Ein halbes Jahrhundert Ewan McGregor! Der Schotte, der seine Karriere in den 90ern in kleinen britischen Filmen begann, ist ein Superstar der Filmbranche. Was waren seine großartigsten Filme? Wir nehmen euch mit auf einen Trip durch sein Werk: Seine Rollen in Trainspotting und Star Wars kennt jeder. Wir machen mit euch aber auch einen Trip durch seine weniger bekannten Filmperlen.
von Susanne Gottlieb
31. März 2021: Wer so lange erfolgreich ist wie Ewan McGregor, der hat nicht nur Glück, sondern auch ein gutes Händchen in seiner Rollenwahl. Und wahrlich, der gebürtige Schotte, der heute 50 Jahre alt wird, hat schon alles gespielt: Unbedeutsame Nebenrollen, heroische oder gebrochene Protagonisten, zynisch-absurde Bösewichte, oder natürlich weise Jedi-Meister.
Aus solch einer reichen Filmographie auszuwählen, ist natürlich nicht leicht. Wir versuchen es aber trotzdem. Das sind für uns die besten Ewan McGregor Filme seiner so erfolgreichen Karriere:
Ewan McGregor spielt den Sohn eines verwitweten Mannes (Christopher Plummer), der sich ein paar Jahre vor seinem Tod noch outet. Zu Beginn des Films ist Plummers Figur bereits tot, und der Film folgt McGregor, der versucht eine neue Beziehung aufzubauen, während er an die letzte seines Vaters denkt. Plummer mag für die Rolle den Oscar gewonnen haben, aber auch McGregor trägt hier seine feinfühlige Note zum Geschehen bei.
In diesem SciFi-Drama spielt McGregor einen draufgängerischen Koch, der sich in eine vom Schicksal gezeichnete Epidemiologin (Eva Green) verliebt. Das Setting für diese Romanze könnte nicht düsterer sein. Beide leben in einer globalen Pandemie, die den Menschen langsam einen Sinn nach dem anderen raubt. Die Herausforderung ist also, wie diese Gefühle zu navigieren sind, wenn jeder Sinnesverlust in einer geistigen Überreaktion endet? Green und McGregor haben eine tolle Chemie und es ist spannend, diesen etwas ungewöhnlichen Film mitzuverfolgen.
In der Adaption des gleichnamigen Romans von Alexander Trocchi spielt McGregor einen verführerischen aufstrebenden Autor, der eine Affäre mit einer Binnenfrachtschiff Besitzerin (Tilda Swinton) beginnt, obwohl diese verheiratet ist (Peter Mullan). Diese ganze Dreiecksbeziehung hört sich zwar bekannt an, entwickelt sich aber doch anders als man zunächst vermuten möchte. Besonders sticht auch die Hingabe von McGregor und Swinton in ihren Rollen heraus. Ihre Beziehung strahlt voller Gegensätze, von freudig bis verzweifelt, von emotional bis zweifelnd.
Als blondes Anziehungsobjekt für Jim Carrey streckte McGregor hier seine Fühler in das LGBTQI-Genre aus. In dieser auf historischen Tatsachen basierenden romantischen Tragikomödie ist McGregor ein junger Mann im Gefängnis, der nicht die emotionale Besessenheit eines anderen Mannes mit ihm versteht. Ihre Beziehung zueinander ist jedoch nicht verstörend und entwickelt sich in etwas Tiefgründiges und Charmantes.
Ja, die Star Wars Prequels mögen vielleicht nicht unbedingt Top-Qualität sein. Aber man kommt hier nicht wirklich drum herum, die grandiose Leistung von McGregor als junger Obi Wan Kenobi zu würdigen. Es gibt immerhin einen Grund, warum er demnächst seine eigene Disney+ Serie bekommen soll. Viele meinen zwar, die Trilogie drehe sich nur um den Fall des jungen Anakin Skywalkers auf die dunkle Seite der Macht. Er wirft aber genauso sein Scheinwerferlicht auf seinen Mentor Kenobi, den Jedi-Meister, der schmerzlich erkennen muss, dass er seinen Schüler enttäuscht und verloren hat. Sein Bruch mit seinem Schützling auf Mustafa ist noch immer einer der Höhepunkte der Trilogie.
In Tim Burtons emotional-märchenhafter Fabel spielt McGregor als jüngere Version des großartigen Albert Finney einen jungen Mann, der auf alle möglichen wundersamen Reisen geht. Big Fish ist mit der Sensibilität, die McGregor für die Rolle bringt, eine beeindruckende Weiterentwicklung seiner frühen Draufgängerrollen. Die Beziehung zum Sohn, dargestellt von Billy Crudup, ist das emotionale Zentrum dieses Films. Die Verletzlichkeit, die Finney als ältere Version zur Schau stellt, transportiert McGregor schon in leichten Zügen in seinen Szenen. Ein wahrlich märchenhafter Film.
Ewan McGregor Filme vor Trainspotting kommen einem in seiner Filmographie nicht viele in den Sinn. Shallow Grave ist ein solcher, den man gesehen haben sollte. Ebenfalls in Kooperation mit Regisseur Danny Boyle, handelt der Film von einem Yuppie Trio aus Glasgow. Diese geraten in ernste Probleme, als ihr neuer Mitbewohner tot aufgefunden wird und einen mysteriösen Koffer voller Geld hinterlässt. McGregor spielt einen eingebildeten, spitzzüngigen Journalisten, der darin aufgeht, ein absoluter Unsympathler zu sein. Aber diese Verruchtheit seiner Figur hat auch etwas charmantes, eine unerwartete Sympathie, die McGregor mit viel Feingefühl aus dem Zuschauer herauskitzeln kann.
McGregor ist Curt Wild, ein amerikanischer Rockstar, der als romantisches Interesse für Jonathan Rhys-Meyers David Bowie inspirierten Brian Slade dient. McGregor darf hier den vollen Rausch der 70er und 80er Rockszene ausleben, in einem Film der sich überdreht, genderfluid und knallbunt präsentiert. Während Rhys-Meyers und Co-Star Christian Bale stets auf der Suche nach ihrer Identität sind, und sich auch teilweise verstellen, bleibt sich McGregors Figur immer selbst treu.
Jesus und der Teufel – als beides darf sich McGregor in diesem Film präsentieren. In Rodrigo Garcias Werk dreht sich alles um das Wandern von Jesus zur Zeit seiner Selbstfindung durch die Wüste. McGregors Jesus muss nicht nur mit der Existenz seines himmlischen Vaters Frieden finden, als Teufel darf er quasi sich selbst versuchen zu verführen und auf einen anderen Pfad lenken. Die Dichotomie wirkt. Stellt sich Jesus hier wirklich externen Mächten? Oder einfach nur sich selbst?
Man kann die Tatsache, dass das Vehikel zum Weltstar noch immer die beste Leistung ist, sehen wie man will – aber Trainspotting unterhält und bewegt auch 25 Jahre später noch. An dem Film ist außer die Darsteller nichts gealtert. Basierend auf dem Kultroman von Irvine Welsh, ist Danny Boyles Adaption aus Drogenmix aus berauschenden und traumatisierenden Bildern, irren Matchcuts, rauem Rock’n’Roll und zeitlosen verstörenden Trips. McGregor ist Mark Renton, Mitglied einer Gruppe von Heroinsüchtigen aus Edinburgh in Schottland. Seine Sicht auf die normale Welt, ihren Konsum und ihre schnöden Ansichten persifliert er in seinem berühmten “Choose Life” Monolog. Nur um sie später, um dem Loch der Drogen zu entkommen, wohlwollend zu empfangen.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.