In der Fortsetzung zu Alles steht Kopf müssen sich die Gefühle in Rileys Kopf mit neuen Kollegen und ganz neuen Spielregeln für die Kommandozentrale auseinandersetzen.
von Susanne Gottlieb, 13. 6. 2024
Pixar, eins der Animationsdepartments von Disney, geht gerne ins Tausendstel. Was, wenn Spielzeug Gefühle hätte? Was, wenn Autos Gefühle hätten? Was, wenn Roboter Gefühle hätten? Was, wenn Seelen Gefühle hätten? Oder, im Fall vom ersten Alles steht Kopf, was wenn Gefühle Gefühle hätten? Diese Idee führte immerhin 2015 zu einem beachtlichen Erfolg und wird nun fortgesetzt. Bill Hader und Mindy Kaling aus Teil 1 sind nicht mehr dabei, sie waren mit der versprochenen Gage nicht zufrieden. Aber sonst sind wieder bekannte so wie einige neue spannende Gesichter dabei.
Obwohl Alles steht Kopf 2 unter der üblichen Sequel-Krankheit leidet, nicht allzu viel Neues erzählen zu können, schafft es der Film durchaus noch zu unterhalten und zu bewegen. Warum er es trotzdem nicht in unsere Top10 Pixar-Filme schafft, liest du hier:
Viel hat sich in Rileys Kopf getan, seit ihrem Abenteuer aus Teil 1. Unter anderem haben die Gefühle in ihrem Kopf, Freude (Amy Poehler), Kummer (Phyllis Smith), Angst (Tony Hale), Wut (Lewis Black) und Ekel (Liza Lapira) endlich gelernt, miteinander zu koexistieren und den jeweiligen Wert für Rileys Persönlichkeit zu akzeptieren. Das ist auch dringend notwendig, denn etwas ist im Umschwung. Riley ist nun 13 und eines Nachts geht in ihrem Kopf der Pubertätsalarm los. Soll heißen, nicht nur, dass in ihrem Kopf große Umbauarbeiten starten. Auch muss Raum für mehr Gefühle geschaffen werden.
Denn die Pubertät macht den Gefühlshaushalt komplizierter. Neu im Team sind Zweifel (Maya Hawke), Neid (Ayo Edebiri), Ennui/Null Bock (Adèle Exarchopoulos) und Peinlich (Paul Walter Hauser). Dabei entsteht nach anfänglichem Beschnuppern auch gleich Konflikt. Riley fährt nicht nur auf ein dreitägiges Hockeycamp, um sich für ein High School Team zu qualifizieren. Sie erfährt auch, dass ihre besten Freundinnen auf eine andere Schule gehen werden als sie. Grund genug für Zweifel, das Ruder an sich zu reißen, um Riley vor etwaigen Traumata des Alleinseins und Versagens zu schützen. Die alten Gefühle, die sich gegen diese Persönlichkeitsveränderung wehren, werden aus der Kommandozentrale verstoßen und müssen sich nun an ihren angestammten Platz zurück kämpfen.
Klingt bekannt? Ist auch in etwa die Handlung des ersten Teils, nur dass dort Freude und Kummer ihre Differenzen beilegen mussten. Wenn man Alles steht Kopf 2 etwas vorwerfen kann, dann dass es sich zu sehr an der Formel des ersten Teils orientiert und diesen mit ein paar Variationen und Gags neu erzählt. Für die älteren Semester mögen die augenzwinkernden Seitenhiebe auf die Wirren der Pubertät und das sich ausbreitende Minenfeld für die Eltern ganz amüsant sein. Immerhin hüpfen wir auch in den Kopf von Mom (Diane Lane) und Dad (Kyle MacLachlan) und sehen, wie deren Gefühle diese Situation navigieren.
Ebenso amüsant sind die Gräben im Kopf, die Rileys Entdeckung von Sarkasmus schlägt, als auch die Kreation des Glaubenssystem. Dies ist eine Art magisches Gewässer, aus dem die Persönlichkeit wörtlich Blüten schlägt, also zu einer leuchtenden Pflanze in der Kommandozentrale erwächst. Eine schöne Idee, und wie immer ein Beweis dafür, dass es Pixar seit jeher nicht an kreativen Köpfen im Gestalten der mythischen und fantasievollen Welten mangelt.
Wo es trotzdem ein wenig hapert ist, dass sich der Film letztendlich dem ersten zu ähnlich anfühlt. Toy Story 1-4 haben zwar auch immer die Quintessenz ihrer Handlung wiederholt, nämlich das ein Spielzeug verloren geht und eine Rettungsmission gestartet wird, jedoch hatten die Autoren eine ganze reale Welt voller Hindernisse, Kommerz und Herausforderungen zur Verfügung. Vom Balzgehabe im ersten Teil, über die Suche nach den Wurzeln im zweiten, bis hin zum Erwachsenwerden und der Vererbung des Spielzeugs an die nächste Generation, war alles dabei.
Hier hingegen machen sich, trotz der neuen Herausforderung Pubertät und komplexeres Seelenleben, die beschränkten Erzähloptionen bemerkbar. Man fühlt nicht mehr so viel Freude wie früher, wenn man älter wird, ist die prägendste Erkenntnis des Films, und wird von einer ungewöhnlich traurigen Freude mit einer gewissen Resignation vorgetragen. Das mag stimmen und man muss es diesem (Kinder-)Film lassen, dass er dies auch nicht allzu sehr widerlegen möchte. Aber wirklich neu und aufregend ist das Abenteuer nicht. Wenn auch durchaus unterhaltsam.
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Mehr InformationenAlles steht Kopf 2 geht noch immer ans Herz, und vor allem für ältere Zuschauer mit seinen Erwachsenengags an die Lachmuskeln. Doch in Sachen Originalität muss man dann doch ein paar Abstriche machen.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.