Sherlock Holmes Fans aufgepasst! Netflix präsentiert uns mit Elona Holmes eine neue Seite der Detektivfamilie. Wie gut das Ganze wirklich funktioniert, erfahrst du in unserer Kritik. Achtung! Hier findest du auch bereits unser Urteil zum Nachfolger – unser Review zu Enola Holmes 2.
von Paula König
23. September 2020: Wir kennen alle die Geschichte des berühmten Privatdetektivs Sherlock Holmes. Die Story, die die meisten aber noch nicht kennen, ist die seiner jüngeren Schwester Enola (Millie Bobby Brown, vor allem bekannt aus Stranger Things). Diese bringt Netflix jetzt in die Heimkinos. Eigentlich hätte der starbesetzte Streifen ja auf der großen Leinwand landen sollen, aber wegen COVID-19 wanderte er zum Screaming-Anbieter. Und so begleiten wir die 16-Jährige von zuhause aus auf ihre erste Reise in eine Welt voller Gefahren und Sexismus, aber auch voller neuer Möglichkeiten. Ab jetzt auf Netflix. Wie sehenswert das ist, davon durften wir uns vorab für euch schon ein Bild machen.
Enola wacht an ihrem 16. Geburtstag auf, um festzustellen, dass ihre Mutter (Helena Bonham Carter) spurlos verschwunden ist. Wobei, nicht ganz spurlos. Immerhin wird Enola noch ein Geburtstagsgeschenk – eine Sammlung von Blumen und ein Buch mit verschlüsselten Nachrichten – übergeben. So beschließt sie ihre genialen Brüder, Sherlock (Henry Cavill) und Mycroft (Sam Claflin), um Hilfe zu bitten. Da hat sie die Rechnung aber nicht mit Zweiterem gemacht. Denn der will sie, als ihr neuer Vormund, in ein Mädcheninternat stecken. Davon hält die 16-Jährige naturgemäß nicht besonders viel. In der selben Nacht fällt sie den Entschluss nach London abzuhauen. Das Ziel: Ihrem Schicksal entkommen und ihre Mutter finden.
Die hat ihr zum Glück einiges beigebracht – zum Beispiel Jiu Jitsu – und so schafft es Enola gleich einmal das Leben des gleichaltrigen, etwas hilflos-wirkenden Lord Tewksbury (Louis Partridge) zu retten. Er ist, genau wie Enola, von zuhause abgehauen, nur dass er von einem Killer verfolgt wird. Obwohl die beiden in London getrennte Wege gehen, kann sich Enola nicht helfen und muss immer wieder an den jungen Lord denken. Spätestens als der Auftragsmörder sie auffindet, ausfragt und foltert, beschließt Enola ihrem neuen Freund zu helfen, bevor sie sich weiter um ihre Mutter sorgen kann. Doch schafft sie es, Tewksbury aufzuspüren, bevor es der Mörder tut? Und das alles bevor Mycroft sie findet und in das Internat steckt?
Als Kenner der BBC-Serie Sherlock, der Sherlock Holmes Filme und der Young Sherlock Holmes Bücher, legt man die Latte bei dieser Produktion sehr hoch an. Sie basiert auf dem ersten Teil der Enola Holmes Buchreihe – Der Fall des verschwundenen Lords – von Nancy Springer, der in der Ich-Perspektive verfasst wurde. Da stellt sich die Frage, wie man den Film am besten aus Enolas Sicht erzählen kann und die Antwort ist leicht: Das Durchbrechen der vierten Wand. Dass sie mit dem Zuschauer interagiert, macht die Buchverfilmung um einiges kurzweiliger und humorvoller (siehe meine persönliche Lieblingsszene bei Minute 50, Sekunde 37). Weil immer etwas Neues passiert, es aber trotzdem irgendwie immer beim gleichen Thema bleibt, ist der Film zeitweise verwirrend und langatmig – da braucht es diese auflockernden Momente mit Enola.
Was weniger gut umgesetzt wurde, ist die Beziehung zwischen Enola und Lord Tewksbury. Was im Buch als eine rein platonische Freundschaft endet, musste im Film natürlich zu einer kleinen Liebesgeschichte aufgeblasen werden. Bei der Allgemeinheit kommt das wahrscheinlich gut an, aber es hätte diese fliegenden Funken nicht gebraucht.
Übrigens, da wir gerade bei Emotionen sind: Die Erben des berühmten Sherlock Holmes Autors Arthur Conan Doyle drohten Netflix, Produktionsfirma Legendary Pictures, Autorin Nancy Springer und Verlag Penguin Random House schon im Juni mit Klage. Warum? Sherlock zeige in den Büchern und dem Film zu viele Emotionen und respektiere Frauen. Eine Wandlung, die aus den noch Copyright-geschützten Storys von Conan Doyle von 1923 bis 1927 stamme – somit wäre Holmes so darzustellen eine Copyright-Verletzung. Hier die öffentlich vorliegende Klageschrift. Man darf gespannt sein, wie sich der Fall nun nach Veröffentlichung des Films entwickelt.
Die Schauspieler in den Hauptrollen haben ihr Talent ja bereits in anderen Produktionen bewiesen – und liefern auch diesmal eine starke Performance ab. Allen voran Stranger Things-Star Millie Bobby Brown. Sie bringt so viel Charm, Witz und Sympathie in ihre Rolle der Enola Holmes, wie es wohl nur sie hinbekommt. Aber die 16-Jährige kann auch anders: In ernsteren Szenen mit Henry Cavill (Sherlock) und Sam Claflin (Mycroft) zeigt sie sich zwar familiär, aber trotzdem sehr distanziert. Weitaus vertrauter geht sie wiederum mit Helena Bonham Carter (Mrs. Holmes) um.
Obwohl man als Zuschauer manchmal den Überblick verliert, bleibt Enola Holmes eine gelungene Buchverfilmung. Für einen Familienabend auf der Couch kann man Enola Holmes absolut empfehlen. Aber auch Fans von Young-Adult-Mysteries und der Sherlock-Holmes-Geschichten kommen auf ihre Kosten.
Wer wissen will, was Teil 2 zu bieten hat: Hier unsere Filmkritik zu Enola Holmes 2.
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Alle Fotos: (c) Netflix
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