Brünn, Wiens nördliche Nachbar-Großstadt, ist Europas Weihnachtshauptstadt 2024. Eine Auszeichnung, die eine Stadt wegen ihrer weihnachtlichen Atmosphäre und Tradition erhält. Und weil sie sich um Werte wie Toleranz und Nächstenliebe, für die dieses Fest steht, verdient gemacht hat. Wir haben schnell mal rübergeschaut und euch einen romantischen Spaziergang von Weihnachtsmarkt zu Weihnachtsmarkt zusammengestellt – mit ganz vielen Tipps und Karte, was ihr da anschauen und kosten müsst. Natürlich darf neben dem Punsch auch gutes tschechisches Bier nicht fehlen. Dazu kannst du dir hier auf Instagram und hier auf TikTok ein Video von unserem Trip anschauen.
von Martin Kienzl und Christoph König
Einfacher geht ein weihnachtlicher Bahnausflug ins Ausland kaum. Du steigst beim Wiener Hauptbahnhof ein und nach nur eineinhalb Stunden beim Hauptbahnhof in Brünn (hlavní nádraží) wieder aus – und stehst direkt vor der Altstadt! Ab jetzt heißt es bequem Zu-Fuß-Gehen.
Du wendest dich nach links und spazierst über den Bahnhofplatz (Nádražní) in die Masarykstraße (Masaryková). Vorsicht, wie in Graz und Linz, fährt in der Mitte dieser Hauptstraße und Fußgängerzone die Straßenbahn, die hier etwas ganz Besonderes ist – mehr zu ihr später. Am besten du biegst gleich wieder links zum Kapuzinerplatz (Kapucínské náměstí) ab, gehst weiter zum Krautmarkt (Zelný trh) und tauchst damit in das weihnachtliche Treiben ein.
Hier findest du viele lokale Einzelhändler, die den Charme und die Einzigartigkeit der Brünner Weihnachtsmärkte ausmachen. Besonders beeindruckend ist der Stand, der traditionellen Trdelník anbietet. Woher dieser Baumkuchen stammt, haben wir in unserem Beitrag über das Obere Záhorie erzählt. Gleich vier Frauen sind damit beschäftigt, Trdelník für Trdelník vorzubereiten und bedächtig immer näher zur Holzkohlenflamme zur nächsten wandern zu lassen. Ehe er nahe an der Glut landet, um dann in einem Zuckergemisch getaucht zum Essen gereicht zu werden. Schmeckt unglaublich gut. Apropos Flamme, ungarisch Lángos: die auch bei uns beliebten Fladen gleichen Namens gibt es ebenfalls. Sie werden hier besonders gern mit Knoblauch, Käse und (Gourmets, bitte Ohren zuhalten!) Ketchup gegessen.
Neben einem großen Christbaum mit Krippe ist der Parnass-Brunnen des Wiener Barockfantasten Fischer von Erlach seit jeher Mittelpunkt des Krautmarkts. In der Adventzeit wird der künstliche Felsenbogen zur Projektionsfläche für farbige Lichtprojektionen. Ist es am Nachmittag noch eher ruhig, geht es nach Einbruch der Dunkelheit mit einer Band und Livemusik so richtig rund. Die Auswahl an alkoholischen Getränken ist noch auffallend größer als in Wien.
Wir empfehlen dir, an der Nordseite des Krautmarkts zur modernen kleinen Markthalle (Tržnice Brno) zu gehen. Im Mint Market gibt es coole kleine Standerl vor allem mit Kleidung und eine Aussichtsterrasse, die man hier gar nicht vermuten würde und auf die man kostenlos kommt. Gleich dahinter liegt der versteckte, stylische Markt im Alten Rathaus (Stará radnice) mit einem sympathischen Angebot. Es gibt gutes Design, südmährischen Wein, den gewürzten Apfelwein Turbomošt, Biere aus Brünns ersten Stadtbrauhaus, der Brauerei Poupě oder Süßes vom Café Zeman. Dessen Innenarchitektur im nahe gelegenen Stammhaus großteils übrigens noch aus 1937 stammt.
