Zynisch, absurd und etwas schwarzhumorig – so heizt David Stockenreitner der Wiener Comedyszene ein. Er tritt auf, um mit Witz, Redekunst und gutem Humor Menschen zum Lachen zu bringen. Als Kabarettist mit körperlicher Behinderung ist er zwar schon über so manche nicht barrierefreie Bühne gestolpert, auf den Mund gefallen ist er deshalb aber noch lange nicht. Unser Held des Monats.
Verena Fink
Comedian als Traumjob? “Irgendwann wars dann so.” David Stockenreitner ist 31 Jahre alt und kommt aus Villach in Kärnten. In seiner Kindheit war es ihm “zu langweilig, nur Kinder zu unterhalten”. Er wollte unbedingt wissen, wie Witze für Erwachsene funktionieren. Ich habe ihn getroffen und mit ihm über sein aktuelles Programm DOWN, Comedyfreiheit und Flixbustoiletten gesprochen.
Tipp! Lies hier auch die Story von VOI fesch, die mit Designs von Menschen mit Behinderungen den Markt erobern.
Sein Potenzial zum Comedian zeigte der Villacher bereits in der Hauptschule: Bei Talenteabenden unterhielt er das Publikum mit Immitationen von Kabarettist:innen. Ein paar Jahre später zog es den Kärntner für ein Geistswissenschaftliches Studium in die Bundeshauptstadt, wo er auch zum ersten Mal an einem Kabarettwettbewerb teilnahm. “Dort bin ich Dritter von 20 geworden. Das hat mir einen ziemlichen Egopush gegeben und seitdem mache ich das.” Seit zirka 8 Jahren bringt Stockenreitner nun sein Publikum schon zum Grinsen, Kichern und Zerkringeln. Vom Beruf Comedian kann David nun schon seit zwei Jahren leben.
Davids aktuelles Programm DOWN bietet “viel Konflikt mit mir selber”. Er spricht über seinen Alltag als körperlich behinderter Mensch und warum Flixbustoiletten seiner Meinung nach wichtig für den Erhalt unserer Gesellschaft sind. “Flixbustoiletten sind ein super Ort, vor allem wenn man nicht mehr rauskommt”. Der Wahlwiener steht bzw. stand bereits mit verschiedenen Comedians gemeinsam auf der Bühne. Unter anderem 2019 mit Joseph Hader, der ein großes Vorbild für den Künstler ist. “Seine Art und Weise zu sprechen bzw. wie er Geschichten aufbaut, taugt mir sehr und in welche Welten er abdriftet. Er kann super erzählen und er ist echt witzig.” Unsere Review zu Haders aktueller Show findest du im Artikel: Der Wolf im Hader! So bissig ist sein neues Programm.
Davids körperliche Behinderung – sein linkes Bein und sein rechter Arm funktionieren nur eingeschränkt – sind bzw. waren aber nie ein Problem in der Comedy Szene. Ihn stört es allerdings, dass manche Bühnen nicht barrierefrei begehbar sind.
Der Wahlwiener ist der Meinung, dass viele Kaberettisten Probleme haben. Aber: “Humor hilft wirklich, damit man Sachen nicht zu ernst nimmt.” Er bezeichnet seinen vor allem als zynisch und absurd, aber auch schwarzhumorig (“Obwohl das eh jeder Kabarettist und jede Kabarettistin von sich sagt.”). Und was darf Comedy? Viel, findet David, “solange man sich nicht wie ein Elefant im Porzellanladen benimmt”. Von der Aussage “Man darf überhaupt nichts mehr sagen” hält er nicht viel – sich dadurch in eine Opferrolle zu begeben, ist nicht sein Ding. Er findet es aber beim Scherzen auf der Bühne immer wichtig mitzubeachten, welchen Blickwinkel man auf eine Situation hat und sich zu überlegen, welchen Blickwinkel man sich erlauben darf.
Für den Unterhaltungskünstler ist jeder Auftritt, der gut läuft, ein besonderer Moment. “Das klingt jetzt so ein bisschen wie ein Satz, den über 50-Jährige auf Facebook posten – mit einem schönen Hintergrund.” Sein Tipp an Comedian-Anfänger:innen: bei den ersten Shows keine Freunde zu den Auftritten einladen. “Wenn ich mich schon blamiere, dann wenigstens vor fremden Leuten.” Mehr, als das die Leute nicht lachen, kann nicht passieren, so David. Der Kärntner hält sich weder für einen Optimisten, noch für einen Pessimisten.”Ich glaube, ich bin für beides ungeeignet” meint der 31-Jährige. Für Pessismismus findet er sich zu ungebildet, auch lasse er ihn oft “im Stich“, worüber David aber froh ist. Besondere Freizeitaktivitäten behauptet er, keine zu haben.”Ich hab die Einstellung von jemandem, der mit dem Leben abgeschlossen hat, ohne mit dem Leben abgeschlossen zu haben”.
David Stockenreitner (www.davidstockenreitner.at) ist ein Comedian, der immer die richtigen Worte für einen absurden oder trockenen Spruch findet und das Leben nicht zu ernst zu nehmen scheint. Seinen nächsten Auftritt mit dem neuen Programm DOWN gibt es am 3. Mai 2022 im Kabarett Niedermair. Hier gehts zu den Tickets.
In unserer Serie stellen wir euch jeden Monat Menschen vor, die durch ihr soziales Engagement, ihre Kreativität oder ihre Leidenschaft Besonderes leisten:
Helmuth Stöber von VOI fesch: “Geht um Talent, nicht um Behinderung”
Magdalena von Veganimals: “Wir essen hier niemanden!”
Schmuck aus Wiener Street Art: Birdlys Upcycling-Kunst
Evelyn Brezina – Aktivistin im Rollstuhl: “Erlebe die Welt wie eine kleine Abenteurerin!”
Sophie Tschannett von Muschikraft: “Der Erfolg kam unerwartet!”
Comedian David Stockenreitner: “Pessimismus lässt mich oft im Stich”
Felix Hnat: „Früher habe ich mich über Vegetarier:innen lustig gemacht“
Perrine Schober von Shades Tours: “Ein Sprungbrett für Obdachlose!”
Thomas Hanreiter: “Brauchen mehr Bühnen für Behindertensport”
Bettinas HandiCats: “Sie sind so dankbar, dass sie leben dürfen!”
Aufmacherfoto: (c) heldenderfreizeit.com
Verenas journalistische Palette reicht von wilden Festivalberichten über coole Wien-Guides und Reels bis zu einfühlsamen Interviews.