Eddie Murphy als afrikanischer Prinz auf Brautschau. Der Prinz aus Zamunda ist ein 80er Klassiker und einer der großen Hits des Entertainers und Schauspielers. 33 Jahre später hat sich Murphy mit seinem Co-Star Arsenio Hall erneut zusammengetan und ein Sequel für Prinz Akeem aus dem Hut gezaubert. Das läuft jetzt auf Amazon Prime.
von Susanne Gottlieb
5. März 2021: Amerikanische Filmkultur. “Das sind Prequels und Sequels die keinen interessieren”, meint der neugekrönte Prinz Lavelle (Jermaine Fowler) auf einem abendlichen Spaziergang mit der Palastfriseurin Mirembe (Nomzamo Mbatha). Die stimmt ihm zu. “Wenn etwas gut ist, mach es nicht kaputt”. Dieser augenzwinkernde Metakommentar fasst in etwa schon zusammen, was hier geboten wird. Ein Sequel zu einem populären Kinohit der 80er. Ein Versuch von Eddie Murphy nach zahlreichen filmischen und kritischen Pleiten, wieder etwas altes neu aufzuwärmen und vielleicht doch nicht kaputt zu machen.
Wir alle haben gesehen, wie sich sein Prinz Akeem einst seinem Vater (James Earl Jones) wiedersetzte und nach Amerika ging, um dort die geeignete Braut für sich zu finden. Ihn verschlug es nach Queens. Denn dort, wo das Land wörtlich Königinnen heißt, muss wohl die zukünftige Herrscherin wohnen. Dort traf er seine Lisa (Shari Headley). Der Rest ist Geschichte.
Doch wie man weiß, halten Happy Ends nicht ewig. Was passiert also, wenn Akeem zwar in der Liebe das ewige Glück gefunden hat, aber sein Land auf Dauer nicht von seiner Romanze allein nähren kann? Wenn seine Erben vor den gleichen Herausforderungen stehen wie er einst? Der Prinz aus Zamunda 2 will eine Geschichte erzählen, wie man die Werte und Prinzipien von einer Generation auf die andere weiter reicht. Warum das nur sehr bedingt funktioniert, erfahrt ihr hier. Zu sehen ist er übrigens ab heute auf Amazon Prime.
Eigentlich läuft es ganz gut für Akeem und seine Familie. Er ist glücklich mit Lisa verheiratet und hat drei gewiefte Töchter. Doch darin liegt eines seiner Hauptprobleme. Die zamundische Thronfolge sieht einen männlichen Erben vor. Bisher hat sich noch kein passender Ehemann für Prinzessin Meeka (KiKi Layne) ergeben, der als König auf den Thron steigen könnte. Ganz abgesehen davon, dass die Prinzessin eigentlich selbst regieren möchte. Zum anderen bedroht General Izzi (Wesely) Snipes, Anführer des benachbarten armen Landes Nextdoria (ja wirklich, Next Door mehr oder weniger), in das Land einzumarschieren. Seine Familie möchte in die königliche Familie einheiraten und so die Länder vereinen.
Zu guter Letzt ist da noch sein Vater König Jaffe, der ihn Zeit seines Lebens gern als Schwächling bezeichnet hat und ihm auf dem Totenbett offenbart, dass die Thronfolge gesichert werden kann. Wie man via Flashback erfährt, hatte Akeems Freund Semmi (Arsenio Hall) zu ihrer Zeit in New York zwei Frauen in einer Bar aufgerissen mit denen die beiden mit nach Hause gingen. Ein paar Drogen und vernebelte Sexerfahrungen später wurde sein Sohn Lavelle gezeugt.
Akeem reist so erneut nach Queens, um seinen Sohn als neuen Thronfolger an den Hof zu holen. Doch damit tritt er erst recht eine Lawine des Chaos los. Die Königin und die Prinzessinnen sind empört, dass Meeka übergangen werden soll. Izzi fordert statt der heirat Meekas mit seinem Sohn nun die von Lavelle mit seiner Tochter Bopoto (Teyana Taylor). Und Lavelle steht vor der Herausforderung, seine eigenen Wünsche und Ambitionen hinten anzustellen, um sich einer jahrhunderterlangen Tradition zu unterwerfen.
