Winnie Puuh und seine Freunde feiern mit Christopher Robin ihr Realfilm-Debüt und lassen Kindheitserinnerungen wieder aufleben. Warum man die CGI-Versionen unserer Kindheitshelden sofort ins Herz schließt, erfahrt ihr in unserem Review.
von Klarissa Gruber
15. August 2018: Dieser Bär hat schon einiges erlebt. Bereits 1966 bekam Winnie Puuh seinen ersten animierten Kurzfilm Winnie Puuh und der Honigbaum, basierend auf den beliebten Geschichten von Autor A. A. Milne. Seitdem folgten viele weitere Kurz- und Langfilme. Unter der Regie von Marc Forster (Wenn Träume fliegen lernen) und dem Drehbuch von Alex Ross Perry (Golden Exits) schafft Disney nun einen Realfilm mit alt bekanntem Humor, schönen Lebensweisheiten und vor allem Herz.
Morgen (16.8.) kommt er in die deutschsprachigen Lichtspieltheater. Wir durften ihn vorab sichten und verraten euch heute schon in unserer Kritik, für wen sich ein Kinobesuch lohnt:
30 Jahre sind vergangen, seit Christopher Robin (Ewan McGregor) gemeinsam mit Puuh und seinen Freunden aus dem Hundertmorgenwald gespielt und gelacht hat. Eine schwere Zeit, in der ihm Verlust und Trauer, Krieg aber auch das Glück durch Frau und Kind widerfahren ist. Doch als Erwachsener trägt man viel Verantwortung und so bleibt ihm kaum Zeit für sich und seine Liebsten. Die Firma, die Reisekoffer verkauft, ordert eine Krisensitzung an. Er muss die Produktionskosten um 20 Prozent senken, sonst droht die Kündigung vieler Kollegen. So fällt das geplante Familienwochenende erneut ins Wasser und seine Frau Evelyn (Hayley Atwell) und Tochter Madeline (Bronte Carmichael) fahren enttäuscht und allein ins Ferienhaus am Land.
Als ob Christopher nicht schon genug um die Ohren hätte, trifft er aus heiterem Himmel seinen Kindheitsfreund Winnie Puuh auf einer Parkbank mitten in London, der ihn trotz der vergangenen Jahre sofort wiedererkennt. Puuh freut sich sehr über das Wiedersehen, was man von Christopher nicht behaupten kann. Kurz davor sich selbst für verrückt zu erklären, bittet Puuh ihn um Hilfe. Denn: Seine Freunde sind im Hundertmorgenwald verschwunden. Widerwillig fährt Christopher mit ihm zum alten Anwesen, um Puuh bei der Suche zu helfen. Im Hundertmorgenwald angekommen, ist alles farblos und wie ausgestorben. Was ist mit dem Hundertmorgenwald passiert? Wo sind Puuhs Freunde hin? Wird Christopher noch rechtzeitig eine Lösung für Arbeit und Familie finden?
Disney kreiert eine wundervolle Realverfilmung, die einem zeigt, was im Leben wichtig ist und dass das Glück oft in den kleinen Dingen steckt. Bereits die Einführung, die nur ein paar Minuten lang ist, erzählt in Buchform über die einzelnen „Kapitel“ von Christopher Robins Leben. Jeder Abschnitt bekommt ein eigenes Cover und einen Titel, mit kurzen Szenen, wodurch seine erwachsene Version von ihm als Zuseher noch vertrauter wirkt.
Ewan McGregor ist die perfekt Wahl für diesen Charakter. Hayley Atwell als seine Frau und die Tochter Bronte Carmichael passen ebenfalls gut in ihre Rollen und supporten den Cast in bester Weise. Ein gelungenes Schmankerl ist auch das Auftreten von Mark Gatiss (Giles Winslow), vielen bekannt als Mycroft in der Serie Sherlock. Die CGI-Versionen von Winnie Puuh und Co. sind anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, doch durch das gut gewählte Drehbuch und die vertrauten Dialoge erkennt man sofort die altbewährten Charakterzüge.
Ebenfalls gut ins Bild passt der wunderschöne Soundtrack, gespielt von einem breit gefächerten Orchester. Gerade die Anfangsszenen mit dem Buch und Christophers Lebensentwicklung werden damit besonders schön unterstrichen. Ebenso die teilweise sehr nostalgischen und melancholischen Stellen, sodass man die Emotionen viel leichter aufnehmen und nachempfinden kann (gerade die traurigen Szenen überwiegen durch Klavier- und Geigenmusik). Wirklich gelungen.
Die Aussagen von Winnie Puuh mögen auf den ersten Blick etwas kindlich erscheinen. Er trifft damit aber genau das, was man als Erwachsener oft vergisst oder verlernt. Meist reichen schon kleine Dinge wie ein Luftballon, um jemanden eine Freude zu bereiten. Der Film ist gespickt mit Zitaten und Weisheiten, die in dieser Erzählform teils im Kontrast zueinander verwendet werden. Dieser Aspekt hat mir besonders gut gefallen, da hier sehr schön die Weltanschauung als Kind jener als Erwachsener gegenübergestellt wird.
Mit seinem einzigartigen Humor und grenzgenialen Dialogen (besonders I-Aah sorgt mit seinem schwermütigen Charme für köstliche Unterhaltung ) ist der Streifen zwar amüsant, aber alles andere als “nur” ein Kinderfilm. Es ist nicht alles heile Welt und manche Dialoge zwischen Christopher und Puuh können einem fast das Herz brechen. Oft vergisst man, wer man war, setzt falsche Prioritäten oder verdrängt das innere Kind aus seinem Herzen. Der Film wird fast durchgehend von dieser drückenden Stimmung begleitet. „Nichts ist unmöglich“ aber von nichts kommt auch nichts. Das Wort „nichts“ kann in so vielen verschiedenen Arten und Formen verwendet werden und trägt so viel Botschaft in diesem Film.
Christopher Robin hat uns positiv überrascht. Nachdem man sich an die CGI-Versionen von Winnie Puuh und Co. gewöhnt hat, kann man sich voll und ganz auf die Story einlassen. Die verschiedenen Geschichtsstränge fließen sehr schön ineinander und bieten mehr, als man anfangs vermuten lässt. Bekannte Elemente wie der Tigger-Song oder die charakteristischen Sprechweisen der einzelnen Figuren sind sehr authentisch und nostalgisch. Die Zielgruppe ist keinesfalls nur auf kleine Kinder begrenzt. Auch Erwachsene und Langzeit-Fans des Honig liebenden Bären können sich in Christopher wiedererkennen und mit dem Film ihre Freude haben. Er steckt voller wertvoller Botschaften, die man am Ende für sich mitnehmen kann.
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Alle Fotos: © Walt Disney 2018
Die Web-, Manga- und Social Media Expertin zeigt ihre Expertise in Filmreviews, berichtet aber auch von anderen Freizeit-Erlebnissen.