Die X-Men verabschieden sich. In ihrem letzten Abenteuer unter dem Studio 20th Century Fox lässt Regisseur und Drehbuchautor Simon Kinberg zum zweiten Mal die Macht Dark Phoenix auf die Mutanten los. Und abermals ist die Geschichte nur dürftig umgesetzt. Ein mittelmäßiger Film, aber ein unwürdiges Finale der X-Men-Saga. Unsere Review.
7. Juni 2019: Als der erste X-Men Film im Jahr 2000 in die Kinos kam, änderte er alles. Comic Verfilmungen waren mit Ausnahme von frühen Batman- und Superman-Inkarnationen billig gemacht und nicht sonderlich erfolgreich. Doch dann kamen Bryan Singer und Fox daher und zeigten, dass Superhelden nicht campy sein müssen, sondern durchaus ernste Themen ansprechen können.
Doch während die Marvel und Warner Bros diese Entwicklung perfektionierten, begann die „Fox-Men“ Reihe sich über die Jahre festzufahren, bot Film um Film nur mehr wenig neues. Der traurige Höhepunkt ist nun diese letzte Umsetzung vor der Disney Übernahme. Eine Enttäuschung für alle, die die Reihe seit Jahren verfolgt haben. Warum, berichten wir euch rechtzeitig zum Kinostart in Österreich in unserer Kritik:
Darum geht’s: Nach jahrelangen Anstrengungen scheint es endlich Hoffnung für die X-Men zu geben. Die Menschheit hat sich an die Idee der Mutanten gewöhnt, verehrt sie geradezu als Superhelden, die ihnen immer wieder aus der Patsche helfen. Der direkte Draht, den Professor X (James McAvoy) ins Weiße Haus hat, wird auch eines Tages beansprucht, als ein Space Shuttle im Weltall manövrierunfähig wird. Die X-Men, angeführt von der widerwilligen Mystique (Jennifer Lawrence), brechen zu der riskanten Mission auf.
Im All muss das Team erkennen, dass diese Sonneneruption, die das Shuttle angeblich bedroht, doch etwas ganz anderes ist. Was immer sein Ursprung, es bemächtigt sich Jean Greys (Sophie Turner) Körper, woraufhin die junge Mutantin nie da gewesene Kräfte entwickelt. Gleichzeitig beginnen frühe Kindheitstrauma in ihrem Kopf aufzubrechen, was ihre Kräfte irrational ausbrechen lässt. Die restlichen Mutanten beginnen sich in „Rettet Jean“ und „Tötet Jean“ Lager aufzuteilen, und dann ist da noch die mysteriöse Gruppierung rund um Vuk (Jessica Chastain), die die Phönix-Macht ebenfalls in ihre Finger bekommen wollen.
Gleich vorweg, der Film ist nicht so schlecht wie es im Pressespiegel den Anschein hat. Wer seine Erwartungen über die Jahre heruntergeschraubt hat, wird von der neuesten Kinberg-Ausgeburt nicht sonderlich enttäuscht sein, da er diese Geschichte schon seit 13 Jahren so wiederholt. Als Regie-Neuling liefert er auch in der Inszenierung eine passable Leistung. Der Film schaut streckenweise gut aus und schürt mit seinen Set Pieces alte Erinnerungen. Doch das alles hilft nichts, weil die Story einfach banal und uninteressant ist und diese seit zwei Jahrzehnte laufende Saga so unspektakulär abschließt.
Ungleich des MCU bekommt Dark Phoenix die Rechnung präsentiert, dass seine Figuren in den letzten Jahren weder interessant noch einfühlsam gestaltet wurden. Für Zuschauer gibt es schon vor Beginn wenige Gründe, warum man diesen Helden erneut einen Besuch abstatten sollte und der Film liefert über seine zwei Stunden Laufzeit auch wenige. Hier rächt sich das Durchrasen der letzten Filme durch Charakterentwicklungen, das Einführen und konstante Wegschmeißen neuer Figuren. Wenn man vergleicht, wie sehr der Tod von MCU-Charakteren im Avengers-Finale die Leute berührte, ist dem Zuschauer das Schicksal der Figuren hier herzlich egal.
Doch das ist nicht das einzige Problem. Kinberg schafft es nach X-Men: Last Stand abermals nicht, eine der interessantesten Comicbuch Storylines würdig auf die Leinwand zu bringen. Turners Interpretation von Jean Greys Kampf mit sich selbst, channelt eher eine übernatürliche Sansa Stark (Verzweiflung, Weinen und dann über andere triumphieren) als einen innerlich zerrissenen allmächtigen Mutanten. Kinberg wirft auch immer wieder halbherzige feministische Ansagen in die Handlung, ohne sie sinnvoll durchzuziehen. Jean muss sich gegen ein Heer von Männern behaupten, alle wollen ihr ihre Kräfte wegnehmen. Doch letztendlich argumentiert der Film, dass einige von ihnen, Professor X voran, in manchen Punkten gar nicht so unrecht haben. Eine unrunde Angelegenheit.
Doch Jean ist nicht allein, auch die anderen Handlungsbögen treten auf der Stelle. Hier bekommt niemand einen ausgefeilten Abschluss. Charaktere wie Storm (Alexandra Shipp) werden zu Hintergrundfiguren degradiert, Mystiques Schicksal ist ein Witz für eine so vielschichtige, mächtige Figur und Quicksilver (Evan Peters) fehlt sogar im kompletten dritten Akt (da dieser nachträglich geändert wurde, ist anzunehmen, dass er nicht für die exzessiven Reshoots zur Verfügung stand). Chastain und ihre Lakaien bleiben als außerirdische Bedrohung unspektakulär blass. Es scheint als würde sie nur existieren, um alt hergebrachte Klischee-Bedrohungen in Richtung X-Men auszustoßen.
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Letztendlich ist es einfach zu schwer, wirklich eine Geschichte auszumachen oder Sinn in Jean Greys Zerrissenheit zu finden. Kinberg wirft die Figuren aufs Spielbrett und rüttelt es in der Hoffnung, dass sich hier von selbst was tut. Tut es aber nicht. Eine Produktion, die schon im Dreh jahrelang problematisch war, was sich leider auch im Film zeigt. Man kann nur auf eine würdigere Wiederkehr im Marvel Universum hoffen.
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Fotos: © Twentieth Century Fox
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.