Die Danubiana, das Danubiana Meulensteen Kunstmuseum, 15 km südlich des Zentrums von Bratislava ist das MoMA der slowakischen Hauptstadt. Sensationell inmitten eines riesigen Donau-Stausees in der Vierländerregion des Alpen-Karpaten-Korridors gelegen, verbinden sich hier Kunst und Natur zu einem einzigartigen Gesamterlebnis. Eines, das ein breites Publikum anspricht. Für eine der populärsten Touristikplattformen ist die Danubiana sogar die Nummer 1 der Freizeitaktivitäten von Wiens Zwillingsstadt. Doch selbst Museumsquartier- und Belvedere 21-Aficionados haben die nahe Toplocation zeitgenössischer Kunst noch auf ihrer still to visit-Liste.
Ich verrate dir in Teil 8 meiner Serie Grenzgänger, bei der wir die Schätze gleich hinter der Grenze vorstellen, wie du einen Danubiana-Besuch zum unvergesslichen Erlebnis machst. Selbstverständlich wieder mit kulinarischen Empfehlungen, Insider-Tipps, weiteren Ausflugsideen in der Nähe und einer praktischen Karte zur Orientierung. Sowie mit diesem kurzen Video auf Instagram oder TikTok, mit dem du dir einen erstklassigen ersten Eindruck verschaffen kannst.
von Martin Kienzl
Die Entstehungsgeschichte der Danubiana wäre die ideale Story für ein Buch über das Zusammenwachsen Europas nach 1989. Wie der Doppelname des Kunstmuseums, Danubiana Meulensteen, verrät, beherbergt es Meisterwerke der Sammlung des niederländischen Industriellen und Kunstmäzens Gerard Meulensteen.
Doch wie kommt ein Holländer dazu, in der Slowakei ein bedeutendes Museum mitzugründen? In den 1990er Jahren bat der slowakische Galerist Vincent Polakovič den kunstaffinen Industriellen um finanzielle Unterstützung. Vincent Polakovič sammelte zu dem Zeitpunkt Nachbildungen seines niederländischen Namensvetters Vincent van Gogh. Als Polakovič in Meulensteens Eindhovener Büro kam, sah er dort zu seiner Überraschung Arbeiten seines ältesten Freundes, des slowakischen Malers Peter Pollág, an der Wand. Eine weitere slowakisch-holländische Verbindung: Meulensteen war gerade dabei, mit seiner Firma in das Karpatenland zu expandieren und suchte außerdem einen Ort, um seine Sammlung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Zu viel der glücklichen Fügung – daraus musste etwas entstehen. Und so wurde die Idee geboren, statt Polakovičs kleines Museum in der mittelslowakischen Zips auszubauen, ein großes Museum für zeitgenössische Kunst in der Slowakei zu gründen. Bald war auch der ideale Ort im Dreiländereck Slowakei, Österreich, Ungarn gefunden. Direkt an der Donau, dem früheren Limes des römischen Imperiums.
Ein unverwechselbarer Standort auf einem langgestreckten Damm des Staubeckens und Wehrs Samdorf (Čunovo). Eine schmale Landzunge, die in den Donau-Stausee von Gabčíkovo-Nagymaros, mit 46 km2 so groß wie der Attersee, hineinragt. Viele werden sich noch an den jahrelangen Rechtsstreit zwischen der damaligen Tschechoslowakei und Ungarn in den 1990er Jahren erinnern. In Österreich beherrschte das Thema lange die Schlagzeilen. Ursprünglich sollte der Stausee 60 km2 groß werden. Doch Ungarn stieg aus dem bilateralen Vertrag aus.
Architekt Peter Žalman errichtete auf der schlanken Halbinsel einen eleganten, Dynamik ausstrahlenden Museumsbau in Ellipsenform, der 2000 eröffnet wurde. Inspirationsquelle für die Architektur des Gebäudes: die Galeeren, die die Römer hier von 9 bis 433 zur Bewachung ihrer Außengrenze, des Limes, mit Rudern bewegten. An der Uferpromenade kannst du eine Nachbildung eines römischen Patrouillenboots, einer Danuvina Alacri, sehen.
