Andreas Onea bricht Erwartungshaltungen und Barrieren in den Köpfen anderer. Und das nicht nur mit seiner Einstellung! Der 30-Jährige zählt zu den schnellsten Schwimmern Österreichs und ist ORF-Sportmoderator – und das mit nur einem Arm. Im Helden der Freizeit Interview verrät der mehrfache Paraschwimm-Medaillengewinner, warum sein größter Erfolg nicht seine größte Leistung war, wie er zu seinem Kurzsport-Debüt kam, warum er ohne die selbstlose Heldentat seiner Mutter gar nicht mehr am Leben wäre und warum er nach seinen persönlichen “James-Momenten” strebt.
von Christian Orou
In unserer Rubrik Held:in des Monats stellen wir euch besondere Persönlichkeiten vor, die durch ihr soziales Engagement, ihrer Kreativität oder ihre Leistungen heldenhaft herausstechen. Diesmal fiel unsere Wahl auf Andreas Onea. Wir trafen den Niederösterreicher in der Südstadt zwischen zwei Trainingseinheiten für ein Gespräch über Siege und Niederlagen, seine persönlichen Helden, warum er den tragischen Unfall, bei dem er seinen Arm verlor, als Segen sieht und was es bedeutet, als einarmiger Mensch für den Wehrdienst untauglich und trotzdem Heeresangehöriger zu sein.
Tipp! Lest auch unbedingt hier die inspirierende Geschichte von VOI fesch, die mit den Designs von Behinderten Menschen Barrieren durchbrechen und sie in den Vordergrund rücken.
Andreas Onea: Das kommt auf die Perspektive und den Zeitabstand im Rennen selbst an. In London zum Beispiel wurde ich mit einer unglaublichen Zeit Vierter. Ich konnte mir nichts vorwerfen, es war eine Topleistung, es hatten halt drei andere etwas dagegen, dass ich ganz oben am Podest stehe. Aber für mich ist es gefühlt eine Niederlage, weil ich weiß, dass mir nur 26 Hundertstel gefehlt haben. Auf der anderen Seite war ich in Rio Dritter, sportlich war meine Leistung eine absolute Katastrophe, aber ich stand am Podest und habe meine Medaille gewonnen. Obwohl Rio, objektiv betrachtet, sportlich negativ zu bewerten wäre, ist es für mich einer der größten Erfolge meiner Karriere.
Überhaupt nicht. Ich hatte das gar nicht am Radar. Ich bin Sohn einer rumänischen Einwandererfamilie, habe mit sechs Jahren Deutsch sprechen gelernt. Ich war immer sehr schüchtern in der Kindheit. Vor Menschen stehen und sprechen, war nicht unbedingt das, was man mir als berufliche Laufbahn prophezeit hätte. Dann kam das Angebot und ich hatte die Wahl: Nehme ich es an und versuche es oder lehne ich es aus Angst ab, dass ich mich in der Livesendung verspreche oder vielleicht bei Maschek lande. Eigentlich hat mir mein Inneres gesagt: „Mach es nicht.“ Da habe ich aus meiner Komfortzone herausgehen müssen.
Ich wollte mir nicht vorwerfen, dass ich es nicht probiert habe. Inzwischen mache ich es seit zehn Jahren und wir sind das einzige Format im Fernsehen weltweit, das sich regelmäßig mit Behindertensport auseinandersetzt. Das Schöne ist, dass daraus eine Passion und eine berufliche Laufbahn entstanden ist. Nicht nur im Fernsehen, auch auf Eventebene als Moderator von Veranstaltungen. Ich kam dadurch auch ein wenig weg vom Thema Behinderung, weil ich auch Formate moderiere, die nichts damit zu tun haben, wie zum Beispiel Golf, Basketball, Volleyball, Handball und auch die Sportnachrichten. Das ist das Schöne.
Ich war wahnsinnig aufgeregt und ich bin es immer noch. Ich habe immer noch Respekt vor dieser Art von Format und mir ist dessen Bedeutung auch bewusst. Das erste Mal, das alle gesehen haben, war gar nicht mein erstes Mal auf Sendung. Ich war, ich glaube es war 2014, einmal bei einem Casting, da hat mich der Sportchef getestet. Da war ich sehr locker, weil ich mich ja nicht beworben hatte und dachte, es geht um nichts. Ich bin nur zufällig da hinein gekommen. Das Format hieß Österreich kann. Es wurden unter anderem auch Talente aus der Sportredaktion präsentiert und das gab mir die Möglichkeit, den Kurzsport zu moderieren. Beim zweiten Mal Jahre später gab es Probleme mit dem eingeplanten Moderator. Ich war der Einzige, der in der Nähe war und stand dann plötzlich im Studio. Mit wenigen Stunden Vorbereitungszeit habe ich dann die Sendung moderiert. Das war ein bisschen wie Tobias Pötzelsberger bei seinen Ibiza-Sondersendungen.