Highlight ist der Rathausturm. Von oben hast du eine wunderbare Aussicht (siehe unser Aufmacherfoto), die an klaren Tagen bis zu den Pollauer Bergen reicht, die wir für dich schon in Teil 1 der Serie Grenzgänger erkundet haben. Bei Dunkelheit bezaubert der Blick auf die weihnachtliche Atmosphäre, die 90 Tscheschichen Kronen (umgerechnet knapp 4 Euro) sind es auf jeden Fall Wert. Im Turmdurchgang hängt der bekannte Brünner Drache (Brněnský drak), in Wahrheit ein ausgestopftes Krokodil. Witzig: In der Weihnachtszeit erfährt der Brünner Drache mit einem leuchtenden Weihnachtspulli und einer Lichtinstallation, die simuliert, dass er Feuer speit, ein zeitgemäßes Upgrade.
Wir empfehlen dir, über das obere Ende des Krautmarkts, an der Dreifaltigkeitssäule (Sloup Nejsvětější Trojice) vorbei, zum Petersberg hinaufzugehen. Vor dem Dom St. Peter und Paul (katedrála sv. Petra a Pavla) biegst du nach links ab, um die Kathedrale quasi weit zu umrunden. Du kommst auf den Franzensberg, die Denis-Gärten (Denisovy sady) und zum Obelisken. Von hier hast du eine gute Aussicht auf einen Teil der Brünner Ringstraße, die Husova, und zum Spielberg (Špilberk) mit der gleichnamigen Burg. Wenn du dich zu einem Aufstieg entschließt, so wirst du oben mit poetischen weihnachtlichen Lichtinstallationen belohnt. Über Šilingerplatz (Šilingrovo náměstí) und Dominikanergasse (Dominikánská ) kommst du zum Dominikanerplatz (Dominikánské náměstí ) – dem zweiten Advent-Hotspot.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Google Maps. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenWeihnachtliches Herzstück des Platzes, der von der Michaelerkirche dominiert wird, ist eine Krippe mit hundert lebensgroßen Figuren, die aus Holz geschnitzt sind. Es lohnt sich, durch die Einfahrt des Neuen Rathauses (Nová radnice), vor dem die Krippe steht, zu gehen. Der malerische Innenhof mit seiner Renaissance-Treppe ist mit einem hübschen Christbaum geschmückt.
Dem Wiener Christkindlmarkt am Rathausplatz ähnlich ist der Weihnachtsmarkt am Freiheitsplatz (Náměstí Svobody, kurz Svobodák). Hier, am Hauptplatz Brünns, pulsiert das urbane Leben, gibt es viele Essstände und eine große Bühne, auf der laufend Konzerte stattfinden. Neben dem großen Weihnachtsbaum steht eine öffentliche Sammelbox. Der karitative Gedanke von Weihnachten wird hier groß geschrieben. Einer der Gründe, warum Brünn von einer internationalen Jury zur Weihnachtshauptstadt Europas gekürt wurde.
Geschmackssache ist die Brünner Uhr (Brněnský orloj), eine sechs Meter hohe Granitsäulen in Patronenform und ein für Weihnachten aufgestelltes riesiges, ovales Gebilde, das ein Ei des Brünner Drachens darstellen soll.
Wir empfehlen dir, dich vom Trubel in eine der umliegenden Gasthaus-Brauereien zurückzuziehen. Einige davon gibt es gleich in der Nähe. Wie Beim Caipl (U Caipla), Stopkova oder das Stehbeisl Jakubak (Výčep Na stojáka Jakubak) am Jakobsplatz (Jakubské náměstí). Wir waren bei weit moderateren Preisen als an den für Brünner Verhältnisse teuren Marktständen im zünftigen Bierlokal Beim Mamlas (U Mamlasů) im Mamlassen-Haus, wo das Gezapfte besonders frisch und mit viel Schaumkrone serviert wird. Fun Fact: Der Name ist hier selbstverständlich kein Zeichen für eine stärkere Konzentration von Mamlassen. Mamlas ist im Tschechischen wie im Wienerischen eine – nicht nett gemeinte Bezeichnung – für jemanden, der sich lasch verhält.
