Zwei suchen in Amsterdam den Tod und finden sich. Arthur & Claire bringt ein ernstes Thema mit viel Witz und Leichtigkeit ins Kino. Josef Hader und Hannah Hoekstra brillieren mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus, Humor und Feingefühl. Was das Drama so sehenswert macht und worum es geht, lest ihr in unserer Kritik.
Zwei traurige Figuren, die ausgerechnet im fröhlich, lebendigen Amsterdam sterben wollen. Ein von der Welt und ihren Bewohnern genervter, mürrischer alter Wiener und eine junge, impulsive Niederländerin. Keine Frage. Der Film Arthur & Claire lebt von seinen Gegensätzen.
Wird er beim Publikum ähnlich gut ankommen, wie die Wilde Maus? Die Helden der Freizeit haben sich selbst ein Bild gemacht – bei der Premiere von Arthur & Claire im Wiener Gartenbaukino. Der randgefüllte Saal zeigte sich vom schwarzhumorigen Drama, geht’s nach dem Applaus- und Gelächter-Pegel, bestens unterhalten. So sieht unser Urteil aus.
Der 50-jährige Arthur Schlesinger (Josef Hader) ist nach Amsterdam gekommen, um sich die Todesspritze verpassen zu lassen, bevor er an seinem Kehlkopfkrebs elendig erstickt. Wozu das Leid unnötig verlängern, wenn selbst seine Familie nichts mehr von ihm wissen will? Alles ist penibel geplant: Am Flughafen rein in den Miet-BMW, noch eine feine Henkersmahlzeit mit bestem Wein im Hotel genießen und am nächsten Tag gut ausgeschlafen entschlafen. Doch schon am Airport wird klar, dass auch der letzte Weg mit einigen Steinchen gepflastert ist. Da will ihm die Dame am Schalter einen Mercedes aufschwatzen, weil der gebuchte BMW nicht zur Verfügung steht. Und als der letzte Brief an den Sohn ohnehin schon schwer von der (Füllfeder-)Hand geht, stört laute Musik aus dem Nebenzimmer jeden vernünftigen Abschiedsgedanken.
Spätestens als er mitten in den Suizidversuch seiner Hotelnachbarin Claire (Hannah Hoekstra verkörpert auch die Heldin Aloy im Game-Hit Horizon Zero Dawn) platzt, ist klar, dass dieser Abend ganz anders verlaufen wird, als er sich das vorgestellt hat. Die beiden vom Leben Geschundenen erleben eine schlaflose Nacht in Amsterdam. In der sie sich immer wieder vor den Kopf stoßen – bevor sie sich wie an einen letzten Ast aneinander klammern. Arthur ist ein Pedant und Jammerer wie er im Buche steht – immer auf der Suche nach dem Haar in der Suppe. Und Claire ergreift auf ihre Probleme angesprochen immer gleich die Flucht. Doch über ihren Galgenhumor und einige Joints im Coffeeshop finden die zwei schließlich zueinander – oder doch nicht?
Der Film von Miguel Alexandre bringt ein schweres Thema leichtfüßig auf die Leinwand. Bei der Premiere verriet Hader, der am Drehbuch intensiv mitgewirkt hat, dass von der Erstfassung noch viel Text gestrichen wurde. Das tut dem Film gut. Denn die wirklich wichtigen Themen werden in wenigen Worten ausreichend behandelt. Der Schmäh, den beide Hauptdarsteller in ihrer tristen Lage an den Tag legen und mit dem sie sich als Holländerin und Österreicher aufziehen, trifft ins Schwarze.
Arthur & Claire weiß einen bis zum Schluss zu fesseln. Für Spannung sorgt einerseits die lange ungelöste Frage, was denn nun Claire in ihre Lebenskrise geritten hat. Andererseits fiebert man mit, ob Hader seinen Termin mit der Todesspritze spritzt. Hier der Film-Trailer:
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Schon wieder Josef Hader als tragische Männerfigur. Haben wir nicht langsam genug davon? Nach Arthur & Claire lautet die Antwort ganz klar: Nein! In einem der besten Hader-Filme glänzt nicht nur der Hauptdarsteller – die Rolle steht ihm etwas besser, als die des sich selbst bemitleidenden Journalisten in Wilde Maus. Vor allem Hannah Hoekstra überzeugt auf ganzer Linie. Gemeinsam läuft das ungleiche Duo zur Höchstform auf. Sie lieben, hassen, necken und stützen einander. Die Pointen sitzen. Amsterdam passt als bunter Schauplatz für diese schräge Nacht perfekt.
Alleine über die Nebendarsteller lässt sich nicht viel sagen, da bis auf Rainer Bock, der den sterbehelfenden Arzt gibt, eigentlich keiner wirklich vor- oder lange zu Wort kommt. Das macht aber nichts, denn Hader und Hoekstra stemmen die Geschichte, die auf einem Theaterstück von Stefan Vögel basiert, locker alleine. Und so vergehen die 100 Spielminuten wie im Flug. Absolute Helden-Empfehlung! (ak)
Welcher Film lohnt noch einen Kinobesuch? In unserem Seher-Bereich versorgen wir euch mit Storys und Kritiken über aktuelle Streifen.
Alle Fotos: ©Tivoli Film – Wolfgang Amslgruber
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.