Mit Alone in the Dark kehrt der Urvater des Gaming-Horrors zurück. Der PC-Klassiker lehrte Zockern noch lange vor der Konkurrenz Resident Evil das Fürchten – doch dann verlor die Marke den Anschluss. Gelingt jetzt mit Reboot für PS5, Xbox Series und PC, der sich an andere Genre-Vertreter anpasst, das Comeback? Unser Alone in the Dark Test sucht die Antwort.
von Klaus Kainz
Zwar ist virtuelles Gruseln erst seit Resident Evil auf der Playstation richtig beliebt, aber die Zombiehatz bediente sich damals stark beim PC-Klassiker Alone in the Dark von 1992. Trotz vieler Reboot-Versuche schaffte es der Horror-Urvater aber dank schwankender Qualität nie mehr wirklich ins Rampenlicht. Jetzt bedient sich die Neuauflage ironischerweise enorm bei den Resident Evil Remakes (unsere Reviews zu den Remakes von Resi 2, Resi 3 und Resi 4). Aber das bedeutet nicht, dass es sich um eine schlechte Imitation handelt. Mehr in unserem Alone in the Dark Test.
Falls du unser Fazit im kompakten Videoformat haben willst mit ein paar Gameplay EIndrücken – hier unser 60 Sekunden Review auf Instagram.
Das neue Alone in the Dark macht einen auf klassisch. Wie im Original verfrachtet es Emily Hartwood und Detective Edward Carnby – zwischen den beiden Charakteren dürft ihr zu Beginn wählen – in ein scheinbar verfluchtes Herrenhaus in den amerikanischen Südstaaten der 1920er. Beide versuchen Emilys Onkel Jeremy aus bösen Machenschaften zu retten. Aber was genau in der Psychiatrie Derceto im Argen liegt, bleibt vorerst offen. Jedenfalls scheinen antike Mächte das Herrenhaus zu beherrschen. Perfekte Ausgangslage also für psychologischen Horror im Stile “Was ist real und was ist Einbildung?”.
Horror-Veteranen wird es schnell auffallen: Alone in the Dark ist neuen Resident Evil Spielen zum Verwechseln ähnlich. Nicht nur Menüs, das User Interface oder Bewegungsanimationen könnten direkt aus einem Capcom-Spiel stammen. Im Herrenhaus gibt es auch etliche altbekannte Schalter- und Stromrätsel zu lösen, Schlüssel für verriegelte Türen aufzuspüren und sogar die obligatorische Kette muss mit Bolzenschneider durchgeschnitten werden. Dazwischen gilt es Waffen aufzurüsten, denn die Villa beheimatet auch das ein oder andere Ungetüm.
Man würde dem Game aber Unrecht tun, es als billigen Abklatsch abzutun. Zum einen ist es viel mehr Detektivspiel als die Vorlage Resident Evil. Ja, es wird geballert. Aber Bosse gibt es kaum und umgekehrt sind die Rätsel deutlich umfangreicher und komplexer. Bei so einigen Trickmechaniken ist die Lösung alles andere als sofort ersichtlich und auch die Notizen im Inventar sind kein plumpes Beiwerk, sondern sollten manchmal genau gelesen werden, um Codes zu knacken. Für Erkundung und Rätsel gibt es notfalls einen “modernen Modus”, der ein paar mehr Tipps verrät. Allerdings wird auch dort die Lösung nicht am Silbertablett serviert. Aber es ist tatsächlich erfrischen, mal wieder selbst das Köpfchen einzuschalten, nachdem neue Games wie God of War den Spielern keine 30 Sekunden zumuten, bevor sie ihre eigenen Lösungen verraten.