Es gab Probleme mit dem eingeplanten Moderator. Ich war als Einziger in der Nähe. Plötzlich stand ich im Studio.
Andreas Onea über seinen überraschenden Kurzsport-Einsatz.
Als Sportfan ist er die Königsklasse. Man erfährt, was sich in der Welt des Sportes getan hat, was eine hochwertige Redaktion als relevant erachtet. Als Sportler ist es die Krönung, wenn man im Kurzsport vorkommt und weil man weiß, dass viele Menschen zusehen. Weil sie die Leistung mitbekommen, was für mich aus einer Randsportart immer ehrenvoll war, wenn über mich berichtet wurde. Als Moderator ist es die Herausforderung, dass ich weiß, das muss von der ersten Sekunde bis zur Verabschiedung sitzen, am besten bis zur PR für Sport 20, damit wir auch dort noch viele Zuseherinnen und Zuseher haben. Der Kurzsport hat aus jeder Perspektive seinen Glanz.
Ich habe mir erwartet, dass gar nichts kommt oder dass die Leute fragen „Was sucht der Einarmige da?“. Aber das war nicht der Fall. Ich bekam auf facebook ein paar Postings, auch auf der ORF-Sportseite gab es Rückmeldungen und der ORF-Kundenservice hört auch immer wieder Statements über mich.
Lacht Negative wurden mir noch nicht weitergetragen. Aber ich gehe davon aus, dass alle hoffentlich positiv sind.
Nein, ich habe nichts mitbekommen, dass sich irgendwer darüber aufgeregt hätte.
Im Sport kommt es schon immer wieder vor. Ich schwimme oft bei den Wettkämpfen der Nichtbehinderten mit. Am Anfang meiner Karriere kam schon vor, dass die Leute sagten: „Was will der denn da? Der hat doch die eigenen Parawettbewerbe. Warum nimmt er bei uns den Platz weg?“ Ich bin teilweise disqualifiziert worden wegen einarmigen Anschlags. Es steht nämlich in den Regeln, man muss zweiarmig anschlagen. Ich habe halt nur einen Arm und kann nicht zweiarmig anschlagen. Das hat sich alles erledigt, nach dem ich bei den Staatsmeisterschaften 2012 das B-Finale gewonnen habe. Seit damals hat mich keiner mehr wegen meiner Behinderung in Frage gestellt. Da war es mir wichtig, dass ich eine sportliche Antwort gebe.
Ich hoffe, dass ich damit etwas verändern kann. Ich glaube, dass Sichtbarkeit wichtig ist für das Thema Behinderung ist, vor allem eine positive Art von Sichtbarkeit. Der Sport ist eine gute Plattform, weil nur mit Badehose bekleidet meine Behinderung gut sichtbar ist. Gleichzeitig werden da auch meine Leistungen und Erfolge präsentiert, meine Zeiten, die jeder versuchen kann, nachzuschwimmen. Das führt dazu, dass die Menschen Behinderung auch mit Leistung assoziieren. Leider herrscht in der Gesellschaft noch oft die Meinung, dass Behinderte nicht selbständig sind, dass sie vom Sozialsystem und von Almosen abhängig sind. Das ist nicht so. Das versuche ich auf der einen Seite durch den Sport zu ändern und auf der anderen Seite durch meine Moderationen. Ich bin sichtbar in diesen Formaten, bin aber nicht dort, weil mir ein Arm fehlt, sondern weil ich Sportler und Moderator bin. Somit zeige ich Behinderung in einem anderen Licht und breche Erwartungshaltungen von bestimmten Bildern, weil man nicht damit rechnet, dass da jetzt ein Moderator mit Behinderung vor einem steht. Ich möchte zeigen, dass das vollkommen egal ist, Hauptsache, die Leistung stimmt. Darum braucht es mehr Sichtbarkeit in den Medien, im Sport, in der Wirtschaft, in der Politik, in der Kultur. Es braucht mehr Menschen mit Behinderung, die gezeigt werden.