Es mag schockierend wirken, dass zwischen Originalfilm und Fortsetzung schon 33 Jahre liegen. Wirklich bestürzend ist allerdings, dass nun die Fortsetzung schon zu ihrer Veröffentlichung ähnlich veraltet wirkt. Eddie Murphy ist eine Komikerlegende, die nicht nur seinerseits Saturday Night Live nach ein paar schweren Jahren rettete, sondern auch viele Filmklassiker der 80er und 90er drehte. Dass er für mehrere Jahre von der Bildschwäche verschwand, lag wohl unter anderem daran, dass er inzwischen um die 50 war und sich auch um seine 10 Kinder kümmern wollte. Zum anderen – er machte einfach nur mehr miese Filme.
Pluto Nash – Im Kampf gegen die Mondmafia, Der Kindergarten Daddy, Die Geistervilla oder Norbit wurden von Kritikern zerrissen und waren auch noch schlecht besucht. Nun war es zu hoffen, dass er nach seinem Comeback mit Dolemite Is My Name hier an alte Erfolge anschließen könnte. Aber irgendwie scheint Murphys Humor mit seiner Pause auch in einer anderen Zeit stecken geblieben zu sein.
Was Der Prinz aus Zamunda 2 hier versucht, mag durchaus löblich sein. Ein Vater will seinem Sohn Werte und Orientierung mitzugeben, nur um zu erkennen, dass er selber wie sein eigener Vater geworden ist. Die Instanz alter Ordnung, das Spießertum, gegen das er so rebelliert hatte. Lavelle steht vor der Wahl aus Pflichtgefühl zu heiraten oder seinem Herzen und Mirembe zu folgen. Und Akeem steht vor der Frage, ob er seinem Sohn dies verbieten soll und kann, wenn er selber vor vielen Jahren vor derselben Situation stand und seine Wahl frei getroffen hat. Doch nicht nur das Liebesleben verlangt eine tiefergehende Reflektion seiner Person ab.
Auch die Tatsache, dass er, emaskuliert durch den Vater und immer zu Dominanz angetrieben, energisch versucht hat, dessen Werte und Traditionen fortzuführen, hat sich auf das progressiv verschlafene Land ausgewirkt. “Du hättest Zamunda ins 21. Jahrhundert führen sollen”, wirft ihm seine Frau Lisa enttäuscht vor. Ein wiederkehrender Trend vom Verabschieden jugendlicher Ideale und der Frage, ob wir sie wiedergewinnen können.
Verpackt wird das Ganze in bunte, lebensfrohe Farb- und Kostümwelten. Die erinnern nicht von ungefähr vermutlich an das fiktive, Oscar-gewinnende Wakanda. Weg von kitschigen Babyelefanten, die im Garten herumrennen, hin zur Zelebrierung schwarzer Kultur, Style und Musik. Das ist wunderschön und lebendiger als so mancher europäischer Hof es vermutlich je sein wird.
Doch zu einem Film gehört mehr als nur eine Kernbotschaft. Es sind die Rahmenhandlungen, die Figurenzeichnung und die Absicht, hier mehr durchzukauen, was man abbeißen kann, was den Film schwer zu tragen kommt. Gepaart mit der Voraussicht, moderne Befindlichkeiten anzusprechen, die aber dem Zeitgeist nicht mehr entsprechenden Comedyideen unterworfen werden, rächen sich die verfehlten Ambitionen doppelt.
Murphy und seine Crew wollen hier eine Geschichte über Generationenkonflikt erzählen. Sie vergessen aber, dass es dafür nicht zwei Männer braucht. Auch der Konflikt zwischen Vater und Tochter ist ein durchaus lukratives Storytool. Dass eine Tochter mit der Erkenntnis konfrontiert ist, die Welt hätte ihre sein können, wenn sie mit dem anderen Geschlecht geboren worden wäre, hat erzählerisch schon lange Bestand.
So gerät Prinzessin Meeka zu einer Hintergrundfigur, deren Frust zwar widergespiegelt wird, aber die schließlich klein beigibt, um ihren Halbbruder zu unterstützen. Dass sie Pflicht und Ehre so hoch stellt, ihren Platz für die Belange eines Manns und die Tradition ihres Volkes, egal wie überholt sie zu sein mag, zu räumen, verrät schon viel über ihre eigentliche Bestimmung zur Herrscherin. Aber dafür hat die Filmhandlung dann einfach bis zum Finale keinen Platz. Die Erfahrung ihres Halbbruders, der in seinem Heimatland der Zugang zu vielem aufgrund seiner Hautfarbe und seines Geldbeutels verwehrt wird und der sich hier der Frage stellt, ob sein eigener Wille den Preis für Erfolg wert ist, ist natürlich auch spannend. Aber beide Positionen gegeneinander abzuwiegen ist eine unkluge Entscheidung.
