Elf Jahre nach Teil 4 (und ein gescheitertes Reboot später) bringt uns Capcom endlich mit Devil May Cry 5 ein echtes Sequel um Dante, Nero und die ganze DMC-Crew. Wir haben das Spiel für euch bereits vorab getestet und verraten euch, ob Devil May Cry 5 wieder zu den Stärken seiner Vorgänger zurückfindet.
von Peter Huemer, 8. 3. 2019
Die Dämonen geben keine Ruhe. Obwohl Dante die höllische Bedrohung bereits vier Mal in ihre Schranken weisen konnte, fallen die infernalen Kreaturen erneut in die Welt der Menschen ein. Dieses Mal jedoch stellt sich ihnen nicht bloß der Dämonenjäger Dante entgegen, er hat auch Verstärkung mitgebracht.
Devil May Cry 5 wirft uns zwar nicht gleich ins kalte Wasser, hält sich zu Beginn aber mit Tutorials zurück. Im Prolog verrät das Spiel keine Details zur Steuerung, sondern lässt den Spieler die Grundlagen selbst herausfinden. Das ist aber nicht weiter schlimm. Es ist kaum möglich im Prolog zu scheitern. Wenn das Spiel nach der etwas verwirrenden Eröffnung endlich richtig losgeht, fühlt es sich erst einmal sehr eingeschränkt an. Der junge Nero, dessen Rolle der Spieler zuerst einnimmt, scheint kaum über coole Combos zu verfügen. So metzeln wir uns etwas gelangweilt durch das erste Level.
Weder fühlt sich die Story sonderlich interessant an, noch begeistert das Gameplay. Bis Nico, Neros freche Mechanikerin ihr Geschäft eröffnet und uns erlaubt allerhand Combos, Upgrades und Items zu erstehen. Mit der ersten Handvoll Combos im Repertoire ist es gleich ein ganz anderes Spiel. Nero springt von Gegner zu Gegner, metzelt wie ein Weltmeister und sieht dabei unheimblich stylisch aus. Und um Style geht es. Wie bereits in den vorigen Teilen der Fall umso mehr Punkte (red orbs), umso eleganter wir unsere Feinde zur Hölle schicken und am Ende jeder Auseinandersetzung auch eine Note (von der Bestnote SSS bis hin zu D). Diese Spielmechanik motiviert stetig Neues auszuprobieren, feindlichen Angriffen auszuweichen und zwischen Waffen hin und her zu wechseln. Das Kampfsystem ist komplex und auf höheren Schwierigkeitsstufen herausfordernd.
Das Kampfsystem muss das Spiel auch auf seinen Schultern tragen. Es gibt kaum Rätsel, die den Spielverlauf bremsen. Devil May Cry 5 ist ein Hack ‘n’ Slash-Spiel in Reinform und das ist gut so, weil es sich auf seine Stärken konzentriert. In den zwanzig Kapiteln der Story schlüpft der Spieler abwechselnd in die Haut von Nero, Dante oder V. Sie spielen sich allesamt unterschiedlich und bringen ihre eigenen Waffen, Combos und ausbaubaren Fähigkeitsbäume mit. Diese Abwechslung hält das Gemetzel stets frisch und lässt keinen Augenblick Langeweile aufkommen.
Dabei ist die Präsentation des Spiels erstklassig. Die Animationen sind flüssig, die Effekte grell und beeindruckend, die Levels und die Grafik detailliert, was sich vor allem an den Gesichtsanimationen der Charaktere in den Zwischensequenzen zeigt. Dante und Co bringen so gelungen ihre Emotionen, fühlbaren Schmerz oder glaubhafte Freude wüber. Lediglich das Gegnerdesign lässt ein wenig zu wünschen übrig. Obwohl alle Feinde, die sich dem Spieler entgegenstellen gut aussehen und herrlich ekelhaft sind, ist nichts davon bahnbrechend oder besonders erinnerungswürdig. Wohltuende Ausnahme sind zwei großartig designte Bosse.
Obwohl der Plot von Devil May Cry nach vier Spielen bereits reichlich verworren ist, ist es keine allzu große Herausforderung, der Handlung von Teil 5 zu folgen. Für jene, die noch nie mit Devil May Cry in Berührung gekommen sind, gibt es aber im Hauptmenü eine praktische Videozusammenfassung aller vier bisherigen Teile. Lediglich der etwas konfuse Einstieg in die Handlung könnte Schwierigkeiten bereiten.