Vom Freihheitsplatz biegst du in die Rašínova-Straße. Unterwegs Richtung Mährischer Platz (Moravské náměstí) lohnt sich ein Blick in die eindrucksvolle gotische Hallenkirche St. Jakob (sv. Jakuba).
Besonders freundlich wirkt der Markt auf dem Vorplatz der Thomaskirche, U Jošta (Beim Jobst). Kinder tollen auf einem riesigen Strohspielplatz und unter dem Reiterstandbild von Jošt, dem Luxemburger Jobst von Mähren, lässt es sich an verregneten oder verschneiten Tagen perfekt mit einem Punsch unterstellen. Dass das Denkmal erst vor zehn Jahren aufgestellt wurde, sieht man den ungewöhnlich langen Pferdebeinen an. Praktischerweise sind die Mehrwegbecher für die Heißgetränke an allen Weihnachtsmärkten im Einsatz. So kannst du mit Punsch in der Hand von einem zum nächsten schlendern und ihn irgendwann bei einem der vielen Pfand-Rückgabestände wieder abgeben.
Weiter gerade aus siehst du dann schon den Mährischen Platz, eine kürzlich sanierte Parkanlage, auf dem ein 33 Meter hohes Riesenrad aufgestellt ist. Ein bisschen enttäuschend ist für uns der Mini-Eislaufplatz davor, der für eine Eishockeynation einen sehr mickrigen Eindruck macht. Gut, dass wir die Eislaufschuhe nicht extra mitgeschleppt haben.
Freudiges Aha-Erlebnis eines weihnachtlichen Brünn-Spaziergangs ist hingegen die putzige Weihnachts-Straßenbahn (Vánoční tramvaj). Was dem Wiener seine Bim, ist dem Brünner seine šalina bzw. šmirgl. Ein Gefährt, das aus Liebe einen Spitznamen trägt, gehört zu Weihnachten festlich geschmückt – meinen die Brünner. Außen mit Lichtergirlanden und innen mit Holzkamin, Reisig und Weihnachtsdeko. Alle wichtigen Infos für eine Fahrt mit der Vánoční tramvaj findest du unten.
Falls du jetzt Lust bekommen hast, nach Brünn zu fahren, so wünschen wir Dir Šťastnou cestu! – Gute Fahrt! – und allen natürlich Veselé vánoce! – Frohe Weihnachten!
Die Brünner Weihnachtsmärkte sind von 22. November bis 23. Dezember 2024 geöffnet. Nähere Hinweise dazu auf der offiziellen Website Brünner Weihnachten (Brněnské Vánoce)
Erreichbarkeit:
Mit der Bahn ÖBB/Tschechische Bahn) bist du in knapp 90 Minuten von Wien in Brünn.
Mit dem Auto, nahezu durchgehend Autobahn (A5), musst du mit etwa eindreiviertel Stunden Fahrzeit rechnen. Eine tschechische Autobahnvignette erhältst du hier
In unserer Serie Grenzgänger stellen wir dir weitere geniale Ausflüge nahe der österreichischen Grenze vor. Und natürlich haben wir auch ganz viele heimische Christkindlmärkte getestet:
Teil 1 bis 6 unserer Serie Grenzgänger
Die 10 besten Wiener Christkindlmärkte im Test
Alle Fotos: (c) heldenderfreizeit.com
Der erfahrene Kulturjournalist (ehemals Bühne, Wien exklusiv, Stil Ikonen usw.) berichtet bei den Helden der Freizeit über Ausflugsziele rund um Wien, Ausstellungen und vieles mehr.