Die Erkundung des Baus, der 2014 erweitert wurde, ist ein räumliches Erlebnis der Sonderklasse. Zum Teil überlagern sich die Ebenen. Und die Räume sind weit angelegt und lichtdurchflutet. Kleine wie enorm große Glasfenster bieten Ausblicke ins Freie. So wird die majestätisch ausgebreitete Donau in wechselnden Sichtachsen in das Raumerlebnis einbezogen. Du solltest auch unbedingt auf das Dach gehen. Die Aussicht auf die Karpaten und die Donau ist beeindruckend.
Die Danubiana zeigt in ihrer Dauerausstellung Meisterwerke der Sammlung Meulensteen und Arbeiten aus der Slowakei und Osteuropa. Sämtliche Werke werden immer wieder ausgetauscht. Du kannst unbeschwert von Vorwissen die Bilder und Plastiken auf dich wirken lassen und in ihren Kosmos eintauchen.
Wenn du dich etwas vorinformieren möchtest, habe ich hier für dich einige der bedeutendsten Künstler der Danubiana aufgelistet. Klick dich einfach durch die Links, die dem Namen unterlegt sind.
Aus der Sammlung Meulensteen erwarten dich: Große Formate abstrakter Kunst von Sam Francis, Figuren-Bilder von Karel Appel, Minimalistisches von Joan Miró, Farbenfrohes von Walasse Ting, Surrealistisches von Lucebert, Idealistisches von Constant, Ölgemälde von Ad Snijders, Japanisch beeinflusste Bilder von Pierre Alechinsky, der 2018 den Eisernen Vorhang der Wiener Staatsoper bespielte.
Der österreichischen Nachkriegs-Moderne ist ein eigener Bereich gewidmet. Dort findest du Arbeiten von Hermann Nitsch, Markus Prachensky, Gunter Damisch, Hannes Mlenek oder Josef Mikl. Für Wechselausstellungen der Danubiana waren neben den genannten noch Christian Ludwig Attersee, Xenia Hausner und Wolfgang Hollegah Gäste der Danubiana.
Was den Besuch für österreichische Besucher spannend macht, ist die Gelegenheit, Gegenwartskunst der Slowakei und Osteuropas kennenzulernen.
Da findest du aus der Slowakei eine verstörende Installation von Viktor Frešo, Experimentelles von Svetozár Ilavský, Ironisch Angehauchtes von Vladimír Popovič, originelle Bildfantasien von Rudolf Sikora, Auseinandersetzungen mit Gustav Klimt von Rudolf Fila, morbid Wirkendes von Jozef Jankovič, Abstraktes von Miroslav Cipár, menschliches Leid thematisierende Arbeiten von Vincent Hložník.
Halb zur slowakischen Sammlung gehört Andy Warhol, der in den 1960er Jahren zum ersten Popstar der Künstlerszene wurde. Seine Eltern waren Angehörige der ukrainischen Minderheit in der Ostslowakei, die in die USA immigrierten. Ursprünglich hieß die Familie Varhola. In Warhols elterlicher Heimat in Medzilaborce gibt es seit 1991 das Andy-Warhol-Museum.
Außerhalb der Slowakei entstanden die episch großen Bildwelten von Kiro Urdin aus Mazedonien, Abstraktes von Ilona Keserü aus Ungarn, Bild-Installations-Kombinationen von Milos Sobaïc aus Serbien, Sexuell Konotiertes von Jiří Načeradský aus Tschechien.
Die Uferpromenade und das begehbare Flachdach sind ein unschlagbares Atout der Danubiana. Der weite Horizont der pannonischen Ebene, die helle Donau, Vogelschwärme und lange Baumreihen an den Ufern schaffen die perfekte Kulisse für moderne Plastiken renommierter Künstler. Was du hier nicht alles bestaunen kannst! Wie die monumentalen Skulpturen von Hans van de Bovenkamp (siehe Foto rechts)
Aber auch faszinierend knapp stilisierte Metallplastiken von Rein Dool, filigrane Figuren von Svetozár Ilavský (wie dieser Golfspieler, Foto links), die farbenfrohen Smiling faces des Belgiers Bilio Nic, bewusst Irritation auslösende Arbeiten von Jozef Jankovič, auf dem Danubiana-Flachdach eine Seegras-Installation der Pragerin Xenia Hoffmeisterová, Hermes und Dionysos des französischen Objektkünstlers Arman und vieles mehr.
