Vom Buben, der sich alle Knochen bricht, zum Bodybuilder. Am beinharten Weg dorthin heißt es schon mal ohne Wasser, Trainingspausen und Zucker auskommen.
von Lambert, aufgezeichnet von Christoph König
Nach fünf Jahren hartem Training ist es soweit. Ich betrete die Bühne bei meinem ersten Bodybuilding-Contest. Es ist der Österreichische Talentecup in der Klasse “Männer Physique über 178 cm”. Es ist heiß im Rampenlicht, das Publikum ist laut. Wie kam ich überhaupt auf die Idee, das zu machen?
Wie ich Bodybuilder wurde – 11 Knochenbrüche als Auslöser
Mit 10 ziehe ich von Solcany, einem kleinen Ort in der Slowakei, nach Wien. Ich bin hyperaktiv. Ob Inline Skaten, Skateboarden, Basketball, Fußball, Snowboarden, Klettern oder Kiten – ich mache alles. Einziges Problem: Ich breche mir auch alles. Nach elf Gipsverbänden und zwei ausgerenkten Ellbogen ziehe ich die Reißleine. Meine Muskeln müssen stärker werden, um die Knochen zu entlasten. Die Lösung: Krafttraining.
Mit Arnies Tipps zum Kraftlackel
Das hat freilich noch einen anderen angenehmen Nebeneffekt. Mit 18 kann ich bei der Maturareise meinen männlichen Body am Strand präsentieren. Arnold Schwarzeneggers Buch “Bodybuilding für Männer” hilft mir dabei. Ich folge seinen Tipps, gehe jeden zweiten Tag trainieren und nehme viel Eiweiß zu mir. Im Fitnesscenter brauche ich keine Ausrüstung und ich kann zu jeder Jahreszeit hingehen. Auch wenn ich weiterhin kite, snowboarde oder montainbike, ich habe meine neue Leidenschaft gefunden. Und als mir Bodybuilding-Weltmeister und Mr. Universe 2012 Mike Eberhart sagt, ich hätte bei einem Contest eine Chance, steht fest: Ich werde bei meinem ersten Wettkampf starten.
Obwohl es auf der Bühne heiß ist, habe ich ein tolles Gefühl, zeige meine einstudierten Posen. Ich schaffe es ins Finale. Was muss man zuvor nicht alles leisten, um jetzt noch hier oben zu stehen?
Die Vorbereitung ist hart
Ich bekomme einen speziellen Trainings- und Ernährungsplan. Es ist total kräfteraubend. Alles ist darauf ausgerichtet fett zu verbrennen und die Muskeln zu erhalten. Das bedeutet Intensivsätze und Dropsätze (siehe Factbox unten). Danach 30 Minuten Kardiotraining. Fünfmal in der Woche. Brutal! Viele werden durch den ständig niedrigen Blutzuckerspiegel grantig und aggressiv. Ich bin einfach nur dauerschwach. Seltsam, dass ich diese Disziplin beim Lernen für mein Studium nicht so mitbringe. Aber hier sieht man die Ergebnisse Tag für Tag.
Die Diät ist noch härter
Noch zacher ist die spezielle Diät. Plötzlich muss ich viel mehr Fleisch und viel weniger Zucker essen. Viel Eiweiß, wenig Kohlehydrate, genug gesunde Fette. Wenn man in Sachen Ernährung nicht sehr viel Ahnung hat, wird sie recht schnell einseitig.
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Nach dem Frühstück gibt es viermal das selbe, in drei Stunden Abstand. Als ich statt einer Mahlzeit einmal etwas Naschen darf, übertreibe ich total. Verdrücke eine Kardinalschnitte, eine Packung Schwedenbomben, eine Tafel Schokolade und einen Donut auf einmal. Ansonsten bin ich extrem diszipliniert.
Das Dehydrieren ist das Härteste
Damit die Muskelfasern beim Wettkampf schön hervorkommen und man sehr definiert ausschaut, heißt es eine Woche vor dem Wettkampf entwässern. Zuerst trinkst du extrem viel, zirka acht Liter Wasser am Tag, davon zwei Liter Brennesseltee und nimmst Entwässerungskapseln mit Kräutern. Du pinkelst also fast alles wieder aus, was du zu dir nimmst.
Zwei Tage vor dem Wettkampf trinke ich nur noch zwei Liter, am Tag davor nur, wenn ich wirklich Durst habe und am Wettkampftag außer Kaffee gar nichts. Der Kaffee bringt die Adern zum Vorschein. Auch das spezielle Essen ist eine Qual. Montag bis Mittwoch gibts nur Eiweiße, also Eiklar und Fleisch, ab Donnerstag nur mehr Zucker (Reis mit Honig, Bananen usw.). Irgendwie überlebe ich die Radikalkur, springe am Wettkampftag eine Stunde vor dem Weckerläuten aus dem Bett. Beim Einstudieren der Posen und beim Einschmieren helfen mir noch die anderen Athleten von meinem Sportgeist-Team. Die letzten Schritte muss ich dann ganz alleine machen.
Ich bin Zweiter geworden und überglücklich. Die Strapazen haben sich ausgezahlt. Mein kleiner Fanklub hat etwas zu sehen bekommen. Ich habe im wahrsten Sinne des Wortes alles gegeben, was in meiner Kraft stand.
Und wie geht es jetzt weiter?
Nach dem Wettkampf kann ich nur noch ans Essen denken. Ich bin ausgehungert wie ein Pirat auf hoher See, der seit Wochen nichts mehr zwischen die Rippen bekommen hat. Ich fresse in mich hinein wie ein Steinzeitmensch.
Ob ich bei so einem Contest wieder mitmache? Fix. Aber beim nächsten Mal werde ich alles besser machen. Im Nachhinein betrachtet sind mir schon ein paar Fehler bei der Präsentation passiert. Wobei, ich bin Zweiter geworden. Also dürfte es nicht so schlecht gewesen sein.
Das Posen wird bei einem Bodybuilding-Wettkampf mindestens genauso sehr bewertet wie die Definition, Muskelmasse, Symmetrie und der Gesamteindruck. Wer nicht posieren kann, hat auch mit den besten Muskeln keine Chance.
Krafttraining mit Intensivsätzen und Dropsätzen. Auf einen Aufwärmsatz folgen vier Sätze bei denen du das Gewicht steigerst, dann drei Sätze mit reduziertem Gewicht. Ohne Pause!
Der Talentecup war der Hammer! Ich empfehle jedem, der darüber nachdenkt bei so etwas anzutreten, einfach mitzumachen. Denn bereuen sollte man nur das, was man nicht getan hat. Ich konnte in die Bodybuilding-Szene reinschnuppern und habe viele interessante Persönlichkeiten kennengelernt.
Fotos: Silvia Schober www.ifbb-austria.at, heldenderfreizeit.com,