Nachdem ein Unbekannter Neros linken Arm abtrennt, der sich prompt in ein Schwert verwandelt und durch ein Portal verschwindet, wächst im Zentrum der Stadt plötzlich ein gigantischer Baum aus der Unterwelt empor. Der Baum ernährt sich von menschlichem Blut und Dämonen strömen zwischen seinen Wurzeln hervor. Nero, Dante und der mysteriöse V konfrontieren im Inneren des Stamms den bisher unbekannten Dämonenkönig Urizen und werden prompt geschlagen.
Von da an beginnt eine Reise rund um den teuflischen Baum, um sich neu zu gruppieren, bessere Waffen und größere Stärke zu finden, bis sich die drei endlich auf eine zweite Runde gegen den Bösewicht einlassen können. So kurz, so simpel. Dazu kommen noch etliche Verstrickungen der drei Helden und überraschende Verwandtschaftsverhältnisse. Nichts davon ist unvorhersehbar, nichts davon ist geeignet außerordentliche Emotionen auszulösen und trotzdem wird die Story nie langweilig. Das liegt vor allem an den tollen Charakteren, deren Eigenschaften allesamt derart extrem und absichtlich überzeichnet daherkommen, dass auch die konventionellste Story prächtig unterhält.
Pluspunkt: All der Pathos, die klischeehafte “Anime”-Dramatik und der fast peinliche Humor in Devil May Cry 5 sind so augenzwinkernd auf die Spitze getrieben, dass man nicht anders kann als sich dabei zu amüsieren. Nero gibt bei jeder Gelegenheit schmerzhafte Oneliner von sich. Jedes Wort aus Vs Mund trieft nur so vor Kitsch und Dante ist wohl der lässigste Dämonenjäger, der jemals auf Erden wandelte. Wäre all das ernst gemeint, könnte man darüber nur den Kopf schütteln, aber das ist es ganz offensichtlich nicht.
Die Übertreibung ist das effektivste Werkzeug von Devil May Cry 5. Das Spiel ist sich seiner selbst stets bewusst, treibt den Wahnsinn mit Methode ans Äußerste und bricht seine eigentlich ernste Handlung immer wieder mit wunderbar unpassenden Humoreinlagen auf. So legt Dante beispielsweise mitten im Herzen des Dämonenbaums plötzlich eine Michael Jackson mäßige Tanzeinlage samt Feuerwerk hin und macht anschließend weiter als sei nichts gewesen. Und Nero bekommt als Waffe einen Roboterarm aus Essbesteck.
Das Faszinierende dabei ist, wie reibungslos diese gegensätzlichen Elemente verbunden sind. Bierernstes Drama, explosive Action und kindischer Humor gehen Hand in Hand und anstatt einander zu stören, ergänzen sie sich köstlich. Um Devil May Cry genießen zu können, muss man sich für die zehn Stunden lange Handlung von allem Zynismus befreien und sich selbst erlauben einfach Spaß zu haben. Man darf den Plot nicht zu sehr hinterfragen, denn der ist nicht dazu gedacht zum Nachdenken anzuregen und der Humor nicht dazu clever zu sein. Devil May Cry ist eine Zirkusvorstellung, kein Theaterbesuch und das ist gut so.
Devil May Cry 5 fühlt sich an als käme es aus einer alternativen Zeitlinie, in der die frühen Zweitausender-Jahre niemals endeten. Das betrifft alle Aspekte des Spiels bis auf die wunderschön moderne Graphik. Handlung, Gameplay und Spieldesign knüpfen direkt an den Vorgänger an. Nach über zehn Jahren Wartezeit erfüllen sich damit alle nostalgischen Wünsche. Das Spiel konzentriert sich auf das Richtige, verschwendet keine Zeit mit angehängten Multiplayer-Modi oder zwingt den Spieler dazu zwischen der Action endlos Rätsel zu lösen.
Devil May Cry 5 enthält Micro-Transaktionen, was es (leider) als modernes Spiel entlarvt. Die sind aber dermaßen optional, dass ich nie auch nur versucht war den Store zu besuchen. Devil May Cry 5 ist eine spaßige Rückkehr zu alter Form, das die Verfehlungen der vergangenen Jahre vergessen macht. Es unterhält zu jedem Zeitpunkt, solange man nicht zu ernst an die Sache heran geht.
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Screenshots von heldenderfreizeit.com
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.