Nach 13 Jahren geht es zurück nach Pandora. Das ferne Naturparadies aus der Schmiede von James Cameron begeistert mit seinem umwerfenden Bildrausch, auch wenn es inhaltlich wenig Neues bietet. Unsere Kritik zu Avatar The Way of Water.
von Susanne Gottlieb
14. 12. 2022: Ein neuer Avatar? Nicht unbedingt jeder hatte auf eine Fortsetzung des Welterfolgs von James Cameron gewartet. Avatar – Aufbruch nach Pandora hatte sich 2009 zwar zum erfolgreichsten Film aller Zeiten gemausert, und auch bahnbrechende Neuerungen im Kreieren digitaler 3D-Welten geschaffen. Trotzdem schien der Film nicht wirklich ein nachwirkendes kulturelles Erbe zu haben. Man sprach über ihn, aber er wurde keine popkulturelle Präsenz wie etwa das MCU oder Star Wars.
Doch dass sich vor dem zweiten Films so viel Hype bilden konnte zeigt, dass Avatar das kollektive Gedächtnis nie ganz verlassen hat. Auch ist es James Camerons erste Regiearbeit seit Teil 1. Fünf Filme sollen es insgesamt werden, ein ambitioniertes Projekt, eine umfangreiche Saga. Heute startet der zweite Teil, The Way of Water, in den Kinos. Kann er was? Aber durchaus. Wir verraten euch in unserer Avatar 2 Review, warum ihr den Film nicht verpassen solltet.
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Nachdem er die Na’vi (die blauen, katzenartigen Ureinwohner des Planeten Pandora) gegen die sie ausbeutende Menschheit zum Sieg geführt hat, lebt Jake Sully (Sam Worthington) nun, dauerhaft mit seinem Avatar-Körper verbunden, als einer von ihnen auf dem Planeten. Er hat Häuptlingstochter Neytiri (Zoe Saldaña) geheiratet und gemeinsam haben sie drei eigene Kinder: Neteyam (Jamie Flatters), Lo’ak (Britain Dalton) und Tuk (Trinity Jo-Li Bliss), sowie Adoptivtochter Kiri (Sigourney Weaver). Das Leben beim Regenwaldstamm der Omatikaya ist friedlich und erfüllend, bis sich eines Tages düstere Vorzeichen am Himmel abbilden.
Nach der Niederlage der Menschheit rund um Colonel Miles Quaritch (Stephen Lang) im letzten Teil kehren die “Sky People” zurück nach Pandora. Diesmal geht es aber nicht um eine neue Mine und die Ressource Unobtainium, sondern um den Planeten selbst. Die Erde stirbt und die Menschheit sucht eine neue Heimat. Auf Pandora sollen Natur und Na’vi gezähmt werden. Jake führt die Na’vi erneut in den Krieg, doch diesmal ist es anders. Die Attacken, ausgeführt von einem Na’vi-Klon des verstorbenen Quaritch, richten sich gezielt gegen ihn und seine Familie. Jake sieht keine andere Wahl als mit seiner Familie den Regenwald zu verlassen und unterzutauchen. Die Reise führt sie ins Inselreich und zu den Riffen des Metkayina-Clans, wo Häuptling Tonowari (Cliff Curtis) und seine Frau Ronal (Kate Winslet) leben. Doch auch hier wird der Konflikt mit den Menschen sie früher oder später heimsuchen.
Man mag zum ersten Avatar stehen wie man will. Fakt ist, James Cameron hat (im Gegensatz zu anderen Unterhaltungs-Regisseuren) bis heute nicht verlernt, wie man unterhaltsames, spektakuläres Blockbusterkino macht. Avatar 2 ist großes Kino für die visuellen Sinne. Hier passt jeder Pixel, eröffnen sich Welten, die nicht überzeichnet oder schlecht animiert wirken, wie man das sonst so aus gegenwärtigen MCU oder sonstiger Massenware kennt. Der sowieso schon so zeitlose Look des ersten Teils wird hier naturgemäß noch übertroffen, bietet viele neue Texturen, Details, Farben, in denen man sich verlieren kann.
Statt den amerikanischen Ureinwohnern sind es diesmal die Völker Polynesiens, verstreut auf ihren tausenden Inseln und ihrer Verbundenheit zum Meer, die Pate für die Na’vi standen. Ungleich seines ersten Teils, der noch ein wenig dieses “exotische Andere” romantisierte, erzählt Cameron von deren Leben auch dankenswerterweise in einem unexploitativen Ton. Da Jake und seine Familie Teil dieser indigenen Welt sind, sind es keine Kuriositäten mehr, wie die Metkayina ihrem Alltag nachgehen. Vielmehr dürfen sich diesmal mit den Na’vi und den Menschen zwei ebenbürtig eingeführte Gegner gegenübertreten.
Wobei sich Cameron aber wiederholt ist die rudamentäre Handlung des Actionknallers. Nicht nur sind naturgemäß die Protagonisten die selben. Es ist auch wieder der selbe Antagonist. Wenn die Berichte stimmen, wird er es auch noch die nächsten paar Filme bleiben. Die “Pocahontas”-Geschichte vom einfallenden Fremden, der die Lebensweise der friedliebenden Naturvölker bedroht und sie unterwerfen will, bietet dahingehend wenig Neues. Neues Setting, alter Konflikt. Es wird Cameron für die Filme 3-5 wesentlich mehr einfallen müssen, als hier altbekannte inhaltliche Punkte neu durchzukauen.
Auch die Öko-Botschaft, die der erste Teil schon lange vor Fridays for Future ins Visier genommen hat, wird in Avatar 2 nochmal dringlicher transportiert. Nicht nur, dass der Film mit der Ankündigung eröffnet wird, dass die Erde stirbt. Auch nimmt sich Cameron erneut mitten im Film ausgiebig Zeit, um die Lebensweisen der Na’vi und ihre Naturverbundenheit in den Fokus zu rücken. Ein Plädoyer für eine Besinnung auf das Ursprüngliche, das Einfache. Aber, bei drei Stunden Laufzeit, macht das auch durchgehend Spaß.
Avatar: The Way of Water begeistert mit einer detailliert durchstrukturierten Wasserwelt, viel Emotion, kann sich aber nicht aus den inhaltlichen Schablonen seines Vorgängers schälen. Trotzdem eine klare Weihnachtskino-Empfehlung. Was noch alles läuft, lest ihr in unserem Kinoguide für Dezember.
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Aufmacherfoto: (c) Walt Disney
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.