Und schon wieder produziert Steven Soderbergh einen Film für Netflix. Die Geldwäscherei hat nicht nur eine fantastische Besetzung, sondern auch ein neuartiges Filmformat. Wie die schwarze Komödie den Helden der Freizeit gefallen hat, lest ihr in der Kritik.
19. Oktober 2019: Nachdem Soderbergh schon mit High Flying Bird einen spannenden Netflix-Film geschaffen hat, trumpft er jetzt mit Die Geldwäscherei (The Laundromat) noch einmal ordentlich auf. Der Ocean’s Eleven-Regisseur entscheidet sich dabei für ein Format, das stark an Miniserien erinnert. Episodisch arbeitet er in der Komödie den Skandal um die Panama Papers auf. Dabei leiten uns die beiden Hauptcharaktere des Whistleblower-Vorfalls, Jürgen Mossack und Ramón Fonseca, gleichsam galant und schmierig durch ihre durch und durch korrupte und von Geldgier geprägte Welt. Der Film basiert auf dem Buch „Secrecy World“ von Pulitzer-Preis-Gewinner Jake Bernstein.
Was die Helden der Freizeit von Soderberghs Aufarbeitung des Geldwäschefalls halten, lest ihr im Review.
Als ihr Mann Joe bei einer Bootstour ums Leben kommt, muss Ellen Martin (Meryl Streep) feststellen, dass die Versicherung der Tourbetreiber nur eine Strohfirma ist. Die Witwe will das nicht auf sich sitzen lassen und herausfinden, wer wirklich hinter dem Namen des Unternehmens steckt. Schnell lernt sie, dass es sich um eine Briefkastenfirma handelt, die von den Panama Inseln aus verwaltet wird. Hier leiten Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramón Fonseca (Antonio Banderas) eine erfolgreiche Kanzlei, die Offshore-Konten verwaltet. Zu ihren Kunden gehören Politiker und Prominente ebenso wie Kriminelle.
Im Trailer könnt ihr euch einen Eindruck verschaffen:
Episodisch führen die beiden Juristen die Zuschauer durch ihre Welt. Sie erklären, wie sie ganz legal dafür sorgen, dass die Reichsten der Reichen möglichst effektiv Steuern vermeiden können. Dabei führen sie uns zu Geschichten amerikanischerMilliardärsfamilien. Deren Briefkastenfirmen werden wiederum von anderen Briefkastenfirmen gemanagt. Oder zu korrupten Politikerfamilien, die über Leichen gehen, um ihre Karrieren zu retten. Schließlich wird deutlich, dass die Firma Mossack & Fonseca nur eine von vielen ist, die sich mit diesen Methoden eine goldene Nase verdient.
Mit Die Geldwäscherei versucht sich Soderbergh an etwas Neuem. Denn der Film fühlt sich wie eine Miniserie à la Maniac an. In mehreren Episoden wird den Zuschauern gezeigt, welche Klienten die Firma vertritt. Vom mexikanischen Drogenbaron bis zum chinesischen Politklan ist eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Menschen vertreten. Faszinierend ist, dass sie allesamt in derselben rechtlichen Grauzone agieren.
Denn Die Geldwäscherei beweist vor allem eines: Es ist nicht nur die Schuld von Mossack & Fonseca, die all diese Briefkastenfirmen für ihre Klienten leiten. Vielmehr ist es ein Versagen des Rechtssystems, das dafür sorgt, dass für die Reichen andere Gesetze gelten, als für alle Mittelständigen und Armen.
Spannend ist bei Die Geldwäscherei auch die Herangehensweise an die Panama Papers. Während solche Datenleaks meistens eher dokumentarisch aufgearbeitet werden, setzt Soderbergh auf düsteren Humor.
Denn Mossack und Fonseca sind durch und durch charmante Gentlemen – wenn auch leicht schmierig. Und die beiden erklären nur zu gerne, wie ausgefuchst sie bei ihren dubiosen Machenschaften vorgehen. Natürlich begehen sie selbst dabei keinerlei Verbrechen – schließlich kennen sie sich als Juristen genauestens mit den Gesetzen aus, um die sei herumarbeiten.
Zu Fall bringt sie erst, dass sie in ihrer Arbeit großzügig übersehen, welchen kriminellen Tätigkeiten ihre Klienten nachgehen. Nichtsdestotrotz sieht man bis zum Ende keinerlei Läuterung bei den Geschäftsmännern. Und gerade dieses unerschütterliche Ego gepaart mit ihrer Arroganz macht den Film unheimlich sehenswert. Denn die zwei berichten mit solcher Süffisanz von ihren Machenschaften, dass man als Zuschauer zeitweise von ihrer korrupten Logik mitgerissen wird.
Dafür sorgen auch Gary Oldman und Antonio Banderas. Denn die beiden gehen in ihren Rollen als wohlgekleidete Rechtsverdreher voll auf. Nicht verwunderlich, denn die erklärenden Ausführungen an den Zuschauer sind unglaublich schwungvoll. Die über alle Maßen extravaganten Anzüge tragen ihren Teil dazu bei. Als wäre das nicht genug, flanieren die Dandies dann noch durch alle möglichen luxuriösen Ortschaften. Übrigens haben ihre realen Vorbilder bereits Netflix verklagt, um die Veröffentlichung zu verhindern – vergeblich!
Und während im Film Mossack und Fonseca immer mehr in den Vordergrund treten, wird offensichtlich, dass Ellen Martin im Endeffekt nur eine Nebenrolle spielt. Sie stellt im Endeffekt die Menschen dar, die am meisten unter den Offshore-Konten leiden. Ganz und gar unbedarft ruft sie sich von Briefkastenfirma zu Briefkastenfirma durch, um doch noch ein bisschen Gerechtigkeit für den Tod ihres Mannes zu erfahren. Die Film-Veteranin Meryl Streep transportiert diese Transition von der optimistisch gestimmten Frau hin zur frustrierten, von der Welt hintergangenen Witwe mehr als überzeugend.
Mit Die Geldwäscherei ist Steven Soderbergh ein durchwegs unterhaltsamer Film zu den Panama Papers gelungen. Statt den Skandal ernst aufzuarbeiten, geht er mit düsterem Humor an die Sache heran. Er lässt die Hauptverantwortlichen Mossack und Fonseca einfach die Dinge aus ihrer Sicht präsentieren. Und deren verquere Logik entpuppt sich als mehr als amüsant. So düster die Thematik auch sein mag, so grandios und verständlich erklärt ist die Aufarbeitung im Spielfilm geworden. (sn)
Wir haben für euch immer die aktuellsten Empfehlungen für die nächste Netflix-Bingesession. Egal ob Dramaserie oder Actionfilm – in unserer Seherrubrik findet sich jeder etwas!
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Aufmacher: (c) Claudette Barius/Netflix
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.