Mit wallendem Haar, hohen Absätzen und einer Peitsche machen wir in Darksiders 3 Jagd auf die sieben Todsünden. In der Hauptrolle: Fury, Reiterin der Apokalypse. Himmlisch gut oder höllisch schwach? Unser Test-Fazit.
von Christoph Geretschlaeger
26. November 2018: Die vier Reiter der Apokalypse sind im Darksiders-Universum War (Protagonist von Teil 1), Death (Teil 2), Strife (Teil 4?) und Fury. In Darksiders 3 schauen wir Fury bei ihrem brutalen Rachefeldzug gegen Himmel und Hölle über den Rücken.
Am 27. November erscheint der Action-Kracher für PC, Xbox One und PS4. Wir dürften das Game vorab bereits intensiv testen und verraten euch in unserem großen Helden-der-Freizeit-Review, ob wir uns dabei mehr im Game-Himmel oder in der Spiele-Hölle gewähnt haben.
Erster Programmpunkt: Envy. Vorausgesetzt Fury kommt an den ersten Gegnern vorbei. Statt Powertrips machen wir am Anfang eher Rundreisen im Leichenwagen. Waren die ersten beiden Darksiders noch Hack’n‘Slashs der gröberen Sorte, immer feste druff bis das unzählige Gesindel im Staub liegt, verlangt Darksiders 3 eher nach feinen Klingen.
Ausweichen, hinhauen, ausweichen, zur Sicherheit noch einmal ausweichen und dann erst wieder zuschlagen. Ein vertrautes Prozedere für Fans der Dark-Souls-Reihe, Bloodborne oder Nioh. Gegner sind tendenziell weniger geworden, dafür halten sie mehr aus und schwingen ihre Waffen etwas härter. Wieder gestorben? Wie gibt’s das? Hm, warum ist ausweichen eigentlich auf der rechten Schultertaste? Kein Wunder dass Fury in jeden Schlag rennt, wenn ich versuche Kreis zu drücken. Probieren wir es nochmal. Wenn ich den Controller anders halte geht’s halbwegs. Bis es wirklich Klick macht, vergehen noch 5 oder 6 Stunden. Und in Stresssituationen versucht mein muscle memory immer noch zuerst Kreis.
Einige Nephilims Respite später (der Darksiders-Verschnitt von Estus bzw. Heiltränken), liegen Envy und bald darauf ihr Kumpel Wrath Tot am Boden. Als Belohnung bekommen wir vom Lord of Hollows (ob Freund oder Feind, wer weiß) eine neue Haarfarbe spendiert: Feuerrot. Damit nicht genug, gibt es zusätzlich eine neue Waffe (Flammenflegel der nageligen Art) und in der neu gewonnen Flammenform können wir weiter und höher springen und Dinge in unserem Pfad anzünden. Bis zum finalen Bosskampf schalten wir noch drei weitere Elemente frei. Mein persönlicher Favorit ist die Blitzform inkl. Speer und Elektro-Blond. Alle Formen haben andere Waffen, mal schnelle, mal langsame, und erleichtern auf ihre Weise das Navigieren in der Welt.
Statt mit Laserwaffen auf Mutanten und Ghule Jagd zu machen, kämpft und puzzlet sich Fury mit ihrer Peitsche und allerlei anderem Handwerkszeug durch die fast verlassenen Überreste unserer Erde. Verglichen mit den Fantasy-Settings anderer Titel des Genres sind die urbanen Gebiete in Darksiders 3 eine willkommene Abwechslung. In alle Winkel verstreut findet Fury kleine Seelenpakete und ab und zu, von gewieften Gegnern oder kleineren Rätseln beschützt, Upgrade-Materialien für ihre Waffen. Anfangs sind weite Teile der Welt nicht zugänglich. Erst mit den vorhin angesprochenen Formen öffnen sich uns Tür und Tor. Mit der Flammenform z. B. springt man nicht nur höher, sondern kann auch Spinnweben abfackeln. Ein paar Stunden später bekommen wir auch ein handliches Wurfgeschoss, das die Eigenschaften des gewählten Elements annehmen kann.
