Der Tod von Chadwick Boseman hinterlässt eine Lücke, die der Film anscheinend mit zu viel Handlung und zu viel Action stopfen will. Wie sehr das den Kinogenuss trübt? Unsere Black Panther 2 Kritik.
von Susanne Gottlieb
9. November 2022: 2018 hieß einer der größten Hits auf der Leinwand Black Panther (für uns auch einer der Top10-Marvel-Filme) und machte seinen Star Chadwick Boseman zu einem international gefeierten Star. Im August 2020 verstarb der Darsteller überraschend an Krebs und hinterließ nicht nur eine trauerende Familie und Fangemeinde, sondern auch Disney mit der Frage, wie es nun mit seiner Figur weitergehen soll. Sollte man Black Panther in die Pension schicken? Neu besetzen? Oder den Tod in der Geschichte verarbeiten. Disney entschied sich für letzteres. Regisseur Ryan Coogler schrieb sein Skript um, machte daraus eine Hommage an die Figur, sowie eine Auseinandersetzung mit Trauer.
Die Ambition, hier möglichst viele Themen zu verarbeiten (Trauerarbeit, Imperialismus und Familienbande) hat aus Black Panther: Wakanda Forever aber einen überstopften Film mit zu langer Laufzeit gemacht. Durchaus rührend mit emotionalen Momenten, überwiegt dann leider doch das Karacho. Da ist der auch erst vor kurzem erschienene The Woman King (hier unser Review) das deutlich kurzweiligere Vergnügen udn als Familientipp auch der neue Disney-Animationsfilm Strange World mehr zu empfehlen (siehe unser Review). Was wir an Black Panther 2 gut oder weniger gut finden und um was es genau geht, liest du hier:
Gerade noch hat T’Challa, der Black Panther, Wakanda vor seinem Cousin Killmonger und die Welt mit den Avengers vor Thanos gerettet und gleichzeitig die fortgeschrittene Technologie des afrikanischen Staates offenbart, da erliegt er auch schon einer fast stinknormalen, tödlichen (ungenannten) Krankheit. Wakanda ist im Schock. Der Westen, unter anderem Frankreich oder die USA, wittern ihre Chance endlich an Vibranium zu kommen. Doch sie haben ihre Rechnung ohne die königliche Familie gemacht. Königin Ramonda (Angela Bassett) und Prinzessin Shuri (Letitia Wright) wissen sich gegen diese unterlegenen Feinden zu wehren.
Doch dann kommt einer daher, der ihnen gewachsen ist und Tacheles reden will. Namor (Tenoch Huerta), König des Königreichs Taloka, einer Unterwasserzivilisation, die von den Mayas abstammt. Seit T’Challa die wahre Existenz seines Landes offen gelegt hat, suchen die anderen Staaten unentwegt nach Vibranium in anderen Orten. So sind sie auf Taloka gestoßen. Denn wie sich herausstellt, Wakanda ist nicht der einzige Ort auf der Welt, der Zugang zu diesem Metall hat. Namor will, dass die Wakander ihm den Bauer der Maschine bringen, die Vibranium orten kann.
Doch Ramonda und Shuri ist bald klar, dass Namor sich nicht nur mit einem Wissenschaftler allein zufrieden geben wird, um sein Reich zu beschützen. Und dann ist da auch noch der Verlust T’Challas, dem sie sich noch nicht vollends gestellt haben. Doch um sich und Wakanda zu retten, reicht es nicht, sich nur auf sein Erbe zu berufen. Sie müssen ihren eigenen Weg finden, um ihr Land und die Leute zu retten.