Zwischendurch und nach dem Museumsbesuch lockt dich das Museumscafé, das Art Café, zur Einkehr. Fein und erstklassig wie alles hier. Wo du auch sitzt, innen an der Glasfront oder draußen auf der Terrasse, kommt Meeresfeeling auf. Und wenn der Zufall es will, wird dieses Gefühl durch einen vorbeiziehenden Lastkahn oder ein Kreuzfahrtschiff, Richtung Passau oder Schwarzes Meer unterwegs, verstärkt.
Berühmte Persönlichkeiten, darunter gekrönte Häupter wie Beatrix der Niederlande, Juan Carlo von Spanien oder Sonja von Norwegen haben die Danubiana bereits besucht. Vielleicht bis du der nächste. Von Wien aus hast du es längst nicht so weit wie die genannten.
Die Danubiana ist ein Museum für alle Sinne. Das Paradies für Fans Moderner Kunst hat für jeden etwas zu bieten. Die Kombination aus moderner Architektur, Malerei und Skulptur inmitten einer gigantischen Wasserfläche ist einzigartig. Eine Location, die dich zu jeder Jahreszeit faszinieren wird und in der du viele anregende Stunden verbringen kannst.
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Mehr InformationenEinreise: Personalausweis (oder Pass) mitnehmen.
Slowakische Währung: Euro
Öffnungszeiten der Danubiana: siehe hier (Achtung: das Museum ist montags immer geschlossen!):
Kleinkinder: im gesamten Areal befestigte Gehwege, die auch für Kinderwägen geeignet sind.
Beste Zeit für deinen Ausflug: Ein österreichischer Feiertag, der nicht mit einem slowakischen zusammenfällt – z. B. Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Nationalfeiertag.
Du nimmst das Rad von Wien Hauptbahnhof mit der Bahn bis zum Bahnhof Preßburg-Engerau (Stanica Bratislava- Petržalka) mit. Dann fährst du auf der rechten Donauseite etwa 17 km bis zur Danubiana. Mit der Radfähre Yachter setzt du in zehn Minuten von Sarndorf (Čunovo) nach Gutern (Hamuliakovo) über. Und fährst auf der linken Donauseite zurück. Die Strecke führt Großteils durch Auwald und Wiesen.
Preßburg (Bratislava): Die Danubiana liegt noch im Preßburger Stadtgebiet. Du kannst einen Danubiana-Besuch daher perfekt mit einem Besuch der slowakischen Donaumetropole verbinden.
Tipps für Freunde Moderner Kunst in der slowakischen Hauptstadt:
Burgruine Devín (Theben an der Donau): ein Besuch der Danubiana ließe sich mit einem Besuch von Devín, mit dem Auto über die Autobahn D4 in einer halben Stunde erreichbar, verbinden. Die Burgruine Devín haben wir dir in dem Guide Burgruine Devín: Wo Donau und March spektakulär zusammenfliessen ausführlich vorgestellt.
Neusiedler See (Fertő tó, Neziderské jezero): Der westlichste Steppensee Eurasiens, UNESCO-Welterbe, als Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel / Fertő-Hanság Nemzeti Park unter strengem Schutz, liegt in unmittelbarer Nähe. Wenn der See zugefroren ist, kann man dort herrlich Eislaufen, wie wir dir in unserem Beitrag Eislaufen am Neusiedler See beschrieben haben und sonst fast zu jeder Jahreszeit Kitesurfen oder am See paddeln.
