Gleich zu Jahresbeginn beschert uns Netflix Cobra Kai Staffel 3. Der Karate-Kid-Nostalgie-Trip geht in die nächste Runde und bedient sich diesmal inhaltlich beim zweiten Film. Warum die Serie ein paar Folgen braucht bis sie uns wieder mit ihrem bewährten Erfolgskonzept begeistern kann.
von Christoph Geretschlaeger
1. Jänner 2021: Nach dem erschütternden Cliffhanger am Ende der zweiten Staffel war die Zukunft aller Protagonisten ungewiss. Sicher ist, dass Cobra Kai auf Netflix (ursprünglich auf YouTube Red erschienen) einen gewaltigen Hype ausgelöst hat. Wir sind dem Phänomen mit unserer Story „10 Gründe, warum die Karate-Kid-Serie so ein Hit ist“ auf den Grund gegangen. Die dritte Staffel, die bereits am Neujahrstag gestartet ist, hat nun erstmals Netflix produziert. Und wir haben sie bereits komplett für euch gesichtet.
Schnell zeigt sich: Auch die Fortsetzung bedient sich wieder in vielen Punkten der Erfolgsformel, zum Beispiel der liebevollen Behandlung und Einbindung des Vorgängers aus den 80ern oder Johnnys Wandlung vom Arschloch zum Sympathieträger. Ob es immer noch so unterhaltsam ist, Daniel-San, Johnny und den Dojo-Kids bei der Selbstfindung zuzuschauen, lest ihr in unserer ausführlichen Cobra Kai Staffel 3 Kritik.
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Alles andere als rosig sind die Aussichten für unsere Karate-Kinder und -Erwachsenen. Miguel liegt nach seinem Sturz im Koma. Johnny hat das Dojo an seinen einstigen Mentor Kreese verloren. Daniels Autohaus droht der Verkauf und die Fronten zwischen Cobra Kai und Miyagi-Do sind komplett verhärtet.
Während Johnny bei Alkohol und Prügel Trost sucht, hat Daniels Dojo vielleicht sein berufliches Vermächtnis torpediert. Doch nur gemeinsam können sie Johnnys Sohn Robbie finden. Der ist, nachdem er Miguel übers Geländer geschubst hat, wie vom Erdboden verschluckt.
Daniels Tochter Sam ist vom Kampf gegen Tory noch immer traumatisiert. Die Spuren auf ihrem Arm eine bleibende Erinnerung an die brutale Auseinandersetzung. In der Schule steht der tägliche Konflikt mit Cobra Kai auf dem Stundenplan. Die „Bösen“ werden von Sensei Kreese mit der Aussicht auf drakonische Strafen militärisch gedrillt und geben die schlechte Behandlung direkt an Miyagi-Do weiter.
Um die geradezu comichaften Bösewichte zu humanisieren, bekommen wir in der dritten Staffel Einblick in die Vergangenheit und Gegenwart der Schwarz-Gelben. Tory muss ihre Familie mit mehreren Jobs durchfüttern und die Avancen ihres Vermieters abwehren. Bei Kreese gibt uns die Serie Einblicke in seine Vietnam-Zeit. Ihr Verhalten ist jedoch so abstoßend, dass sich Mitgefühl nicht so recht einstellen will.
Leider ist das Teenie-Drama in der Schule kaum mitanzusehen: Überzeichnete Figuren, völlig beliebige Gehässigkeiten und viel zu einfache Motivationen. Von zerstörten Physik-Arbeiten über umgeschmissene Mittagessen bis hin zu aufgemalten Geschlechtsteilen.
Viel besser einfangen kann die Serie die Emotionen und das Verhalten der Erwachsenen. Johnnys Kampf mit Miguels Rekonvaleszenz ist dafür ein gutes Beispiel. Zuerst sehr unbeholfen und mit sehr fragwürdigen Methoden, findet er einen Weg, der wieder einmal zeigt: 80er-Jahre Musik ist die beste Medizin.
Daniels Weg führt ihn in der dritten Staffel nach Japan, um in Tokio bei seinem Autolieferanten eine letzte Chance zu erwirken. Im Anschluss an die Gespräche reist er weiter nach Okinawa, in die Heimat seines Senseis Mr. Miyagi. Nach einer Reizüberflutung mit allen gängigen Klischees trifft Daniel-San auf ein paar alte Bekannte. Wer Karate Kid II gesehen hat (streamt übrigens auch auf Netflix), kann sich schon denken, wer uns erwartet. Auch Johnny trifft nach einigen lichten Augenblicken jemanden aus seiner Vergangenheit, emotional jedoch zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Diese Szenen sind wirklich großartig inszeniert, mit der richtigen Reverenz dem Film gegenüber.
Damit in der Staffel auch irgendwann wieder gekämpft wird, rekrutiert Kreese mehr Schüler für Cobra Kai, sehr zum Leidwesen von Hawk, der mit den Neuen eine Rechnung offen hat. Die Kampfszenen sind wieder auf gewohnt hohem Niveau, könnten jedoch öfters eingestreut werden.
Und schließlich soll sogar das All-Valley-Turnier abgesagt werden, können sich die Dojos für einen gemeinsamen Zweck zusammenraufen?
Gerade die ersten Folgen sind recht zäh, der Stoff schwer verdaulich und sogar der Humor fehlt. Seit dem Wechsel zur Netflix-Produktion sind die einzelnen Episoden 5 bis 10 Minuten länger. Das merkt man ihnen an und nimmt den Folgen eine gewisse Spritzigkeit. Auch das Teenie-Drama ist furchtbar geschrieben und geschauspielert.
Wer darüber hinwegsehen kann, wird mit emotionalen (und gelegentlich zuckersüßen) Momenten zwischen den Erwachsenen belohnt. Gegen Ende der dritten Staffel nimmt Cobra Kai wieder richtig Fahrt auf. Es wird gekämpft, es besinnt sich seiner alten Stärken. Sogar Witz und Charme kommen zurück.
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Bilder: ©Netflix
*alles Songtitel von Journey
Der Grafiker und Art Direktor (Helden der Freizeit, Styria Verlag) aus Wien ist ein absoluter Game- und Film-Kenner. Das zeigt das in seinen Tests und Bestenlisten.