Denis Villeneuve kehrt nach drei Jahren auf den Wüstenplaneten Arrakis zurück, und es ist ein glorreiches Wiedersehen mit alten und neuen Bekannten. Warum sich der Gang ins Kino, vor allem in einen großen Saal, absolut auszahlt, liest du in unserer Dune: Part Two Kritik.
von Susanne Gottlieb
29. Februar 2024: Als quasi unverfilmbar und sperrig galt der Sci-Fi-Klassiker Dune von Frank Herbert. Und die Regisseure David Lynch und Alejandro Jodorowsky waren in unterschiedlichen Graden bereits daran gescheitert. Doch Denis Villeneuve bewies 2021, wie einst Peter Jackson mit seiner Der Herr der Ringe-Trilogie, dass man sehr wohl solch komplizierte Wälzer in episches Kino umwandeln kann. Wenn man die Länge, die Mittel und das Verständnis für die Geschichte hat.
Nun startet nach dem Erfolg, sowohl an der Kinokasse als auch bei den Oscars, des ersten Teils der nächste. Er behandelt die zweite Hälfte des ersten Romans und ist noch epischer, und noch größer geworden. Warum es genau geht und was ihn sehenswert macht.
Was der März für Kino-Highlights parat hat, siehst du übrigens hier in unserer Monatsübersicht.
Im letzten Teil waren Paul Atreides (Timothée Chalamet) und seine Mutter Lady Jessica (Rebecca Ferguson) nach dem Attentat der Harkonnen unter dem Baron (Stellan Skarsgård) auf das Haus Atreides knapp entkommen und bei den Fremen untergetaucht. Diese wissen nun nicht so recht, was sie mit ihren Gästen anfangen sollen. Für die spirituelle Fraktion unter Stilgar (Javier Bardem) ist Paul ihr Messias, der sie von der Fremdherrschaft der Harkonnen befreien wird. Andere, wie Chani (Zendaya), sehen einen Hochstapler und glauben, dass das Schicksal der Fremen in ihrer eigenen Hand liegt.
Doch abseits der Frage um Pauls Schicksal sind da noch die stetigen Angriffe auf die Fremen unter der Aufsicht von Glossu Rabban (Dave Bautista), gegen die sie sich wehren. Während Paul sich immer mehr den Wegen der Fremen anpasst, in Chani eine Gefährtin findet und sich im Kampf gegen die Angreifer bald zum gefürchteten Muad’Dib aufschwingt, sind anderswo andere Kräfte am Werk. Der Imperator Shaddam IV (Christopher Walken), der einst die Auslöschung des Haus Atreides in Auftrag gegeben hatte, spinnt mit seiner Tochter Prinzessin Irulan (Florence Pugh) weiter seine Fäden. Und im Hause Harkonnen soll des Barons jüngerer, sadistischer Neffe Feyd-Rautha Harkonnen (Austin Butler) die Kontrolle über den Planeten Arrakis übernehmen, da die Fremen die Spice-Produktion zum Erliegen gebracht haben.
Es gibt Filme, für die ist das Kino einfach gemacht. Dune Part One und Part Two sind solche Exemplare. Was sich hier visuell auf der Leinwand, am besten IMAX, entfaltet, ist visuelle und akustische Poesie. Die Bilder von Kameramann Greig Frasier, der schon für Teil 1 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, leuchten in den warmen Farben der Dünen, ziehen sich zusammen in dem Schwarz-Weiß des Planeten der Harkonnen, ergießen sich in den bombastischen Sets, der komplexen Ikonografie der Fremen. Hier gibt es in jedem Kader etwas zu entdecken. Zugleich verleiht Hans Zimmers Soundtrack, im ersten Teil ebenso mit dem Oscar ausgezeichnet, eine mystische, energiegeladene Atmosphäre. Vorbei sind die Tage, als er nur Christopher-Nolan-Bass-Wummer schrieb. Hier gibt es wieder epische Melodien, angereichert mit mysteriösen Gesängen.
Inhaltlich haben Villeneuve und sein Co-Autor Jon Spaihts einige Änderungen zum Quellmaterial vorgenommen. Statt zwei Jahre kämpfen die Fremen nur neun Monate bis zum Showdown mit den Harkonnen. Auch Pauls Schwester Alia bleibt den ganzen Film über ein Fötus im Mutterleib, und erscheint nur einmal in einer Vision Pauls in der Gestalt von Anya Taylor-Joy. Doch das strafft die Handlung auch, verhindert, dass die Längen zu einer reinen Abfolge von Schnittsequenzen werden. Das Einzige, was vielleicht etwas aufgefächerter hätte werden können, ist die Montage der neuen Figuren. Diese tauchen, mit Ausnahme einer ersten Szene mit Prinzessin Irulan, erst nach über einer Stunde in der Wüste mit Paul zum ersten Mal auf. Dass manche, wie Lady Margot (Léa Seydoux), nicht viel Entwicklung bekommen, muss man hinnehmen. Aber ein wenig mehr Feyd-Rautha wäre nicht schlecht gewesen.
Austin Butler begeistert dafür umso mehr als psychiotischer Antagonist, der Menschen nach Lust und Laune abschlachtet, und sich an deren Misere erfreut. Doch so sehr dieser Film vorab als seiner und Pauls Showdown gewertet werden konnte, so liegt Villeneuves wahres Interesse in Chani. Die Fremin schwingt sich nicht nur zu Pauls Gefährtin, Mentorin und einer ebenbürtigen Kämpferin auf, sie ist auch das Gewissen des Films. In einer Welt, die von den Prophezeiungen der Bene Gesserit und den Machtspielen um das Spice bestimmt ist, ist sie der Blick von außen. Eine Figur, die sich aus diesem Strudel der festgefahrenen Positionen befreien will. Die jedoch, wer die Folgeromane Dune: Messias und Children of Dune kennt, leider auf verlorenen Posten steht. Das weiß Paul auch. Die Galaxis kann nur befreit werden, wenn er sein Schicksal annimmt.
In einer Kinolandschaft, die von schnellen, ungelenken, und zentral gesteuerten Blockbustern überrannt ist, ist es schön zu sehen, dass Blockbusterkino und Autorenfilm sich durchaus noch die Hand geben können. Dune: Part Two meistert es, die komplexe, verwobene Geschichte der Romane so weit zu entwirren, dass auch Laien ihr folgen können. Er schafft es in den knapp drei Stunden Laufzeit, nicht zu langweilen. Und es gelingt ihm, die sorgsam kuratierten, und qualitativ mit Special Effects versehenen Bilder wie Gemälde als immersive Erfahrung wirken zu lassen. Ob der Film noch lange nachhängt, das sei jedem selber überlassen. Aber ein wilder Ritt über einen Wüstenplaneten ist es allemal.
Dune: Part Two ist großes visuelles Kino, was man heute leider viel zu selten findet. Ein Muss für jeden Fan der großen Leinwand.
In unserem Seher-Bereich präsentieren wir euch stets neue Filme und Serien. Welche Streifen man sich aktuell im Kino unbedingt noch anschauen sollte, findet ihr bei uns. Hier schon mal eine kleine Auswahl:
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.