Ich rede viel, ich sage oft unüberlegte Dinge. So richtig klar wird mir das an meinem Geburtstag, als ich mein Geschenk überreicht bekomme: Meinen ersten Fallschirmsprung.
von Melanie
„Aus einem Flugzeug springen, wie cool ist das denn?“ Scheinbar habe ich zu oft unbedacht davon geschwärmt. „Einmal möchte ich das machen.“ Als ich das Kuvert mit meinem Geschenkgutschein öffne, finde ich es dann gar nicht mehr so cool. Ich lächle, freue mich (äußerlich) und bedanke mich überschwänglich bei meinen Freunden. Doch innerlich breitet sich bereits erste Panik und Angst aus, die ich allerdings schnell nach ein paar Geburtstagsdrinks wieder vergesse.
“Meli aus Fluggeug hupfen!”
Wochen später nehme ich all meinen Mut zusammen und vereinbare einen Termin – ich freue mich über den Hinweis, dass bei Schlechtwetter nicht gesprungen werden kann. Nach unzähligen verregneten Sommertagen rechne ich mit guten Chancen auf ein Sommergewitter. Doch natürlich kommt alles anders, schon am Abend davor checke ich alle paar Minuten den Wetterbericht: „Regenschauer sind vereinzelt möglich“, das ist zumindest Etwas, denke ich mir.
Sonntag Morgen: Strahlender Sonnenschein, war klar! Also geht’s mit zitternden Knien los Richtung Fallschirmsprungschule. Plötzlich rede ich nicht mehr viel, meine zweijährige Nichte, die auch mit dabei ist, dafür umso mehr. „Was macht Meli heute?“, fragt ihre Mama. „Meli aus Fluggeug hupfen“, antwortet sie. „Und was werden wir dann machen?“, fragt meine Schwester weiter. „Lachen!!!“, meint meine Nichte und kriegt sich gar nicht mehr ein vor lauter Kichern. Mir wird schlecht, richtig schlecht.
Gewicht-Outing wird zur Nebensache
Anmelden, Unterschrift abgeben, Sicherheitshinweise durchlesen. Selbst die Waage, auf die ich mich vor allen anderen stellen muss, macht mir nichts aus. Ich muss mein Gewicht laut bekanntgeben, es ist mir egal. Wenn das eine Frau nicht stört, ist sie richtig nervös. Und wie nervös ich bin!
Mein Instructor Joe, der mit mir springen wird, erklärt mir alles, zieht mir meinen Gurt an, überreicht mir meine Schutzbrille, gibt Tipps und ist sich sicher, es wird mir Spaß machen. Noch immer ist mir schlecht. Er sagt, er ist schon hundertmal gesprungen, es würde mir gefallen. Ich lächle nervös und nicke. Meine Nichte läuft zu mir, sie möchte mitkommen. Ich denke sie versteht den Ernst der Lage nicht. Okay, sie ist erst zwei Jahre alt, aber TROTZDEM.
Bleichgesichter vortreten
Es ist ziemlich bewölkt, teile ich Joe mit. „Ja, das ist schade – dann können wir nicht so viel sehen“, meint er. Das war nicht meine bevorzugte Antwort. Okay, ich muss da durch, ich werde das schaffen. Drei weitere Frauen springen mit mir zum ersten Mal, zwei davon kreidebleich, die Dritte aufgekratzt und in ihrem Redeschwall nicht zu stoppen.
Wir gehen gemeinsam zum Flugzeug, einem sehr kleinen Flugzeug. Wir steigen ein, und setzen uns am weitesten von der Tür entfernt. Joe schnallt mich an sich und so sitzen wir alle zusammengekauert am Boden des Flugzeugs. Der Pilot teilt uns mit, dass wir warten müssen und noch nicht starten dürfen. Es ist extrem heiß und eng. Neben mir sitzt eine junge Frau, sie hat richtig Angst. „Wohl auch ein Geschenk“, denke ich mir. In diesem Moment bin ich furchtbar froh über Joe, der im Gegensatz zu den anderen Lehrern auf Witze wie „Oh, habe ich meinen Fallschirm eh mit?“, „Ich mach’ das heute auch zum ersten Mal“, usw. verzichtet.
Sobald wir fliegen, verfliegt die Angst
Nun, wo ich weiß, dass es kein Zurück mehr gibt, entspanne ich mich. Komischerweise verfliegt meine Angst, als wir mit dem Flugzeug abheben. Ich werde richtig aufgeregt und freue mich sogar schon auf den Sprung. Wir steigen auf 2.000 Meter, wir sind auf 3.000 Meter, 4.000 Meter – okay, gleich geht es los.
Die Tür des Flugzeugs wird geöffnet und ich fasse es nicht, dass die zwei vor uns springen, sie sind einfach weg. Der Lehrer neben uns fragt uns, ob wir vor ihnen springen wollen. Ich sage – aus reiner Höflichkeit natürlich – „Nein, es geht schon, ihr könnt ruhig vorgehen“. Jetzt sind auch sie weg. Langsam gehen wir gebückt nach vorne. Es bleibt nicht mehr viel Zeit um nachzudenken, wir stehen an der Tür. Joe fragt ob wir einen Salto hinaus machen sollen. „Warum eigentlich nicht?“, antworte ich. Joe zählt den Countdown und wir springen.
Fallen lassen
Es ist unbeschreiblich, es geht furchtbar schnell, wir fallen, durch eine Wolke hindurch, 200 Stundenkilometer schnell! Ein unfassbar tolles Gefühl! Joe öffnet den Fallschirm und wir gleiten langsam bis zum Boden und landen. Ich bin total euphorisch, kann nicht fassen, dass ich es wirklich gemacht habe. Ich bin begeistert, möchte noch einmal. Ich bin meinen Freunden dankbar für dieses Geschenk, aus eigener Kraft hätte ich das vermutlich nie gemacht.
Kaum sind wir gelandet, wird der Himmel schwarz. Kaum sitzen wir im Bus am Weg zurück, beginnt es heftig zu regnen, es blitzt, es donnert. Hier ist nun mein herbeigesehntes Sommergewitter und ich bin wahnsinnig froh, dass es doch erst jetzt gekommen ist. Vor dem nächsten Sprung werde ich auf Sonnenschein hoffen, bin ich mir sicher.
Facts: Der Flug auf 4000 Meter dauert rund 15 Minuten. Nach dem Absprung befindest du dich rund eine Minute im freien Fall.
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Fazit: Traut euch, es lohnt sich! Ein unvergessliches, aufregendes und ganz besonderes Erlebnis. Man sollte sich dieses einzigartige Gefühl wirklich nicht entgehen lassen.
Die Content Spezialistin berichtete für die Helden der Freizeit über Events, erstellte DIY- und Handwerksanleitungen und wagte sich in Sport- und Ausflugsabenteuer.