Das Remake von Stephen Kings IT ist einfach furchtbar. Furchtbar gut! Ein brutaler Horrorfilm, der aber auch berührt. Unsere ES Filmkritik.
von Christoph König
Gute Filme verfolgen einen noch, nachdem man das Kino verlassen hat. Sie hallen nach. Bei ES ist es schon eher ein lautes Dröhnen.
Unsere ES Filmkritik:
Eines vorweg: Wer mit Horrorfilmen nicht gut zurecht kommt, sollte diesen Streifen meiden oder sich besser ein paar nette Menschen zum Händchenhalten mitnehmen. Es gilt das selbe, wie für die Hauptdarsteller des Films: Lieber gemeinsam den dunklen Kanal hinab steigen. Denn ES – oder IT, wie es in der von uns begutachteten Originalfassung heißt – das ist Horrorkost von der grausam guten Sorte. Schöne Wohlfühlmomente gibt es auch. Ja. Sie sind auch richtig gut insziniert. Nur sind sie rar gesät und passieren in Szenen in denen die Hauptdarsteller beispielsweise ein ganzes Badezimmer von Blut befreien.
Warum geht’s im ersten Teil der Stephen King Verfilmung? Wir schreiben das Jahr 1988. Im Holzfällerstädtchen Derry verschwinden Menschen, hauptsächlich Kinder. Doch irgendwie scheint die ganze Stadt wegzuschauen. Keiner unternimmt etwas. Ausgerechnet eine Gruppe Außenseiter – schon genug gehasst, verhöhnt und verprügelt vom Alltagsleben und ihren Schulkollegen – stellt sich dem Grauen, das offenbar alle 27 Jahre über den Ort hereinbricht. Der Losers Club ist die einzige Hoffnung.
Der Stotterer, der Dicke, der Schwarze, das Muttersöhnchen, der Schwätzer, das Mädchen, das als Schlampe verspottet wird, … hört sich nach einem klischeehaften Tennie-Horrorfilm an. Das ist ES aber überhaupt nicht. Auch weil die Gehässigkeiten, die die Hauptfiguren im normalen Leben verfolgen über harmlose Hänseleien hinausgehen. Und weil es den jungen Schauspielern gelingt ihre Rollen mit viel Sensibilität glaubhaft zu verkörpern. Sofort identifiziert sich der Kinoseher mit ihnen, leidet mit.
Mittelpunkt der Story: Stotterer Bill (Jaeden Lieberher), dessen Bruder Georgie an einem verregneten Tag verschwindet. Er schwärmt ebenso von der charakterstarken, hübschen Beverly (glänzend gespielt von Sophia Lillis) wie der dicke, hochintelligente Ben (Jeremy Ray Taylor), der seine Leidenschaft für die Rothaarige weniger gut verbirgt wie jene für New Kids on the Block. Dazu gesellt sich Richie (ebenso großartig verkörpert von Finn Wolfhard). Der redet zwar zu viel, beschert uns aber mit seinen Sprüchen einige höchst willkommene Lacher, die den sehr düsteren Film etwas auflockern.
Zusammen mit dem kleinen bemutterten Eddie “Spaghetti” (Jack Grazer), Angsthase Stanley (Wyatt Oleff) und dem für seinen Metzgeropa zu weich geratenen Mike (Chosen Jacobs) entdecken die Kids eine grauenvolle Wahrheit. Hinter den bösen Erlebnissen, die die glorreichen 7 Loser heimsuchen und ihre schlimmsten Ängste schüren, steckt ein einziges Geschöpf. Eines, das die ganze Stadt bereits seit hunderten Jahren terrorisiert und seine Opfer am liebsten in der Gestalt eines Clowns heimsucht.
War die TV-Produktion von 1990 noch in manchen Momenten komisch oder ungewollt komisch (auch wegen der schlechten Special Effects. Kaum zu glauben, dass dieser Film nur ein Jahr vor Terminator 2 herauskam), so lässt die Neuverfilmung wenig Raum für Schmunzelmomente.
Denn: Die hässlichste Fratze des Horrors springt einen hier direkt an. Das Grauen schwabbt nicht nur aus dem Abwasserkanal, es schießt einem regelrecht in Fontänen ins Gesicht. Da passt es gut, dass Bill Skarsgard im Gegensatz zum bunten Clown im alten ES (Tim Curry) schon auf dem ersten Blick fürchterlich aussieht. Ein einziges Mal bringt er sein Gegenüber zum Lachen (Pop! Pop! Pop!), doch dem bleibt selbiges sofort wieder im Hals stecken.
Es ist diese berühmte erste Szene mit dem Papierschiffchen, in der ES sofort unmissverständlich klar macht, dass sich der Film mit dem Psychohorror, der die Trailer prägt, nicht zufrieden gibt. Er ist brutal. Da wo andere Filme ausblenden, weil man sich denken kann, was Schlimmes passiert, setzt ES noch einen drauf. Eine etwas subtilere Herangehensweise hätte nicht gestört. Auch sind manche Schauplätze wie das gruselige Haus ein bisschen sehr Horrorfilm-Klischee. Das sind aber nur eine der wenigen Kritikpunkt an ES. Der Film bleibt sich und seinem Stil bis zum Schluss treu. Er wirkt wie das grausame, logische Upgrade des Klassikers.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Als Zuseher fühlt man sich bei ES wie die Hauptfiguren nonstop vom Bösen terrorisiert. Dafür sorgt der kurze Abstand zwischen den Schockmomenten. Ein ständiges Unwohlsein stellt sich ein. Umso berührender sind die schönen Momente im Film, in denen die Loser zusammenhalten, die erste Liebe entdecken und den Wert von Freundschaft erkennen. Ein starker Kontrast zum blanken Horror, der sie umgibt. Der auch deshalb so gelungen rüberkommt, weil die jungen Schauspieler in Andrés Muschiettis ES eine Top-Performance abliefern und nahezu perfekt in ihre Rollen passen. Man darf gespannt sein, ob das bei den Erwachsenen, die sie im zweiten Teil verkörpern ebenso der Fall ist.
Unser Fazit: ES schafft den Spagat zwischen einem brutalen Horrorfilm für Genre-Fans, Psycho-Horror und der berührenden, manchmal sogar lustigen Coming-of-Age-Story. Wir freuen uns schon auf die Rückkehr von ES im zweiten Kapitel der Neuverfilmung. Das kommt am 5. September 2019 ins Kino. Wir sehen gerne noch mehr vom genialen Bill Skarsgard, der Tim Curry ohne Zweifel als fürchterlichsten Horrorclown aller Zeiten abgelöst hat. Der Genuss, mit der er sich in der Angst seiner Opfer gemächlich suhlt, jagt einem nicht nur einmal einen kalten Schauer über den Rücken.
Schlußendlich bleibt neben der ganzen Grausamkeiten eine positive Botschaft des Films. Stell dich mit Freunden deinen Ängsten, damit sie dich nicht auffressen – im Fall von ES tun sie das sogar im wahrsten Sinne des Wortes. (ak)
In unserem Seher-Bereich findest du regelmäßig Kritiken und Vorschauen auf die besten Kinofilme, aber auch tolle Serien. Also bookmarke unsere Seite oder lies einfach drauf los:
Kingsman The Golden Circle – Kritik: So cool kann Welt retten sein!
Alle Fotos: (c) Brooke Palmer/Warner Bros.
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.