Wir alle kennen die Skandale rund um Don’t Worry Darling. Doch Schnee von gestern. Jetzt ist der ominöse Film rausgekommen. Hat sich der ganze Stress gelohnt? Nun… you should worry, darling. Unser Review.
von Susanne Gottlieb
21. September 2022: Kaum ein Film hat uns dieser Wochen und Monate so daran erinnert, was für ein konfuser dramatischer Haufen Hollywood doch noch sein kann, wenn er will. Das Drama um den Film Don’t Worry Darling begann mit dem Überreichen der Gerichtsakten von ihrem Ex an Olivia Wilde. Es ging weiter mit dem offensichtlichen Ignorieren des Films durch Star Florence Pugh und der Weigerung, dafür Promo zu machen. Die ganze Seifenoper fand einen vorläufigen Höhepunkt mit den Gerüchten um eine Affäre, die Wilde und Harry Styles angeblich am Set starteten und der Frage, ob Skandalstar Shia LaBeouf von Wilde gefeuert wurde. Und es endete mit der mehr als unangenehmen Gala in Venedig bei der Styles Chris Pine angespuckt haben soll.
Die Frage, ob der Film denn überhaupt noch gut sei, und dieses feministische Manifest verkörpert, von dem Wilde geträumt hatte, rückte da teilweise in den Hintergrund. Jetzt ist sie beantwortet. Optisch gut gemacht, lässt Wilde bei Don’t Worry Darling das Feingefühl vermissen, das sie noch in ihrem Regiedebüt Booksmart bewiesen hat. Der Film ist plakativ, fad und simpel. Pughs und Pines Aufopferung für die Rollen ist die rettende Gnade.
Tipp! Falls es doch ein anderer Film sein darf: Hier alle weiteren Kinostarts des Monats.
Alice (Florence Pugh) lebt das Leben einer 50er Jahre Hausfrau in einer kleinen Wüstenstadt namens Victory. Mann Jack (Harry Styles) bringt regelmäßig das Geld heim. Es gibt viel Sex am Esstisch, und mit den ebenfalls schicken Nachbarinnen, darunter Alices beste Freundin Bunny (Olivia Wilde), wird nachmittags Ballettunterricht genommen, geshoppt und an kleinen Gartenparty geplant. Mastermind hinter dieser ganzen Idylle ist Jacks Boss Frank (Chris Pine). Er ist der Gründer des Victory Projects, bei dem Jack arbeitet. Das wirft erste Fragen auf. Denn was genau Jack bei der Arbeit macht, weiß Alice nicht, nur dass es um “progressive Materialien” geht. Die karge Wüstenlandschaft außerhalb Victorys, darunter das ominöse Headquarter, sind verbotene Zone. Und Freundin Margaret (KiKi Layne) beginnt sich immer seltsamer zu verhalten und behauptet, das niemand von ihnen in Victory sein sollte.
Alice hält im ersten Moment nicht allzu viel von diesen Theorien. Doch seit Tagen quält sie eine unbekannte Melodie im Kopf und sie hat alptraumhafte Visionen von Tänzerinnen. Als sie eines Nachmittags ein Flugzeug über der Wüste abstürzen sieht und dem nachgehen will, stolpert sie über den mysterösen Stützpunkt des Victory Projects. Nach einem Blackout erwacht sie wieder in ihrem Haus. Jack erklärt ihr bestimmt, dass sie dieses Flugzeug nie gesehen hätte. Alice beginnt sich diesem Gaslighting und der vermeintlichen Idylle, die immer mehr zum Alptraum wird, zu widersetzen. Doch das macht sie zur Aussätzigen in einer Welt, die immer unerklärlicher und bizarrer wird.
Eine feministische Parabel wollte der Film sein, eine Geschichte über die Selbstbestimmung der Frau. Geworden ist er eine eher flache “schon tausend Mal so gesehen” Metapher. Eine glücklose Chimäre zwischen Die Frauen von Stepford und Black Mirror, die sich des dumpfsten, simpelsten Symbolismus und der überholten Gender Politics bedient, um hier einen altbackene Geschichte zu vermitteln. Das Skript, geschrieben von Carey und Shane van Dyke (Enkel von Comedy-Legende Dick van Dyke) gehörte einst zu den heißesten Objekten auf der 2019 Black List. Jener Liste, die die besten unveröffentlichten Skripts in Hollywood führt. Wie viel im Nachhinein daran verändert wurde, ist unklar.
Um es vorweg zu nehmen, es gibt auch gute Elemente im Film. Olivia Wilde beweist ein Auge für Ästhetik und framed diese 50er Jahre Welt gekonnt mit den warmen Farben der amerikanischen Wüstensonne. Das Production Design und die Kostüme sing bunt, stylisch und machen Spaß. Allein der Overkill der ständigen 50er Jahre Swing- und Pop-Musik kann nach einiger Zeit etwas nerven. Auch Hauptdarstellerin Florence Pugh, die sich inzwischen von dem Film persönlich distanziert hat, gibt in dieser Rolle wie gewohnt alles. Es ist vor allem ihrem nuancierten Spiel und Chris Pines gelungenem Bösewicht anzurechnen, dass der Film nicht vollkommen absackt. Harry Styles gibt sich bemüht, hat aber eindeutig nicht das nötige Talent, um hier schauspielerisch hervorzustechen.
Was vor allem an Don’t Worry Darling nervt ist, dass die Metaebene der Botschaft zu schlampig umgesetzt wurde. Bezeiten fühlt sich der Film an, als hätte Olivia Wilde einfach einen Haufen Referenzen oder kreativer Entscheidungen in diesen Film gepackt, ohne darüber nachzudenken, warum es beim Original zu gut funktioniert hatte. Die Spiegel, in die Alice ständig starrt, werden bald schon zum wenig originellen Selbstläufer, die Horrorvisionen bieten wenig Anhaltspunkte und wirken aufgesetzt. Dabei plätschert die Handlung auch zu lange zu inaktiv dahin. Bis Alice aus der wiederholten Unterordnung in das Gaslighting ihrer Gemeinschaft ausbricht, ist der Film schon fast vorbei.
Das Geheimnis, was es mit Victory auf sich hat, ist dabei eigentlich eine ganz spannende Idee. Aber diese wird nur angeschnitten und ist daher auch verschwendetes Potenzial. Das gilt vor allem für das Ende, dass inhaltlich einfach noch mehr bieten hätten können. Vor allem, da sich hier nochmals Charakterkonstellationen verschieben, die einen wundern lassen, ob die offensichtlichen “Männer, die keine erfolgreichen, unabhängigen Frauen mögen”, die der Film pushen will, hier wirklich der wahre Gegner von Alice sind.
Don’t Worry Darling kann inhaltlich wenig bieten, auch wenn er optisch durchaus etwas hermacht. Ein Film, der vor allem für seine Skandale in Erinnerung bleiben wird, aber weniger für einen narrativen Geniestreich.
Mehr empfehlen können wir euch The Woman King – hier unsere ausführliche Kritik.
In unserem Seher-Bereich findest du noch mehr Vorschauen und Kritiken zu Filmen und Serien, die im Kino oder Stream starten:
Triangle of Sadness – so sehenswert ist die Satire
The Woman King – Kritik zum Film
Chase – Review zum Kinostart
Pinocchio – unser Urteil zum Disney+ Film
House of the Dragon – Kritik zur Sky-Serie
Die Ringe der Macht – Review zur Prime-Serie
Alle Fotos: (c) Warner Bros
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.