Zum anderen ist der Style das Alleinstellungsmerkmal von Alone in the Dark. Statt Survival-Terror ist es ein übernatürlicher Thriller mit ein wenig Film-Noir-Stimmung und einer satten Portion Surrealismus. Denn das Krankenhaus ist auch ein Portal in verschrobene Alptraumwelten, die das Spiel stark in Szene zu setzen weiß. Die beiden Detektive verfrachtet es immer wieder in vernebelte Gassen von New Orleans, in modrige Sümpfe oder sogar alte Grabkammern. Über die rund 8 Stunden lange Kampagne werden die Gebiete stets düsterer und das Spiel weiß, wann es eine Schippe drauflegen muss.
Nicht nur fährt die Grafik dabei mit einem hohen Detailgrad auf, sondern weiß sie die schummrigen Kulissen auch atmosphärisch zu inszenieren. Untermalt werden die Gebiete fast immer von Jazzmusik, die (bewusst) etwas verschroben klingt – Saxophon-Klänge verhallen im Hintergrund oder sind ein wenig verzerrt und sorgen so für eine schöne Mystery-Stimmung. Richtige Panik wie in einem Resident Evil VII kommt vielleicht nicht auf, aber es handelt sich trotzdem um eine schaurige Mystery-Geschichte.
Dafür sorgen auch viele schrullige Charaktere, die sich alle etwas verdächtig oder seltsam verhalten. Ein wenig wie in Twin Peaks von David Lynch, wenn auch nicht ganz so elegant. Aber ganz bierernst scheinen viele Zwischensequenzen ohnehin nicht gemeint. Die sind übrigens oft abstrus platziert. Charaktere befinden sich regelmäßig hinter verschlossenen Türen und während des Gameplays ist das Herrenhaus fast immer leer. Aber – ob beabsichtigt oder nicht – bekommt die Geschichte so eine Extraportion Absurdität und macht so gesehen alles richtig.
Billig im sonst schönen Gesamtbild wirken lediglich die Kämpfe. Gegner gibt es, wie erwähnt, seltener als in der Konkurrenz. Vermutlich deswegen wirken die Kampfanimationen sehr krude und die Systeme unausgegoren. Das Ballern erfüllt seinen Zweck, aber Nahkampf und Stealth scheinen mehr wie nachträgliche Features. Ein riesiges Manko ist das nicht, schließlich brillierten selbst Klassiker wie Silent Hill oft nicht mit tollen Kampfsystemen. In Alone in the Dark sind die Konfrontationen nicht extrem hochwertig, aber immerhin in keinster Weise frustig.
Vor allem im Story-Aufbau trüben aber ein paar Aspekte den ansonsten soliden Eindruck. Wir werden das Ende natürlich nicht verraten. Allerdings sei gesagt, dass es leider so abrupt wie hanebüchen wirkt. Zumindest für uns passte es tonal überhaupt nicht zum Rest des Spiels – in beiden Kampagnen. Apropos, die zwei Kampagnen unterscheiden sich beim Gameplay kaum. Zwar erleben Emily und Edward eigene Storys. Allerdings teilen sie sich rund 90 Prozent der Gebiete, mit denselben Rätseln, inklusive Lösungen, Waffen und Levelaufbau. Ein paar Setpieces sind zwar pro Charakter exklusiv, aber grundlegend ist ein zweites Durchspielen eher ein müdes Abarbeiten des bereits Bekannten.
Besser gut kopiert als schlecht erfunden. Das könnte auch das Motto für das neue Alone in the Dark sein. Dass die letzten Resident Evil Ableger eine starke Inspiration für den Horror-Reboot waren, lässt sich kaum bestreiten. Allerdings macht Alone in the Dark sein Ding ebenfalls sehr gut. Dementsprechend ist es ein schönes Häppchen für Fans, die nicht auf das nächste Resident Evil warten wollen – insbesondere solche, die das Knobeln in Resi mögen, oder auch andere Klassiker wie Alan Wake, Myst und Silent Hill. Über ein paar kleinere Mankos, wie dem seltsamen Ending, kann man hinwegsehen. Schließlich sind klassische Survival-Horror- und Rätselspiele seltener geworden.
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Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.