“Behinderung ist das, was das Umfeld aus meinen Rahmenbedingungen macht.”
Andreas Onea wird behindert, wenn etwas nicht barrierefrei ist.
Behinderung ist das, was das Umfeld aus meinen Rahmenbedingungen macht. Eine Behinderung habe ich, aber ich werde vor allem behindert, wenn etwas nicht barrierefrei ist, wenn die Menschen anders mit mir umgehen, nur weil mir ein Arm fehlt. Wenn ich in einem Bewerbungsprozess diskriminiert werde, weil für sehbehinderte Menschen die Bewerbungsunterlagen nicht maschinell lesbar sind. Das heißt, man schließt auf Grund dieser Umstände Menschen aus der Gesellschaft aus und wundert sich, warum sie nicht inkludiert sind. Was müsste man tun? Vielleicht kleine und größere bauliche Anpassungen, aber am Wichtigsten ist, die Barrieren im Kopf zu durchbrechen und aus dem Weg zu räumen. Menschen mit Behinderung sind sehr wohl in der Lage etwas zu leisten. Dann wird man sehen, dass es vollkommen egal ist, dass mir der Arm fehlt, die nichts sieht oder der mit dem Rollstuhl durch die Gegend fährt. Sie werden nicht mehr behindert sein, weil wir aufgehört haben, sie zu behindern.
„Am Wichtigsten ist, Barrieren im Kopf zu durchbrechen.“
– Andreas Onea findet, dass Behinderte oft unterschätzt werden.
Ich persönlich finde das großartig und lustig. Wenn man mit uns Paraschwimmerinnen und Paraschwimmern eine Woche unterwegs ist, wird man Sachen hören, die man nicht für möglich gehalten hätte, dass Menschen mit Behinderung so etwas sagen. Meine beiden Kollegen sitzen im Rollstuhl, dann habe ich auch eine junge Kollegin, die hat eine Lernschwierigkeit. Da rennt auf eine gute Art und Weise der Schmäh. Nicht verletzend, nicht herabwürdigend. Es hilft, wenn man selber mit seiner Situation mit Spaß umgehen kann. Wenn ich jemanden treffe, der mich nicht kennt und ich mache gleich einmal einen Einarmigen-Joke, dann sieht der, ich nehme das alles mit Gelassenheit. Da kann man auch schon einmal offener sein und nachfragen: „Was ist denn passiert? Wie ist es dazu gekommen?“
Ich glaube, dass Humor helfen kann, Berührungsängste abzubauen. Ich verstehe auch Menschen, die sagen: „Das ist nichts für mich, das ist mir zu makaber.“ Wenn man den Humor aber als Waffe verwendet, um Menschen mit Behinderung als Bevölkerungsschicht zu diskriminieren, dann ist das natürlich auch nicht in Ordnung. Auch hier kommt es auf den Kontext an. Wir haben in Österreich einen Anteil von 20 Prozent von Menschen mit Behinderung. Da fühlen sich dann gleich einmal mehr als eine Million Leute angesprochen.
Meine Eltern. Bei dem Autounfall, bei dem ich den Arm verloren habe, hätte ich sterben müssen. Man hat mich nur gefunden, weil man mich auf den Hinweis meiner Mutter hin gesucht hat. Sie war selber schwer verletzt neben dem Unfallwrack und das Einzige, an das sie gedacht hat, war: „Wo sind meine Kinder? Leben meine Kinder noch?“ Sie wusste nicht, dass sie innere Blutungen hatte, dass sie so schwer verletzt war, dass sie nicht wusste, ob sie den Tag überleben würde. Sie hat trotzdem nur an uns Kinder gedacht. Das war der Grund, warum ich dann gesucht und gefunden wurde. Sonst wäre ich im Straßengraben verblutet. Diese Selbstlosigkeit, diese bedingungslose Liebe meiner Mutter hat mir das Leben gerettet. Und das Hoffnungsvolle, das mir meine Eltern vorgelebt haben, war für mich prägend.