Unsere hart erkämpften Seelen, gefunden oder den Gegnern entrissen, investieren wir beim windigen Händler Vulgrim (ein alter Bekannter) in Fähigkeitspunkte, Heiltränke oder seltene Upgrades (sau-teuer und einzigartig). Rollenspiel light könnte man es nennen: Fähigkeitspunkte gönnen wir Fury ausschließlich für mehr Leben, mehr Schaden oder stärkere Magie. Wobei Magie in Darksiders 3 heißt, mehr Umpf nach perfekten Ausweichmanöver. Entwickler Gunfire Games scheint merkwürdig fixiert auf dieses Ausweichen zu sein. Machen normale Schläge vielleicht 100 Schaden, macht eine Dodge-Attacke gleich das Doppelte oder Dreifache. Was dazu führt, dass ich in vielen Kämpfen nach Attacken gefischt habe, um dann im Gegenangriff die Lebensleiste des Gegners zu dezimieren. Ungefähr so wie das Parieren in Dark Souls, nur mit wesentlich größerem Timing-Fenstern. Einen Talentbaum sucht man vergeblich.
Je nach gewählter Form ändert sich Furys Waffe. Sie kann aber immer als Alternativ-Attacke die Peitsche verwenden bzw. die beiden Waffen kombinieren. Das lässt richtig coole Combos zu, die aber gerne vom Gegner unterbrochen werden, wenn man sie nicht schon durchs Ausweichen selber abbricht.
Furys Attacken füllen zwei separate Balken. Einer für eine mächtige Attacke je nach Form, in der Blitzform z. B. beschwören wir drei Wirbelstürme, die eine Spur der Verwüstung durch die Gegner ziehen. Und wenn der andere Balken voll ist, verwandelt sich Fury in das personifizierte Chaos, wird ein paar Köpfe größer und wirbelt ihre Peitschen durch Feindesfleisch.
Darksiders 3 macht Spaß, ist aber nicht überwältigend. Es ist sehr fokussiert, keine Ablenkungen, nur Fury und ihre Mission. Gelegentlich ziehen sich die Zwischensequenzen ordentlich in die Länge. Viel Gebrabbel, alles zwar gut vertont, aber manchmal langweilig.
Grafisch ist es etwas bunter geraten als Darksiders 2, sonst jedoch kaum eine Verbesserung. Wenn Fury läuft wirken die Bewegungen abgehakt. In den Kämpfen sind die Animationen aber hübsch anzusehen und die Partikeleffekte spritzen nur so durch die Gegend.
Ich weiß nicht, ob’s an mir liegt oder ob die Puzzles wirklich etwas leichter, etwas eindimensionaler geworden sind. Ganz selten führen mehrere bewegliche Teile zur Lösung, meistens schaut man sich um, wählt die entsprechende Form, und damit hat es sich. Außerordentlich gut gelungen ist hingegen die Durchquerung der Welt. Der fliegende Wechsel zwischen den Formen, etwa um Hindernisse zu überqueren, wird schnell automatisch, aber nie langweilig.
Richtig gut gestaltet – und abwechslungsreich – sind die Bossfights. Alle haben ihr eigenes gewisses Extra, kein Rezept führt immer zum Erfolg. Im Gegensatz zu den Schergen zwischendurch, da gilt viel zu oft einfach ausweichen, ausweichen, ausweichen, bis sich ein gutes Angriffsfenster bietet.
Nach einem höllisch schweren Start (diese verdammte Tastenbelegung) habe ich gelernt auszuweichen und Darksiders 3 sein Ding machen zu lassen. Nachdem ich mich darauf eingelassen habe, habe ich eine halbwegs originelle Story in einem brauchbaren Action-Korsett bekommen. In gut 12-15 Stunden ist man mit der Story durch, ein New Game Plus gibt es (noch) nicht.
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Alle Bilder (c): Gunfire Games, Screenshots
Der Grafiker und Art Direktor (Helden der Freizeit, Styria Verlag) aus Wien ist ein absoluter Game- und Film-Kenner. Das zeigt das in seinen Tests und Bestenlisten.