Crackdown 3 versucht vergeblich, ein veraltertes Spielemodell ins Jahr 2019 zu hieven. Dabei bleibt es den Gamern nicht nur so manch versprochene Spielmechanik, sondern auch eine vernünftige Story schuldig.
von Sophie Neu, 18. 2. 2019
Quack Quack, Motherducker! Agent Jaxon und seine hippen Sprüche sind mit Crackdown 3 im spieleintensiven Februar endlich auf Xbox One und PC aufgeschlagen. Aber irgendwie bleibt der lautstarke Aufprall aus. Wieder und wieder haben die Entwickler Sumo Digital seit Ankündigung des Spiels 2014 den Release nach hinten verschoben. Dabei ist das Third-Person-Action-Adventure leider ein Paradebeispiel dafür, dass am Ende nicht immer alles gut wird. Sondern eher unterdurchschnittlich.
Warum Crackdown 3 für die Helden der Freizeit eher eine lahme Ente ist:
Wie schon in den Vorgängerteilen Crackdown 1 und Crackdown 2 ist die Story eher nebensächlich. Und so wird sie auch im Spiel behandelt. Als Commander der Agency ist es unsere Aufgabe, die Stadt New Providence aus den Händen der korrupten und weltzerstörenden Kapitalisten-Bösewichte-Bande Terra Nova zu befreien. Die hat zwar schon den Großteil der Welt zerstört und diese Stadt als ihren Hauptwohnsitz auserkoren und aufgebaut. Aber das hält unseren Helden nicht davon ab, die letzte funktionierende Stadt der Welt, in der alle Überlebenden Zuflucht gefunden haben, auseinanderzunehmen. Denn es geht schließlich um Gerechtigkeit.
Detaillierte Comic-Sequenzen sollen den Spielern dieses dünne Gerüst von Geschichte näherbringen. Doch die Szenen sind spärlich gesät und können die Handlung nicht tragen.
Dabei dürfen Gamer sich aussuchen, in welche der insgesamt 21 Agenten sie schlüpfen wollen (von denen Anfangs nur einige freigeschaltet sind), um die Stadt aus den Fängen des Bösen zu retten. Allen anderen Agenten voran empfehlenswert: Comander Jaxon, der im Englischen vom Schauspieler Terry Crews (Brooklyn Nine-Nine) vertont wird. Netter Bonus: Man kann die ganze Kampagne mit einem Freund im Coop als Agenten-Zweiergespann absolvieren.
Hauptaufgabe des Agenten ist es, möglichst viele gegnerische Basen vom Einfluss der bösen Terra Nova-Anhänger zu befreien um deren Bosse zu schwächen. Dieses Spielprinzip ist altbekannt aus vielen anderen Games wie Just Cause oder Far Cry 5. In Far Cry 5 ist das allerdings nur eine Nebenmission von vielen, hier macht es neunzig Prozent des Gameplays aus. Natürlich gibt es unterschiedliche Basen, mit verschiedenen Gegnern und Gameplay-Elementen. Doch nach der fünften oder sechsten Basisübernahme ohne Entwicklung in der Hauptstory setzt Ermüdung ein. Da kann der gesteuerte Agent noch so flotte Sprüche bringen.
Überhaupt wird man nach der Tutorial-Phase in die Open World der Stadt New Providence ausgespuckt und wandert erst mal ziellos umher. Die erste Basis ist eingenommen, aber was kommt jetzt? Leitet das Spiel einen zur nächsten Basis? Wurde ein Hinweis überhört? Nein. Nichts. Keine weitere Anleitung, der Spieler wird sich in New Providence komplett selbst überlassen.
Leider ist die Stadt nicht so spannend wie erhofft. Wenn man mit einem der vielen verfügbaren Fahrzeuge durch New Providence fährt, kann man erahnen, wo die Entwickler hinwollten. Die Schwebebahnen und futuristischen Hochhäuser sind aus der Ferne beeindruckend. Vor allem wenn sie bei Nacht in Neonfarben erstrahlen. Aber von Nahem wirkt die Stadt leer und nicht zeitgemäß für ein Videospiel im Jahr 2019. An vielen Plätzen herrscht gähnende Leere. Details sind die Ausnahme. Gehwege enden abrupt im Gras. Die NPCs, die eigentlich New Providence beleben sollten, verhalten sich unnatürlich.
