Festhalten, jetzt wird’s holprig. Denn in unserem Days Gone Review begleiten wir Biker Deacon durch das zombie-infizierte Oregon. Leider sorgen nicht nur die Straßen für ruckelige Momente. Das ist unser Test-Fazit.
Days Gone könnte ein grandioses Action-Spiel sein. Story und Welt sind fantastisch und liegen irgendwo zwischen The Last of Us und Red Dead Redemption 2. Dabei bietet es szenische Bikefahrten, berührende Zwischensequenzen und adrenalingeladene Schießereien. Der PS4-Exklusivtitel von Bend Studio macht vieles richtig. Wären da nicht die Bugs. Und die schlechte Performance. Und die Abstürze. Technische Schwierigkeiten, die aber scheinbar auch nicht bei jedem auftreten, wie wir mit unseren mehrfachen Tests feststellen konnten.
Warum Days Gone für die Helden der Freizeit ein holpriger Ritt mit Ups and Downs war, erfahrt ihr in unserem Review (übrigens: hier gibt es unseren Test zum aktuellen Prügelhit Mortel Kombat 11):
Bereits zwei Jahre sind vergangen, seit Biker Deacon St. John im Tumult der ausbrechenden Zombie-Apokalypse seine Frau Sarah verloren hat. Sie sollte von den NERO-Hubschraubern in eines der Flüchtlingslager gebracht werden. Das wurde aber von den „Freakern“ überrannt. Das sind mit einem mysteriösen Virus infizierte tollwütige Zombies, die auf der Suche nach Menschenfleisch sind.
Seitdem braust er auf seinem Motorrad mit seinem ehemaligen Bikergang-Kollegen Boozer durch die bergige Gegend rund um Farewell, Oregon. Sie schlagen sich als Kopfgeldjäger und Zombie-Eliminierer für die unterschiedlichen Überlebenden-Camps in der Umgebung durch. Als Deacon eines Tages einen NERO-Hubschrauber beobachtet, werden alte Erinnerungen wach. Denn es sind viele Fragen um den Tod seiner geliebten „Lady“ unbeantwortet geblieben.
Die Welt von Days Gone wirkt auf den ersten Blick überschaubar. Aber das entpuppt sich im Laufe der Zeit als schlaues Tarnmanöver der Entwickler. Denn die Karte im Menü erlaubt es am Anfang nicht, die ganze Map des Spiels zu sehen. Erst mit fortschreitender Story offenbaren sich neue wunderschöne Bereiche. Und sie alle haben ein eigenes faszinierendes Klima. Von der Wüstenlandschaft bis zum eisigen Gebirge ist im Verlauf der mehr als 30 Stunden Spielzeit alles dabei.
Besonders gefallen haben uns bei unserem Test die Schnee-Effekte in den südlicheren Berg-Regionen. Hier schneien ab und an Gebiete ein, die sonst grün und herbstlich sind. Beeindruckend sind aber vor allem die Schneeflocken, die sich an den Charakteren beim Motorradfahren festhaften, wenn es schneit.
Deacons Bike ist perfekt dafür geeignet durch die hügelige Landschaft zu brausen. Dabei fühlt man sich oft an GTA V und den Mount Chilliad erinnert. Ganz ähnlich gibt es hier viele Wanderwege, die man mit dem Zweirad bezwingen kann. Da ist es perfekt, dass man es nach eigenem Belieben aufrüsten und dekorieren kann. Hat man in einem Überlebenden-Camp genug Vertrauen gesammelt, schalten sich neue Teile frei, die meistens stärker als die alten sind.
Und meistens braucht man diese Upgrades auch. Denn es gibt öfters Verfolgungsjagden, bei denen man nur mit dem Flüchtigen mithalten kann, wenn das Bike adäquat gerüstet ist. Aber auch der Benzinstand sollte im Auge behalten werden, sonst braust das Ziel davon und Deacon muss sein Bike gedemütigt zur nächsten Tankstelle schieben um aufzutanken. Bleibt das Motorrad dann doch mal irgendwo liegen, kann man es sich zum nächsten Camp bringen lassen. Gegen Gebühr, versteht sich.
Days Gone brilliert mit seiner Story. Denn die Beziehungen, die Deacon mit seinen Mitmenschen eingeht fühlen sich echt an. Man sieht und fühlt sie wachsen. Dazu tragen auch die vielen Cutscenes bei. Über sechs Stunden sind es insgesamt. Dementsprechend bleibt genug Zeit für tiefgehende Charakterentwicklung. Da schließt man die vielen Charaktere wie den Biker Boozer oder die Mechanikerin Rikki schnell ins Herz.
Aber auch Deacon selbst ist ein sehr ausgefeilter Charakter, der sich von anderen Hauptcharakteren abhebt. Er ist rauer, rachsüchtiger und brutaler als die meisten glattgeschliffenen Spielehelden. Es geht ihm selten darum, Gutes zu tun. Viel wichtiger ist es ihm, dass seine engsten Freunde in der neuen grausamen Welt überleben. Auch, wenn er dafür zu drastischen Mitteln greifen muss.
Leider (aus Sicht unseres wilden Helden) sind die Camper nicht die einzigen Überlebenden in der postapokalyptischen Wildnis von Oregon. Denn Plünderer und Wegelagerer schlagen sich auf Kosten ihrer Mitmenschen durch die Endzeit. Oft bemerkt man während der Bike-Fahrt den Laserstrahl, der auf Deacons Rücken gerichtet ist, erst viel zu spät. Und schon schießt es einen in voller Fahrt vom Motorrad.
