat mit Elizabeth Zott eine unglaublich kluge, mutige, witzige und rebellische Heldin geschaffen, die ihrer Zeit weit voraus ist und souverän gesellschaftliche und geschlechtliche Normen ignoriert.
Die Geschichte ist durchaus komplex und wird nicht geradlinig erzählt. Trotz der vielen Rück- und Schicksalsschläge lässt sich Elizabeth Zott niemals unterkriegen. Es ist ein herzergreifendes Buch über eine Frau, die ihren Weg geht und sich von nichts und niemanden aufhalten lässt.
Zwischen Dublin und einem kleinen Ort an der irischen Küste entfaltet die irische Bestseller-Autorin Sally Rooney eine Geschichte von vier jungen Menschen, die einander näher kommen, sich verletzen, sich austauschen: Über Sexualität und Feminismus, soziale Ungleichheit, Zukunftsängste oder ausbeuterische Systeme.
In Schöne Welt, wo bist du steht die Freundschaft zwischen den beiden Frauen Eileen und Alice im Fokus. Beide schreiben sich lange E-Mails, die die Rahmenhandlung des Romans bilden. Darin teilen sie ihre alltäglichen Gedanken, erzählen über ihre komplizierten Liebesbeziehungen und diskutieren auch ausführlich über philosophische und politische Themen. Alice ist eine äußerst erfolgreiche Schriftstellerin, die nach einem Nervenzusammenbruch in einem Haus in einem kleinen Ort an der irischen Küste lebt. Dort lernt sie Felix kennen, der in einem Lagerhaus arbeitet. Eileen wiederum kämpft sich in Dublin als schlecht bezahlte Redaktionsassistentin einer Literaturzeitschrift durchs Leben. Sie hat eine schmerzvolle Trennung hinter sich und fühlt sich aufs Neue zu ihrer Jugendliebe Simon hingezogen.
Als globaler Popstar der Literaturszene bringt Sally Rooney das Lebensgefühl der Millennials in einer einzigartigen Prosa zum Ausdruck wie keine andere. Ihr Leitmotiv in all ihren Romanen sind komplizierte Beziehungen zwischen jungen Menschen. Analytisch, einfühlsam und ehrlich thematisiert die irische Autorin die Probleme der beiden jungen Frauen, die sich ständig hinterfragen und auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück die Orientierung verlieren. Der Roman überzeugt mit feinem Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen, auch die Figuren haben hohes Identifikationspotential. Sprachgewaltig zeigt Rooney auf äußerst geschickte Weise die Schwierigkeiten der modernen Zeit auf: Ein Roman, der zum Nachdenken anregt.
Seit 1979, mit dem Sturz des Schahs, leben die Töchter der angesehenen, iranischen Familie Valiat Shirin und Sima, im amerikanischen Exil. Ihre Mutter Elizabeth blieb damals allein mit der Enkelin Niaz im Iran zurück. Als bei einem Familientreffen in Aspen die Dinge aus dem Ruder laufen, müssen die Frauen sich ihrer persischen Vergangenheit stellen.
Elegant und voll absurder Komik entfaltet die Exil-Iranerin Sanam Mahloudji in ihrem Debüt-Roman eine große Familiengeschichte über Herkunft und Identität. “Wie soll man ein Leben führen, wenn man nicht dort ist, wo man hingehört?”, fragt sich die Autorin.
Die Handlung wird abwechselnd aus der Perspektive der verschiedenen Frauen episodisch in unterschiedlichen Zeiten erzählt. Dabei ist die tiefe Zerrissenheit der Figuren deutlich zu spüren. Eingebettet in den historischen Kontext rund um die iranische Revolution vereint Die Perserinnen Komödie und Drama zugleich und überzeugt mit starken, komplexen Charakteren sowie witzigen Dialogen.
In ihrem neuesten Roman “Malibu Orange” schildert die österreichische Autorin Ulrike Haidacher die tragikomische Geschichte einer Freundschaft. Anja hat gerade ihren Job gekündigt und zieht zurück in ihren steirischen Heimatort. Dort trifft sie ihre beste Freundin Magda wieder, doch die kommt nicht allein, sondern mit Volker. Und mit Volker kommen gleichzeitig auch einige Probleme daher, denn Magda beginnt sich durch diese Beziehung mehr und mehr zu verändern. Sie wird blasser und dünner, antwortet kaum noch auf Nachrichten und kündigt sogar ihren Job, um mit Volker auf einen Bergbauernhof ohne Funknetz zu ziehen. Doch je mehr Anja versucht sich in die Beziehung von Magda und Volker einzumischen, desto mehr wendet sich diese von ihr ab.
Als Meisterin der Übertreibung führt Ulrike Haidacher ihre Figuren ins Verderben und zerlegt mit schrägem Humor Floskeln und Glaubenssätze. Satire trifft hier auf Tragikomödie. “Was ist eigentlich ein gutes Leben und wer bestimmt das?” ist die zentrale Frage des Romans. Die Autorin verwebt dabei unterschiedliche Themen, wie Burnout, toxische Dynamiken, Landleben, Generationenkonflikte oder die Orientierungslosigkeit in den 30ern zu einer spritzigen und ausgefeilten Lektüre zusammen, herbe Gesellschaftskritik inklusive.
Der Titel Malibu Orange bezieht sich dabei auf das Teenager-Getränk der 1990er und 2000er Jahre, welches sinnbildlich für eine verlorene Ära in Erinnerung an die unbeschwerte Fortgehzeit mit der besten Freundin steht. Die Geschichte wird nur aus Anjas Perspektive erzählt und ist somit nicht eindeutig. Meiner Meinung nach ist das aber genau eine Stärke des Romans, der die Frage aufwirft: “Wie würde ich selbst in dieser Situation handeln?”
