Wienerisch wie es leibt und lebt: Andreas Rainer ist der Mann hinter dem Instagram-Erfolgsaccount @wieneralltagspoeten und bringt seine Follower:innen mit kurzen wienerischen Sprach-Schmankerln täglich zum Schmunzeln. Wie sein Instagram-Account Kult wurde. Unser Held des Monats.
von Verena Fink
15., Westbahnhof. Tourist: “Thank you very much” Verkäufer: “I sog danke.” Wiener Originale – im Alltag aufgeschnappt und in Posts verpackt. Angefangen hat alles 2017, seitdem betreibt Andreas ein Erfolgskonzept, das sich sehen und liken lassen kann: rund 167 Tausend Abonnent:innen verzeichnet der Wiener allein auf seinem Instagram-Account. Wir haben den erfolgreichen Alltagshelden getroffen und ihn gefragt, was er am Wienerischen so leiwand findet und warum ihn die U6 fasziniert. Unser Held des Monats im Interview.
Andreas Rainer: Ich wollte unbedingt mal Instagram ausprobieren. Dann habe ich mit dem Instagram Account begonnen und ein paar Tage später ist Facebook dazugekommen. Du startest halt mit 100 Followern, ich habe dann aber bald gemerkt, dass es den 100 Leuten taugt. Ungefähr nach dem 10ten Posting habe ich die erste Einsendung von einer Leserin bekommen – ein Zitat, das sie auf der Straße gehört hatte. Der erste Moment, bei dem ich mir dachte, das könnte irgendwie auch länger so funktionieren. Am Anfang hatte ich ja nur Sachen gepostet, die ich gehört hatte, aber die Zitate wären mir mit der Zeit ausgegangen. Inzwischen werden die Zitate zu 90 Prozent eingesandt.
Die Idee, Zitate aufzuschreiben und zu veröffentlichen, hatte ich schon ein paar Monate mit mir rumgetragen. Ich dachte damals, dass ich das für ein paar Wochen mach und dann wieder abbreche. Dann hats mir aber Spaß gemacht und vor allem krieg ich auch wahnsinnig viel positives Feedback von den Abonnenten. Seit einem oder eineinhalb Jahren kommt ein bisschen Geld rein. Ich habe jetzt zwei Bücher veröffentlicht und Merchandise gibt es auch. Davon leben kann ich aber nicht.
Ich bin als Texter, Journalist und Social-Media-Content-Ersteller unterwegs. Zum Beispiel arbeite ich für das Social Media Team der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Ich mache so alles, was im weiteren Umkreis mit Schreiben und Social Media zu tun hat.
Ich find, sie hat einen sehr schönen Rythmus. Der Wiener Dialekt verändert sich sehr stark, wir reden heute komplett anders als noch vor 50 Jahren. Viele sagen aber auch, der Wiener Dialekt stirbt überhaupt. Ich seh das nicht so extrem, er verändert sich halt. Der Dialekt ist sehr schön, er eignet sich gut für meine Arbeit als Wiener Alltagspoet. Diese Zitate, diese hingefetzten Einzeiler, wenn das ein Deutscher sagen würde, dann würd das glaub ich nicht funktionieren.
Ich habe ein Jahr lang im Holocaust-Center in Montreal als Zivildiener gearbeitet und dann noch zwei Jahre an zwei amerikanischen Unis Deutsch unterrichtet. Es gibt ja diesen Begriff des Kulturschocks – ich hatte auch einen, aber erst, wie ich wieder nach Wien zurück gekommen bin. Ich hab dann manche Sachen in Wien überhaupt nicht mehr gepackt, gerade diese Unfreundlichkeit. Dafür gibts auch Sachen, die mir wirklich abgegangen sind, das waren zum Beispiel die Kaffeehäuser. Das gibts in Amerika einfach nicht. Die Amerikaner sitzen nicht stundenlang bei einer Melange irgendwo, die kaufen sich was vom Starbucks und nehmen sichs dann mit oder sitzen eine halbe Stunde und gehen wieder. Aber dieses “im Kaffeehaus-Rumsitzen, den ganzen Tag verstreichen lassen, Zeitung lesen … das ist schon Wiener Feeling. Das habe ich hier wieder sehr genossen.
Die U6 hat ein paar eigenständige Merkmale. Zum einen ist es die einzige U-Bahn Linie in Wien, die den ersten Bezirk nicht berührt und sie fährt großteils oberirdisch. Außerdem hat sie ein wahnsinnig schlechtes Image, schon seit ich ein Kind war. Am Gürtel wohnen eher die Arbeiter und auch viele Leute mit Migrationshintergrund, das merkt man natürlich schon. Es ist lauter in der U-Bahn, das Publikum ist jünger und es ist immer was los. A bisserl abgefuckter, a bisserl lauter, a bisserl dreckiger. Die Wiener tun sich mit dem sehr schwer. Für sie ist halt die Ruhe und die Sauberkeit der heilige Grahl. Aber ich finds gut, dass das dann auch immer wieder aufgebrochen wird.
Das erste Buch war großteils eine Sammlung von Zitaten aus dem Instagram Account. Beim zweiten jetzt sind 17 Texte von mir drinnen. Deshalb ist es für mich ein persönliches und wichtiges Projekt. Eigentlich noch viel wichtiger als das erste Buch. Ich finde, dass die U6 einen schönen Querschnitt von Wien gibt und auch so ein bisschen einen Querschnitt durch mein Leben. Diese Geschichten sind alle entlang der U6 angesiedelt und ich hab versucht, die Stimmung von Wien in den letzten 10-15 Jahren einzufangen.
Das ist klischeehaft, weil ich tatsächlich so einer bin, der wahnsinnig gerne den ganzen Tag im Kaffeehaus sitzt. Und wenns wärmer ist, bin ich an der Donau. Sonst lese ich auch viel und das kulturelle Angebot habe ich auch sehr gerne. Auch diese Gürtellokale, die hab ich schon immer sehr lustig gefunden. Mit Corona hat sich das komplett aufgehört, aber jetzt fängts eh langsam wieder an.
In unserer Rubrik Held:innen des Monats interviewen wir einmal im Monat eine Person, die besonders Beeindruckendes in der Freizeit leistet. Hier findest du die Held:innen der vergangenen Monate:
Ice Freestyler Allstars: “Wir wollen morgen besser sein als heute.”
Andi Goldberger: “Jeder schreibt seine eigene Heldengeschichte!”
Sophie Tschannett von Muschikraft: “Der Erfolg kam unerwartet!”
Street Artist Rob Perez: “Jeder Charakter ist ein Teil meines Lebens.”
Felix Hnat: „Früher habe ich mich über Vegetarier:innen lustig gemacht“
Andreas Onea: “Der Unfall war für mich ein Segen!”
Perrine Schober von Shades Tours: “Ein Sprungbrett für Obdachlose”
Comedian David Stockenreitner: “Pessimismus lässt mich oft im Stich”
Ganna Gnedkova: “So kannst du Ukraine-Hilfe leisten.”
Thomas Hanreiter: “Brauchen mehr Bühnen für Behindertensport”
Bettinas HandiCats: “Sie sind so dankbar, dass sie leben dürfen!”
Die Hunderetterin von Koh Samui: Schluss mit dem Hundeleben!
Luftburg-Erfinderin Elisabeth Kolarik: “Hit wie der Game Boy!”
Ultralauf-Held Josef Kladensky: Der Mann, der nicht stillstehen kann
Aufmacher (c) heldendefreizeit.com
Verenas journalistische Palette reicht von wilden Festivalberichten über coole Wien-Guides und Reels bis zu einfühlsamen Interviews.