Und auch die KI der Gegner ist sehr träge. Die meisten Feinde bleiben still an ihrem Spawnpunkt stehen. Weder folgen sie dem Agenten, noch versuchen sie ihn zu flankieren. Stattdessen wird bei Crackdown 3 auf schiere Gegner-Masse gesetzt. Welle um Welle landen immer neue Söldner, Roboter und Drohnen im Gefecht. Interessanterweise hat das Spiel während der Kämpfe eine Art Wanted-Level. Je mehr Chaos verursacht wird, desto schwerere Geschütze fährt Terra Nova auf. Das macht die ansonsten recht einfachen Kämpfe herausfordernder und spannender.
Aber gerade Bosskämpfe erfordern kein strategisches Vorgehen. Die Challenge entsteht erst durch das Spawnen unzähliger kleinerer Gegner. Sie spawnen unendlich nach, bis der Boss besiegt ist. Insgesamt sind diese Kämpfe aber nett und farbenfroh inszeniert. Auch die riesigen Kampfroboter, in denen sich die Terra Nova-Bösewichte verschanzen, sind toll designt.
Crackdown 3 kann vor allem bei der Waffenauswahl glänzen. Natürlich gibt es die Klassiker wie Shotgun oder Maschinengewehr. Aber auch kreative Neuschöpfungen wie Chemiekeulen-Waffen oder Panzerabwehrwaffen sorgen für explosiven Schießspaß. Und der kommt dank der Menge an Gegnern nicht zu kurz. Aber wirklich zielen muss man nicht. Denn dank Auto-lock-on visiert der Agent die Gegner automatisch an. Perfekt für eine entspannte Feierabend-Zockerrunde.
Schuldig bleibt Crackdown 3 seinen Spielern die Mapzerstörungs-Mechanik, die 2015 bei Veröffentlichung des ersten Trailers auf der E3 angekündigt wurde. Wurde damals behauptet, man könnte alle Gebäude von New Providence mit den eigenen Waffen in die Luft jagen, ist davon jetzt im Singleplayermodus nichts mehr zu sehen.
Für zusätzlichen Spielspaß sorgen die Bewegungsfähigkeiten des Charakters. Mit Jetpackschüben und schwindelerregend hohen Sprüngen macht das Agentendasein in Crackdown 3 richtig Laune. Von Gegner zu Gegner zischend und sie nacheinander mit der Shotgun erledigend, vergisst man schnell die vielen Defizite.
Insgesamt steigern erst Schnelligkeit und Agilität des Agenten den Erlebniswert des Spiels. Um besser zu werden, gilt es möglichst viele Agility-Orbs einzusammeln. Die hängen meist an schwer zu erreichenden Stellen der Map. Wie etwa über tiefen Häuserschluchten oder an der Spitze von Antennenmasten.
Vor allem die Parkour-Abschnitte, die es unter anderem vor den Bosskämpfen zu bewältigen gilt, machen unglaublich Spaß. Von Plattform zu Plattform wird gehüpft, dann muss in unglaublicher Höhe über einen Abgrund zum nächsten Gebäude gesprungen und der Jetpackschub richtig getimet werden. Da kann man auch mal darüber hinwegsehen, dass das Mapdesign insgesamt etwas fragwürdig ist.
Crackdown 3 hätte schon vor Jahren erscheinen sollen. Seine Mechaniken und Welt wirken veraltert, obwohl es gerade erst veröffentlicht wurde. Man merkt ihm an, dass sein Entwicklerteam Probleme hatte. Die begriffsstutzigen KI-Gegner tragen das ihre dazu bei. Trotzdem hat es mit seinen Bewegungsfähigkeiten einiges an Spielspaß zu bieten.
Als entspannendes Actionspiel im Solo- oder im Coop-Modus bereitet es Vergnügen, Terra Novas Basen in die Luft zu jagen oder mit Jetpack ausgerüstet durch die Stadt zu düsen. Dann ist man ohnehin so schnell unterwegs, dass die kahlen Stellen der Map nicht ins Auge springen. Da es ab Release im Xbox-Gamepass ist, lohnt es sich durchaus, reinzuschauen. Zum Vollpreis ist es jedoch weniger empfehlenswert.
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Bilder: (c) Microsoft Studios
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.