Das Recruitement der neuen MCU-Helden geht weiter. Nach Shang-Chi (hier unser Review) dürfen nun die Eternals gegen die Bösewichte kämpfen. Ob hier Disney abermals einen Hit geschaffen hat, liest du hier.
von Susanne Gottlieb
3. November 2021: Die mächtigen Eternals sind seit 7000 Jahren die Beschützer der Erde. 7000 Jahre bedeutet viele Erfahrungen Leben, Eindrücke und Ambitionen, die Menschheit in ihrem jetzt größten Konflikt zu beschützen. Mächtig ist auch das Team hinter dem Film. Neben der frischgebackenen Oscar-Gewinnerin Chloé Zhao am Regiestuhl finden sich im Cast solche Kaliber wie Salma Hayek, Angelina Jolie, die Game of Thrones Veteranen Kit Harrington und Richard Madden, Serien- und Filmstars wie Kumail Nanjiani , Barry Keoghan und Bryan Tyree Henry oder Crazy Rich Asians und ehemaliges Captain Marvel Castmember Gemma Chan in ihrer ersten Hauptrolle. Nicht so mächtig ist aber das Endprodukt.
Warum es der Film im Gegensatz zu Shang-Chi nicht in unser ultimatives Ranking der 10 besten Marvel-Filme schafft und warum es geht, erfährst du hier. Und in unserer großen Kinoübersicht November haben wir noch andere Filmempfehlungen für dich.
Vor 7000 Jahren landete die übermächtige Alienrasse der Eternals auf der Erde, um sie vor den bösen Kreaturen Deviants zu beschützen. Geschickt wurden sie von den Celestials, riesigen, übernatürlichen Wesen, die das Universum geschaffen haben und diesem nach wie vor Leben schenken. Angefangen in Mesopotamien wandern Sersi (Gemma Chan), Ikaris (Richard Madden), Kingo (Kumail Nanjiani), Sprite (Lia McHugh), Phastos (Brian Tyree Henry), Makkari (Lauren Ridloff), Gilgamesh (Don Lee), Druig (Barry Keoghan), Thena (Angelina Jolie) und ihre Anführerin Ajak (Salma Hayek) daraufhin die nächsten Millennia über den Planeten. Sie erleben den Aufstieg und Fall Babylons oder die Vernichtung der südamerikanischen Ureinwohner durch die spanischen Eroberer.
Die Eternals sind allerdings beauftragt, sich nur rein darum zu kümmern, dass die Menschheit nicht von den Deviants attackiert wird. Nur hin und wieder dürfen sie zum Forschritt der Zivilisation einen Schubs in die richtige Richtung geben. So gibt es bald Brüche innerhalb der Gruppierung. Phastos, das Technikgenie, will diesen Fortschritt schneller voran treiben, nur um dann zu erleben, wozu die Menschheit im Krieg fähig ist. Druig, der den Willen anderer kontrollieren kann, leidet daran, nicht die Menschheit vom Genozid abhalten zu können.
In der Gegenwart hat Sersi es sich in einem Job als Kuratorin in London bequem gemacht. Nachdem ihre jahrtausendelange Liebe zu Ikaris gescheitert ist, datet sie nun Dan (Kit Harrington). Doch ihre Deckung, und die ihrer Eternals Mitstreiter, steht davor aufzufliegen. Nachdem die Gruppe glaubte, vor rund 500 Jahren die letzten Deviants umgebracht zu haben, tauchen sie nun wieder um so zahlreicher und mit mysteriösen neuen Mächten auf. Die Eternals müssen sich nach ihrem Bruch nun wieder zusammenraufen. Denn die zahlreichen Katastrophen- Phänomene und die Deviants bedeuten, dass sich etwas Größeres zusammenbraut.
Mit der Menge an Talent hätte eigentlich nichts schief gehen sollen. Und wahrlich, Eternals hätte das Zeug dazu gehabt, eine große Sci-Fi-Oper zu werden. Ein Epos mit unter den Menschen wandelnden Göttern, die die Menschheit beschützen und auch sachte führen. Zhaos Stil der ruhigen Beobachtung, die unendlichen Weiten ihrer Landschaftsaufnahmen, die kleinen Glücksmomenten und wortlosen Dramen durchziehen den Film. Sie verleihem ihm vor allem in seinen Rückblenden zu vergangenen Zivilisationen beeindruckende Brisanz. Eternals, könnte man meinen, ist aberder erste Film, der daran bricht, seinen Narrativ in das enge Korsett der MCU-Formel zwängen zu wollen. Statt einen Fokus auf fremdartige Welten und historischen Bilderrausch gibt es wieder den neuesten Bösewicht, oder zumindest eine antagonistische Kraft, und den einen oder anderen Verweis auf die Avengers und den klassischen MCU-Slapstick.
Dabei ist die Idee, die Zhao hier umsetzen will, im Grunde einigermaßen spannend. Die Eternals als gemeinsamer Nenner aller Mythen, Götter und Legenden der Erde. Der fliegende Ikaris der zum Ikarus wird und mit seinen Laseraugen auch schon mal Superman genannt wird. Die Kriegerin Thena, die ein Kind korrigieren muss, dass es nicht Athena sei – “Lass das A weg”. Die Frage, warum man den Avengers nicht gegen Thanos geholfen hat, fällt ähnlich wie bei Loki aus – es war nicht ihre Aufgabe. Man habe sich nur um die Deviants zu kümmern. So spinnt sich die Mär von der immer höheren Macht mit vollen Blick auf das Spielfeld der MCU-Superhelden immer weiter. Von Shield zur TVA und nun zu den Celestials. Absurd, dass wir vor zwei Jahren noch wegen ein paar bunter Steine so besorgt waren.
Dass all diese Figuren auch Comic-Gegenstücke haben. ist weniger das Problem. Aber wie schon bei Shang Chi scheint das MCU es sich abgewöhnt zu haben, noch groß Figuren und Welten behutsam einzuführen. Hier wird einfach nur mehr alles als gegeben und zu akzeptieren vorgeführt. Als wäre der Zuschauer eine nunmehr geknackte Nuss, die Dinge einfach ohne Mühe inzwischen hinnimmt. Ein anderes Problem ist, dass hier so viele Figuren eingeführt werden und fast keine von ihnen in irgendeiner Weise interessant wirkt oder Solofilm-Qualitäten hat. Sersi nimmt die Hauptrolle ein, im ewigen Twist mit Ex-Lover Ikaris. Aber selbst sie bleibt beizeiten etwas blass. Der Fakt, dass man als ewig junge, unsterbliche Wesen über den Planeten wandert, scheint sich wenig in den Charakteren niederzuschlagen. Dafür haben sie noch immer viel Spaß und simple Alltagsproblemchen.
Dass ein monumentaler Film über Weltraumgötter, ihre Mythologie und ihre Verehrer so langweilig und unbedeutend geraten konnte zeigt, dass die Marvel-Formel langsam ihre Grenzen erreicht zu haben scheint. Ein interessanter aber unspektakulärer Trip von den Comicbuchseiten auf die Leinwand.
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Fotos: (c) Walt Disney
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.