Römische Ausgrabungen gibt es hier, am strategisch wichtigen Schnittpunkt von Donaulimes und Bernsteinstraße, jede Menge. Wie die Römerstadt Carnuntum und das Museum Carnuntinum . Mehr in unserem Freilichtmuseum-Guide . Ein ehemaliges Römisches Militärlager ist im Freilichtmuseum Antikes Gerulata (Antická Gerulata) in Karlburg (Rusovce), 10 km von der Danubiana entfernt, zu besichtigen.
Die Danubiana liegt am westlichen Eingang zu einer ausgedehnten Wasser- und Inselwelt. Einschließlich der größten Flussinsel Europas, der Großen Schüttinsel. Sie kannst du, auch als Anfänger und mit Familie, mit einem Paddelboot erforschen. Die sanft dahin fließende Kleine Donau (Malý Dunaj), an beiden Ufern wie ein Dschungel bewaldet, ist ein Paradies für Kajak, Kanu & Co. mit unzähligen Verleihfirmen – Links am Ende des Beitrags.
Wenn du von der Danubiana auf die Donau blickst, so bist du vielleicht je nach Wetterlage zwischen Begeisterung und leichtem Schauder über die Weite und die hochaufragenden Bäume, die bei Schlechtwetter bedrohlich wanken, hin- und hergerissen.
So erging es den Menschen schon immer. Nicht von ungefähr nahm der Horrorhistoriker Robert S. Hadji 1983 eine in dieser Gegend spielende Story in seine Liste The 13 Most Terrifying Horror Stories auf: The Willows (Die Weiden) von Algernon Blackwood, 1907 geschrieben. Eine Oper, die auf dem Stoff basiert, kam 2018 an der Wiener Staatsoper zur Uraufführung.
Bei der Danubiana zweigen zwei Nebenarme der Donau ab. Jeder der zwei Arme vereint sich mit dem Hauptstrom erst wieder nach 120 Kilometern. So umschließen sie jeweils eine Insel mit Auwald, Wiesen und Feuchtgebieten.
Vom rechten Ufer zweigt die Moson-Donau (Mosoni Duna) ab, schwenkt nach Süden in die ungarische Tiefebene, führt durch die Großstadt Raab (Győr) und vereinigt sich danach wieder mit der großen Donau. Dadurch entstand die ungarische Kleine Schüttinsel (Szigetköz). Ein Wasserlabyrinth, das mehr als 500 kleine Inseln bildet.
Vom linken Ufer zweigt die Kleine Donau (Malý Dunaj) ab, schwenkt nach Norden in das slowakische Donautiefland, vereinigt sich bei Kolárovo mit der Waag (Váh), die bei Komorn (Komárno) in die Donau mündet. Dadurch wird die slowakische Große Schüttinsel (Žitný ostrov) geformt. Mit über 1.800 km2 ist sie viereinhalbmal so groß wie Wien.
Die deutsch auch kurz Schütt genannte Insel ist für ihre romantischen Wassermühlen aus Holz bekannt. An der österreichischen Donau kennst du vielleicht die ähnliche Schiffmühle Orth an der Donau. Auf der Schütt sind die Wasserradmühlen von Jelka und Tomášikovo / Tallós von der Danubiana in jeweils weniger als einer Stunde erreichbar. Auch hier werden Bootsfahrten, Von Mühle zu Mühle, angeboten.
Die romanische Kirche des Heiligen Kreuzes in Gutern (Hamuliakovo) ist einer der bedeutendsten Sakralbauten der Großen Schütt, und kann von der Danubiana mit der Radfähre bequem erreicht werden.
1: Pálava – Tschechiens Zauberberge
2: Oberes Záhorie – eine Wüste im Marchfeld
3: Teschen – die geteilte Stadt
4: Böhmisch Kanada – Grenz-geniale Ausflüge
5: Burgruine Devín – wo Donau und March spektakulär zusammenfließen
6: Zlín – Magie einer utopischen Stadt
7: Brünn – wo Weihnachten daham is
Alle Foto: (c) heldenderfreizeit.com
Der erfahrene Kulturjournalist (ehemals Bühne, Wien exklusiv, Stil Ikonen usw.) berichtet bei den Helden der Freizeit über Ausflugsziele rund um Wien, Ausstellungen und vieles mehr.