Frauenpower, wie sie hier zelebriert werden soll, ist gemäß der etwas altmodischen Annäherung an Humor ein zweischneidiges Schwert. Nicht nur, dass Meeka sich für die Unterstützung Lavelles aufgibt und ihre Schwestern quasi zu Statistinnen verkommen. Auch die Witze auf Kosten “der anderen Frauen” miniert diesen Versuch. Leslie Jones darf wie bei SNL wieder die laute vulgäre Frau spielen, die sich auch bereitwillig als Schlampe in ihren jungen Jahren bezeichnet, weil, nun ja, sie hat halt mehrere Kerle gehabt. “Ich hätte Geld bezahlen sollen”, ruft da ein Bekannter in Queens “humorvoll” noch hinterher.
Lavelles designierte Braut Bopoto ist, wie einst ihre Tante aus Teil 1, eine persönlichkeitsbefreite, ideenlose Anschaupuppe. Ihre Aufgabe ist es, ihrem Ehemann zu gefallen. Natürlich ist verständlich, dass Lavelle jemand möchte, mit dem er auf einer Wellenlänge ist. Aber der Film reflektiert nicht, warum Bopoto so erzogen wurde und welches System das widerspiegelt.
Einer der absurdesten Momente von Der Prinz aus Zamunda 2 ist aber, dass man mitten im Film von Mirembe erfahren muss, dass Frauen eigentlich keine Rechte haben und nicht einmal Geschäfte eröffnen dürfen. Nicht nur, dass Frauen in der Geschichte bisher überhaupt nicht so porträtiert wurden. Es lässt einen schon grübeln, inwieweit man als Zuschauer Zamunda überhaupt noch sympathisch finden soll. Dieser kunterbunte Königshof, wo R ‘n’ B und Hip Hop Künstler einen fulminanten Auftritt haben und der Thronraum mehr einer MTV Music Awardshow gleicht. Gepaart mit der absolutistischen Macht Akeems fühlt man sich eher nach Saudi-Arabien versetzt als in ein Murpyh-Style Wakanda. Da hilft auch der Ausruf von Onkel Reem (Tracy Morgan) “Hey Wakanda, Conneticut oder wo immer du herkommst” nichts.
Ebenso einen fahlen Beigeschmack hinterlässt der zugedröhnte Sex Akeems mit Lavelles Mutter Mary, was dem ganzen einen unguten Missbrauchsvibe verleiht. Man stelle sich vor, die Konstellation wäre anders herum gewesen. Dagegen wirken die etwas ausgelutschten “zwei unerfahrene Proleten von der Straße landen in der Oberschicht und sind brachial” Witze schon fast wie ein vertrauter alter Freund. Als Akeem in Queens war, war das witzig, da er eigentlich der Kultiviertere, Privilegiertere war, aber mit dem realen Leben nicht umgehen konnte. Hier wird einfach wieder auf “arme krasse Schlucker” getan.
Doch anscheinend war das wie immer die richtige Medizin. Diese Faszination Amerikas in Geschichten, in denen progressive Amis alten verstaubten Monarchien ein wenig Progressivität und Lockerheit lehren müssen, scheint sich auch von weißen europäischen Aristokratien gut auf Afrika umzulegen. Wenn es dann aber darum geht Fortschritte zu erreichen, ist da eine gewisse liberale Scheinheiligkeit festzumachen. Wenn der König als alleiniger Herrscher Gesetze ohne repräsentative demokratische Instanzen ändern darf, auch wenn sie Diskriminierung beenden.
Wer ein Filmerlebnis von Plötzlich Prinzessin 2 trifft King Ralph trifft Black Panther und den romantischen Befindlichkeiten eines Der Prinz und ich sowie Was Mädchen wollen sucht, der ist bei Der Prinz aus Zamunda 2 richtig. Der Rest darf sich zumindest über das Wiedersehen mit ein paar alten Bekannten freuen.
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Bilder: © 2021 Amazon Prime Video
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.