Ja, als ich im Krankenhaus war und mein Vater aus dem Koma aufgewacht ist. Er hat mir später erzählt, wie das abgelaufen ist. Sie haben ihm erzählt, was passiert ist und mein Vater hat begonnen zu weinen. Ich bin als knapp sechsjähriges Kind zu ihm hingegangen und habe gefragt: „Papa, warum weinst du?“ Und er hat geantwortet: „Schau, was passiert ist. Dir fehlt ein Arm, Mama geht es nicht gut, Opa geht es nicht gut, mir geht es nicht gut. Wie kann ich nicht weinen?“ Ich habe ihn dann ermutigt und gesagt: „Ich bekomme eine Puppenhand und alles wird wieder gut.“ Das hat ihm ganz viel Zuversicht gegeben. Zu wissen, dass wenn ich als kleines Kind so denke, dass er mir diese Hoffnung vorleben möchte. Das war dann unser Motto. Alles wird gut, wir schaffen das, wir vertrauen einander. Das war für mich als Kind wahnsinnig wichtig und prägend. Es gab vielen Menschen, die mich geprägt haben, aber der Mensch, der ich bin, bin ich dank meiner Eltern.
“Ich habe zu meinem Vater gesagt: Ich bekomme eine Puppenhand und alles wird wieder gut.”
Andreas Onea über das prägende Ereignis seiner Kindheit.
Es war nie der Ansporn da, dass ich davon leben möchte, weil mir bewusst war, dass das eigentlich nicht geht. Der Punkt war, wie schaffe ich, das Ganze zu finanzieren, ohne dass ich zu sehr draufzahle und trotzdem meine Ziele erreichen kann. Mein Glück war, dass ich einen günstigen Moment erwischt habe, als der Parasport international einen Aufschwung bekommen hatte und national umgedacht wurde. Die Strukturen wurden inklusiver und unsere Leistungen wurden, wenn auch zu Beginn nur verhalten, honoriert. So hat es sich ergeben, dass ich vom Sport leben kann. Ich trainiere zwei Mal am Tag, sechs Mal in der Woche. So eine Trainingseinheit kann mit zweieinhalb Stunden im Wasser, Aufwärmen vorher und Dehnen nachher, dazwischen physiotherapeutische Betreuung schon einen halben Tag dauern. Dazu bringe ich meinen Job als Moderator unter. Das ist meine Herausforderung, die Dinge so zu managen, dass das alles gut funktioniert.
Ja. Seit 2016. Das war davor nicht möglich, weil behinderte Menschen untauglich sind und somit nicht beim Heer sein können. Das hat Minister Doskozil geändert. Er hat gesagt: „Die besten olympischen Athletinnen und Athleten sind beim Heer, warum nicht auch die besten paralympischen?“ Es wurden fünf Plätze geschaffen. Vorher habe ich von Sporthilfe und ein paar Sponsoren überlebt, meine Kosten waren gedeckt. Auf einmal hatte ich ein Gehalt, auf einmal war ich versichert. Plötzlich wusste ich, wenn ich bei den nächsten drei Wettkämpfen einmal nicht so schnell bin und mich auf meine langfristige Leistung konzentriere, dass ich trotzdem am Monatsende mein Geld bekomme. Das war enorm wichtig. Später ist das ausgebaut worden und inzwischen stehen behinderten Sportlerinnen und Sportlern 20 Plätze zur Verfügung. Das ist großartig, aber natürlich kann man auch hier weiter ausbauen. Das Wichtige ist aber nicht nur die Absicherung. Fast wichtiger ist die Wertschätzung. Wir werden überall gleichwertig eingeladen, wir werden immer gleichwertig verabschiedet. Es gibt eine gleichwertige Kommunikation. Wenn es um Medaillengewinnerinnen und –gewinner geht, sind wir dabei. Wenn es um Ehrungen geht, sind wir dabei. Das ist enorm wichtig für das Bild, dass Leistung zwischen Para und Nichtpara keinen Unterschied macht. Es sind alle gleich erfolgreich.
“Der Unfall war für mich ein Segen. Wegen ihm bin ich der Mensch, der ich heute bin.”
Andreas Onea gibt mit seinen Leistungen vielen Menschen Zuversicht.