Straßenräuber lauern Deacon regelmäßig auf. Mal sitzen sie versteckt in den Bäumen mit ihrem Sniper-Gewehr, mal spannen sie ein Seil quer über die Straße, das ihn vom Bike reißt. Dann muss schnell reagiert werden, sonst ist es um einen geschehen. Diese innovativen Spielmechaniken sorgen zwar im ersten Moment für einiges fluchen, aber im zweiten muss man die Entwickler für so ein ungewöhnliches Feature loben.
Was wäre eine Zombie-Apokalypse ohne Zombies? Dementsprechend bietet Days Gone eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Gegnern, von klein bis riesig. Meistens trifft man aber auf die gewöhnlichen „Freaker“. Aber nicht nur Menschen wurden vom Virus infiziert, auch Wölfe, Bären und Raben hat es erwischt. Besonders die Raben sind unheimlich tückisch. In einem Augenblick fliegen sie friedlich herum, im nächsten stürzen sie sich auf einen und versuchen Deacon zu Tode zu picken – sogar während der Fahrt.
Berüchtigt und vielfach von den Entwicklern angekündigt sind auch die Horden. Hier rotten sich hunderte Freaker zu einer riesigen Gruppe zusammen. Es erfordert großes Geschick, sie zu töten, ohne dabei selbst zu sterben. Denn die Bande hat eine Schwarmintelligenz entwickelt. Wittert einer von ihnen Deacon, dann stürzen sich alle auf ihn.
Da hilft die fantastisch beunruhigende Musik auch nicht gerade dabei, kühle Nerven zu behalten. Es sorgt für einen ordentlichen Adrenalinschub, den Schwärmern zu entkommen. Leider verlieren die Hordenkämpfe nach einigen Minuten an Reiz, denn die Repetition von Davonlaufen, explosives Fass in die Luft jagen und Molotov-Werfen wird mit der Zeit sehr monoton.
Schade ist auch, dass die KI der Gegner in vielen Fällen strohdumm ist. Oft sind sie nicht einmal sonderlich alarmiert, wenn einer ihrer Kameraden ermordet vor ihnen liegt, sondern laufen einfach über ihn drüber. Auch wenn sie selbst angegriffen werden, gehen sie oft dem Angriff nicht weiter nach, sondern widmen sich wieder ihrem wichtigen Herumstehen.
Besonders aber im Stealth-Modus muss man sich als Spieler sehr stupide anstellen, um überhaupt von ihnen entdeckt zu werden. Ihr Sichtfeld ist so eng, dass man direkt neben ihnen hocken kann, ohne bemerkt zu werden.
Hier lauert das größte Manko von Days Gone. Denn leider lief das Spiel beim Test auf unserer normalen PS4 alles andere als flüssig. Darüber konnte man noch hinwegsehen. Bis eine riesige Horde Freaker auf einen zu gerannt kam und plötzlich alles ruckelte. Beim Test auf unserer PS4 Pro lief das Spiel hingegen flüssig.
Unangenehm frustrierend können auch Questbugs sein. In der Hauptquest müssen etwa immer mal wieder Horden ausgeschaltet werden. Doch leider registriert das Spiel bei Quests nicht immer, dass alle Freaker eliminiert sind – daher mussten manche Aufgaben in unserem Test nochmals erledigt werden. Beim Test mit unserer PS4 Pro hatten wir diese technischen Probleme nicht.
Auch die Hitboxen der Gegner sind manchmal sehr fragwürdig. Oft werden Schüsse, die aus nächster Nähe kommen und die eindeutig treffen hätten müssen, einfach nicht registriert. Ärgerlich, wenn man bedenkt, dass die Ammo begrenzt ist. Aber auch ein gewisser Input-Lag sorgt immer wieder für Probleme. Denn Deacon bewegt seine Waffe immer erst einen Augenblick, nachdem man mit dem Controller gezielt hat.
In unserem Test mit der normalen PS4 kam es vor, dass die Texturen spät oder überhaupt nicht nachgeladen wurden. Das führte dann sogar dazu, dass ein Bereich unzugänglich wurde. Der einzige Weg das zu beheben war ein Neustart. Doch da hörte es leider nicht auf, denn es kam sogar zum Absturz. Ein spezieller Grund war dafür nicht auszumachen. Auf der PS4 Pro hatten wir diese Probleme bis auf ein paar nachladenden Texturen gar nicht. Ob das nur Zufall war oder an der Pro lag (der neueste Patch war jeweils installiert), können wir nicht sagen.
Days Gone ist ein Sorgenkind, allerdings der schönen Sorte. Es hat so viel Potenzial, doch mindestens genauso viele Probleme. Eine mitreißende Story mit interessanten Charakteren und eine abwechslungsreiche Open-World mit tollen Wettereffekten stehen Bugs und Lags gegenüber (die aber immerhin nicht bei jedem auftreten). Da ermutigt es, dass die Entwickler so schnell nachpatchen. Bleibt das Problem, dass stimmungsvoll inszenierte Hordenangriffe von dümmlicher KI und repetitivem Gameplay ausgebremst werden.
Dennoch: Deacon und seine Bande wachsen einem schnell ans Herz. Und das Herumfahren mit dem Bike erzeugt ein tolles Gefühl der Freiheit. Man kann nur hoffen, dass das Spiel noch da ankommt, wo es verdient hätte zu sein. Denn im Kern ist es ein gutes Spiel.
Gut, denn wir haben so einiges an Zombie-Filmen und -Spielen!
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Bilder: Screenshots von heldenderfreizeit.com
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.