Nach einer gemeinsamen Studien-Zeit in London stehen Hannah, Cate und Lissa mit Mitte dreißig an ganz unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben. Hannah ist mit Nathan verheiratet, doch ihre Beziehung wird von einem unerfüllten Kinderwunsch überschattet. Cate ist nach der Geburt ihres Sohnes nach Canterbury gezogen und hat das Gefühl, sich mehr und mehr selbst zu verlieren. Und Lissa steht nach einer schwierigen Beziehung auf der Schwelle zu ihrem Traum, endlich als Schauspielerin erfolgreich zu werden.
“Was wir sind” von Anna Hope ist ein Roman über drei ganz unterschiedliche Frauen im entscheidenden Moment ihrer Geschichte, über erwachsene Freundschaft und die intime Frage eines jeden Lebens: “Was ist aus dem Mensch geworden, der du einmal sein wolltest?”
Die britische Autorin verknüpft all die großen Themen, die im Leben einer Frau zwischen 30 und 40 Jahren relevant sind. Es geht um das Älterwerden, Freundschaften und die eigene Identitätsfindung.
Die US-amerikanische Autorin Emma Noyes erzählt in diesem Roman die Geschichte von zwei Menschen, deren innere Probleme sie daran hindern, sich wirklich aufeinander einzulassen. Die lebenslustig wirkende Ginny zieht in eine WG mit ihren besten, männlichen Freunden. Was diese aber nicht wissen: Ginny leidet an einer Essstörung. Adrian ist seit dem frühen Tod seines Vaters ein Meister im Unterdrücken seiner Gefühle. Die beiden kommen sich näher, doch immer wenn es ernst wird, weist Adrian Ginny von sich.
Guys Girl ist ein sehr berührender und emotionaler Debüt-Roman. Im Mittelpunkt steht nicht nur eine dramatische Liebesgeschichte, sondern viel mehr der Kampf einer jungen Frau gegen ihre Essstörung. Die Geschichte wird abwechselnd aus Ginnys und Adrians Perspektive erzählt. Beide Charaktere wurden äußerst realistisch gezeichnet und ringen mit unterschiedlichen, komplexen Problemen.
“Als ich das Buch beendet hatte, wurde mir klar, dass ich nicht nur eine Liebesgeschichte zwischen Ginny und Adrian zu Papier gebracht hatte, sondern auch eine Liebesgeschichte zwischen Ginny und sich selbst. Denn Selbstliebe ist der erste Schritt auf dem Weg der Heilung“, schreibt Autorin Emma Noyes über ihr Debüt-Werk.
Die australische Autorin Charlotte Wood skizziert in ihrem Roman Ein Wochenende die unterschiedlichen Lebenswege der vier Freundinnen Jude, Adele, Wendy und Sylvie. Jude ist eine kultivierte Gastronomin und hat seit vielen Jahren eine Affäre mit dem verheirateten Daniel. Adele war früher eine gefeierte Schauspielerin und wurde eben von ihrer Freundin verlassen. Wendy, eine feministische Intellektuelle, kämpft mit fehlendem Verständnis für die eigenen Kinder. Und die warmherzige, fürsorgliche Sylvie bildet den Kitt der Gruppe. Als Sylvie stirbt, wird den drei anderen klar, dass sie ohne ihre Freundin neu definieren müssen, was sie zusammenhält. An einem gemeinsamen Wochenende in Sylvies altem Strandhaus wird zudem ein Geheimnis aufgedeckt, das die jahrelange Freundschaft auf die Probe stellt.
Mit viel Empathie und Witz liefert Charlotte Wood einen emotionalen Rückblick auf vier unterschiedliche, starke Frauenleben. Ein Roman, der zum Nachdenken über die eigenen Freundschaften, Konflikte und das Älterwerden einlädt.
Mit ihrem Werk Die Liebhaberinnen gelang Elfriede Jelinek 1975 der literarische Durchbruch. Mit bitterböser Ironie und einer grotesken, messerscharfen Sprache thematisiert die österreichische Autorin darin die Rolle der Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft, ihre ökonomische Abhängigkeit sowie ihre sexuelle Unterdrückung. “Wenn einer ein Schicksal hat, dann ist es ein Mann. Wenn einer ein Schicksal bekommt, dann ist es eine Frau”, lautet der Grundtenor des Romans.
Jelinek erzählt darin die Geschichte von Brigitte und Paula. Brigitte arbeitet als Näherin in einer Fabrik und setzt alles daran, den Elektrotechniker Heinz zu heiraten, um ihren sozialen Status zu verbessern. Die 15-jährige Paula möchte Schneiderin werden, was jedoch von ihrer Familie missbilligt wird. Sie verliebt sich in Erich und stürzt sich damit ins Unglück.
Die Liebhaberinnen markiert einen Höhepunkt der feministischen Literatur und hat auch 50 Jahre später nichts an Bedeutung verloren. Elfriede Jelinek spielt dabei brillant mit der klischeehaften Vorstellung von Liebe und häuslichem Glück und lässt ihre Protagonistinnen gnadenlos scheitern. Kopfschüttelnd wirft sie die Frage auf, warum Frauen ihre eigene Zukunft auf eine Heirat mit einem Mann reduzieren und legt die Strukturen patriarchaler Unterdrückung schonungslos offen.
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Fotocredits: (c) Piper, Claasen, Leykam, dtv, Hanser, Kein & Aber, Rowohlt
Stefanie Riegler ist seit 2009 als Journalistin tätig. Sie liebt das Wiener Stadtleben, geht gerne auf Reisen oder auf Konzerte und schätzt besonders österreichische Filme.