Nicht Religion, es ist der Glaube. Die Tatsache, dass ich überlebt habe, ist ein Wunder und ich danke Gott jeden Tag dafür. Es war das Eingreifen Gottes, aus meiner Überzeugung heraus und das hat mir auch die Perspektive gegeben, dass ich die Dinge so sehe, wie ich sie jetzt sehe. Es gibt Dinge auf die ich keinen Einfluss habe, ich kann einfach nur vertrauen. Und dieses Vertrauen, dieser innere Frieden, den ziehe ich aus dem Glauben. Und das Zitat, das ich dort habe, „Alle Dinge passieren zum Wohl derer, die Gott lieben.“ Der Unfall war für mich ein Segen. Dank dem Unfall bin ich hier, bin der Mensch, der ich heute bin, konnte die Welt bereisen, konnte anderen Menschen Zuversicht und Hoffnung geben. Und all das wegen eines tragischen Ereignisses, das sich niemand gewünscht hätte, das niemand wünschen würde, das aber passiert ist. Und das Vertrauen zu haben, dass alles gut wird und dass sich hinter diesem tragischen Ereignis, für uns völlig unverständlich, etwas Gutes zu Tage kommt, das ist das, was mir so viel Lebensfreude in den letzten Jahren gegeben hat.
Sportlich möchte ich endlich einmal eine Goldmedaille gewinnen. Ich habe immer nur Silber oder Bronze gemacht. Ich möchte verhindern, dass ich meine vierten, fünften, sechsten Plätze wiederhole und bei den Paralympics in Paris und Los Angeles 2028 meine besten Leistungen abrufen. Und ich bin sportlich in einer Höchstform, wenn ich das halten und weiter ausbauen kann, passt das sehr gut. Privat habe ich vor zwei Monaten geheiratet.
Meine Raissa war der schönste und wichtigste Erfolg bis jetzt in meinem Leben. Familie gründen, der beste Vater sein, der ich sein kann. Meinen Kindern zeigen, wie das Leben ist, ein gutes Vorbild für sie sein. Für meine Frau da sein, sie lieben und der beste Ehemann sein, den sie sich vorstellen kann. Beruflich möchte ich mit dem, was ich tue, möglichst viele Leute erreichen, ihnen mit meiner Geschichte Mut machen. Und ich möchte so viele James-Momente haben wie nur möglich.
Bei der WM 2019 in London bin ich von einem jungen Mann aus Malaysia angesprochen worden, nach unserem Bewerb. Wir sind gegeneinander geschwommen. Er ist zu mir gekommen und war begeistert von dem, was ich gemacht habe. Ich habe mich gewundert und gedacht: „Ja, nett, aber da waren sechs Schwimmer besser als ich. Warum ist er von mir begeistert?“ Er hat mir dann erzählt, dass das erste Schwimmrennen, das er jemals gesehen hatte, das Finale der Paralympics 2008 in Peking war. Er hat das gemeinsam mit seinem Vater geschaut und sein Vater hat zu ihm gesagt: „James, siehst du diesen jungen Mann aus Österreich? Dem fehlt genauso wie dir der linke Arm. Und wenn der das kann, dann kannst Du das auch.“ Das war der Tag, an dem James beschlossen hat, dass er Paraschwimmer werden und zu den Paralympics fahren möchte. Elf Jahre später sind wir bei der WM gegeneinander geschwommen. Er hat mich nicht geschlagen, das wäre zu kitschig gewesen. Aber das war der Beweis für ihn, dass er etwas kann.
Er ist Influencer in Südostasien und zeigt, was Menschen mit Behinderung alles können. Er ist dann nach Australien gegangen, hat dort ein Masterstudium beendet und das alles, weil er mich irgendwann in einem Video schwimmen gesehen hat. 2019 haben wir uns getroffen und er wollte mit mir ein Foto machen. Das war mein James-Moment, der mir bewiesen hat, dass es sich auszahlt, blöd im Kreis zu schwimmen. Weil andere Menschen das sehen und weil andere Menschen sich da etwas herausnehmen können. Wenn ich damit etwas bewegen kann, ist es vollkommen egal, ob ich müde aus dem Wasser steige und mir denke, ich mag nur schlafen. Ich mach weiter. Ich gebe alles. Ich bleibe diszipliniert. Das gilt auch für meine Moderation und Vorträge, weil ich damit so Menschen wie James erreichen kann.
Auf unserer Instagram-Seite gibt es auch noch einen kurzen Wordrap mit Andreas zum Nachschauen.
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Aufmacherfoto: (c) ORF/Günther Pichlkostner, Privat
Der Chefredakteur der Wiener Alszeilen verfasst für heldenderfreizeit.com Buch-, Musik- und Spiel-Rezensionen, ist Video-Redakteur von CU TV und schreibt für das Musikmagazin Stark!Strom. Dazu berichtet er von Konzerten, Sport- und anderen Kulturevents und führt Interviews mit Stars und spannenden Persönlichkeiten.