Als Ryan Coogler Black Panther aufnahm, wollte er etwas gesellschaftskritischer als die meisten anderen MCU-Streifen sein und schuf einen Film, der sich vor allem mit afro-amerikanischen Themen auseinandersetze. Diskriminierung, Aneignung und Exploitation wurden aufgegriffen. Markantestes Beispiel dafür ist die Szene mit Killmonger über Raubgut im Museum oder die Frage, ob Wakanda ein sicherer Hafen für diesen hätte sein sollen, oder ihn wie die weiße Mehrheitsgesellschaft in den USA ausgeschlossen hatte. Wakanda Forever will nun in eine ähnliche Kerbe schlagen und bringt abermals Imperialismus und koloniale Verhaltensmuster auf den Tisch. Die Parallelen zwischen Wakanda und Talokan sind eindeutig. Beides Reiche, die von außen durch gierige Mächte bedroht werden, die an ihre Ressourcen wollen. Die für ihre Traditionen und ihr Kultur kämpfen müssen.
Wenn sich Coogler auf diese Botschaft konzentriert hätte, hätte wahrscheinlich auch ein wirklich guter Film dabei rausgeschaut. Nun ist es aber so, dass gerade die Momente, die er für die Trauerarbeit für T’Challa aufbewahrt, die Handlung immer wieder aus ihrem Tempo reißen und die 161 Minuten Laufzeit noch schmerzlicher spürbar machen. Dabei ist es auch besonders fragwürdig, das die stets so rationale Shuri nicht im Rahmen ihrer Liebe für die Wissenschaft ihren Verlust aufarbeiten kann, sondern sich erst auf klischeebehafteten afrikanischen Mystizismus einlassen muss, um dorthin zu kommen.
Jene Momente, die nicht eurozentristischer Gesellschaftskritik oder Trauer gewidmet sind, sind dagegen vollgestopft mit großer Action und CGI. Während Black Panther ein ruhiger, kleiner Film mit der gelegentlichen großen Konfrontation war, ist Wakanda Forever ein zu groß geratener Film mit zu wenig Liebe für den Kern der Geschichte. Das ist schade. Denn gerade die Welt von Namor wurde mit viel Liebe umgesetzt und birgt faszinierende Einblicke in frühe mesoamerikanische Kulturen. Auch stiehlt Huerta die Show. War der erste Black Panther ein Meilenstein für die afro-amerikanische Film- und Medienpräsenz, so könnte Black Panther 2 ein erster Schritt in Richtung mehr indigene Präsenz auf der Leinwand jenseits des Arthouse Kinos sein.
Doch die Einwohner von Talokan bleiben weitgehend blass ohne tiefere Funktion, außer dem Wunsch nach Rache. Was man Coogler aber zugute halten kann, ist die Beiläufigkeit, mit der hier Frauen die Geschäfte in Wakanda übernehmen. Neben Ramonda und Shuri sind da noch die wiederkehrende Okoye (Danai Gurira), Nakia (Lupita Nyong’o), Ayo (Florence Kasumba) oder die neu dazugestoßene Aneka (Michaela Cole). Allein Winston Dukes M’Baku hat noch etwas zu melden. Doch im Gegensatz zu vorangegangenen Marvel-Filmen nimmt Coogler dieses Setup nicht zum Anstoß, sich selbst stolz auf die Schulter zu klopfen. Es ist selbstverständlich. Hätte er dieses Feingefühl doch auch auf den Rest des Films umlegen können.
Black Panther: Wakanda Forever bietet noch immer große Popcorn-Unterhaltung, kann aber nicht an die Tiefe seines Vorgängers anschließen. Mit zu vielen Elementen und zu viel Laufzeit ist er über lange Strecken eher ein anstrengendes als ein eindrucksvolles Unterfangen.
Mehr können wir euch aktuell The Menu ans Herz legen – lest hier in unserer Kritik, was diese Satire auf die Foodie-Schickeria so sehenswert macht.
In unserem Seher-Bereich findest du weitere Reviews und Vorschauen auf Kino- und Streaminghighlights:
Die besten Kinostarts im November
Strange World – fantastischer Disney Animationsfilm
The Woman King – So gut ist der einfühlsame Actionritt
Die 10 besten Marvel-Filme im Ranking
The Crown Staffel 5 – Kritik
Enola Holmes 2 – Review
Aufmacherfoto: (c) Walt Disney
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.