Bruce Springsteen und seine E Street Band begeistern nicht umsonst seit 50 Jahren die Musikfans. Auch im Wiener Happel-Stadion lieferten sie ein musikalisches Nonstop-Feuerwerk, das aber ganz ohne Pyro und anderen Show-Schnickschnack auskam.
von Christoph König
Wenn der Boss nach Wien kommt, ist das Ernst-Happel-Stadion schnell ausverkauft. Das war auch diesmal nicht anders. Einer der wohl erfolgreichsten amerikanischen Rockmusiker braucht dafür keine besondere Bühnenshow oder Pyrotechnik – der 73-Jährige schafft es auch in hohem Alter noch alleine mit seinem 3-stündigen Musikspektakel zu begeistern.
Im Gegensatz zu vielen anderen Konzerten, bei denen zwischen dem Einlasszeitpunkt und dem Auftritt des Mainacts (mit einigen Support-Bands davor) Stunden vergehen – sorgte “der Boss” kurz vor 19 Uhr für zum Bersten gefüllte UBahnwaggons und viel Hektik bei den Eingängen ins Stadion. Denn: Er startete seinen Auftritt pünktlich um 19 Uhr und spielte dafür praktisch ohne Unterbrechung durch. “One! Two! Three! Four!” – während ein Lied noch lief, startete er mit dieser Ansage schon das nächste.
Noch mehr Topkonzerte, Musiklegenden und mehr findest du übrigens hier in unserem Hörer-Bereich. Zum Beispiel die Gigs von Bilderbuch, Von Goisern, Simply Red und Co. auf der Burg Clam – alle Infos hier in unserem Vorbericht. Außerdem hier unsere Vorschau auf Bonnie Tyler in der Stadthalle!
Seit fast 50 Jahren ist der Amerikaner aus dem Musik-Business nicht mehr wegzudenken. Mit 21 Studio-, 9 Live-Alben, ca. 350 Eigenkompositionen und mehr als 90 Millionen verkauften Tonträgern allein in den USA hören die Superlativen des Künstlers noch nicht auf. Er darf sich außerdem Oscar- und Tony-Award-Gewinner nennen und obendrauf gab’s noch 20 Grammy-Auszeichnungen. All das wäre aber natürlich nichts, wenn er nicht bereits Generationen mit seiner Musik begeistern konnte.
Schon als Kind fand er das ihm vorgelebte und später viel besungene Arbeiterleben als bedrückend und er fühlte sich in der Gesellschaft, in der er aufwuchs, oft alleine – was auch an seinem frustrierten Vater lag, von dem er sich früh distanzierte. Mit 10 Jahren bekam er seine erste Gitarre und im Teenager-Alter entdeckte er im Rock’n’Roll die Freiheit, die ihm fehlte. Seine musikalische Karriere startete er in zahlreichen Bands und nach ca. einem Jahrzehnt Erfahrung sammeln, gelang ihm 1975 mit Born to Run der Durchbruch. Im selben Jahr gab er sein erstes Europa-Konzert in London. Der Rest ist Musik-Geschichte.
Springsteens Live-Konzerte sind mindestens genauso beliebt, wie seine Songs. Er folgt nicht stur einem Ablauf, sondern wechselt täglich die Liederfolge und passt die Setlist gerne mal an die Länder an, in denen er spielt. So auch in Wien! Mit seiner E Street Band, tourt er mit ein paar Ausnahmen seit über 50 Jahren durch die Welt. Wobei von der Ursprungsbesetzung Bassist Gary Tallent und seit 1975 Gitarrist Steven Van Zandt noch immer dabei sind.
Die Ausdauer aller Beteiligter wird dabei ordentlich strapaziert. Springsteen ist für die Dauer seiner Konzerte berüchtigt. Paul McCartney meinte einmal scherzhaft, dass Bruce Springsteen daran schuld sei, dass den Fans keine 30 Minuten Konzerte mehr genügen. Springsteens Wien-Konzert 2012 dauerte 3 Stunden und 41 Minuten! Ein Rekord für Österreich. Auch diesmal wurden 3 Stunden ohne viele Verschnaufpausen sein. Wie gigantisch das Repertoire von “The Boss” ist, beweist der Umstand, dass viele seiner besten Songs siehe unsere Springsteen Top-10 in der Setlist gar nicht vorkammen.
Die Helden der Freizeit hatten ein paar Spione beim Konzert in Zürich. Sie berichten: “Für sein Alter ein hammermäßiges Konzert. Er kommt auf die Bühne, kein Vorgeplänkel und gibt sofort Vollgas. 3 Stunden lang ohne viele Pausen oder Blabla dazwischen. Immer wieder ist er der Menge ganz nah, die feiert ihn mit 3 Generationen im Publikum.” Das Alter merke man ihm nur bei manchen Bewegungen an: “Die Stimme und Stimmung sind ganz groß. Die Bühnenshow ist reduziert mit etwas Licht und Einblendungen auf dem Videoscreen. Es geht ums Wesentliche.”
Auch in Wien war das nicht anders. Selbst als Springsteen bei instrumentalen Parts mal Pause hatte, nützte er die Zeit und ging immer wieder zu den Fans hinunter. Verteilte an sie eine Unmenge an Plektren, aber auch Mundharmonikas usw. So zahlte sich die teuren Front of Stage 1 Karten für manchen besonders aus. Von Buben und Mädchen bis zu betagten Langzeitanhängern – alle zeigten sich textsicher und begeistert. Spaßige Ansage vom Boss gabs auch – als er an Fans vorbeiging, die seinen Namen schrien, meinte er: “Don’t Bruce me, when I’m walking!”
Diese Songs spielte Springsteen in Wien. Ein emotionaler Höhepunkt war Last Man Standing, bei dem Springsteen an seine alten Bandfreunde dachte, die er alle überlebt hatte. Seine Ansprache und auch einige Textsongs wurden live mit deutschen Untertiteln am LED Screen übersetzt.
No Surrender
Ghosts
Prove It All Night
Letter to you
The Promised Land
Out in the Street
Darlington Country
Working on the Highway
Kitty’s Back
Nightshift
Mary’s Place
The River
Last Man Standing
Backstreets
Because the Night
She’s the One
Wrecking Ball
The Rising
Badlands
Thunder Road
Born to Run
Bobby Jean
Glory Days
Dancing in the Dark
Tenth Avenue Freeze-Out
I’ll See You in My Dreams
Aufmacherfoto: (c) Rob DeMartin
Lust auf noch eine Konzertkritik? So haben wir Blond im Flex erlebt
Miriam Usenik schreibt seit 2017 für die Helden der Freizeit über Events, Ausflugsziele und das monatliche Netflix-Programm. Für ihre Serie "Miriams Ausflugstipps" produziert sie tollen Social Media Content.