Adel Tawil im großen Interview mit den Helden der Freizeit. Der Sänger sprach mit uns über fordernde Zeiten während der Lockdowns der letzten Jahre, seine Leidenschaft für Yoga, Prioritätensetzung, (neue) Musikheld:innen und seine Begeisterung, die er für Wien und die dortige Architektur hat.
von Patrick Meerwald und Verena Fink
Gefühlvolle Texte mit prägnanter Stimme. Das ist, kürzestmöglich zusammengefasst, die Musik von Adel Tawil. Der Sänger gilt als Sonnyboy, auch wenn seine Texte nicht immer nur “Friede, Freude Eierkuchen” sind. Sie berühren, haben Tiefgang und wissen auch bei ernsteren Themen zu überzeugen. Alles nachzuhören auch auf seinem im März 2023 erschienenen Album Spiegelbild.
Wir trafen Adel Tawil im ehrwürdigen Park Hyatt Hotel im ersten Wiener Bezirk zum großen Interview. Dabei erzählte er uns von seiner neuesten Scheibe, warum er zu Wien einen besonderen Bezug hat und, wie weit sich seine Musikheld:innen seit Lieder erweitert haben.
Ich fühle mich großartig. Es war zwischenzeitlich wirklich die Frage im Raum, ob das alles so weiter gehen kann, wie man es kennt. Als die Pandemie anfing, war ich mitten im Songwriting-Prozess in Ägypten. Ich erst: “Yay, erstmal frei”, also dachte ich eher an unerwarteten Urlaub. Doch bald wurde es dann aber auch ernst, als wir erste Konzerte absagen mussten. Dann ging es auch technologisch rasch weiter, mit Streaming-Konzerten. Da hatte ich Momente, so ab dem dritten Livestream, wo ich grübelte, “Ist das jetzt die Zukunft, wird das immer so bleiben?” Deswegen bin ich jetzt umso happier, dass vieles nun einigermaßen wieder gut ist und “echte” Konzerte möglich sind, jetzt sogar mit neuer Platte.
Ist das jetzt die Zukunft, wird das immer so bleiben?
Adel Tawil war sichtlich besorgt um die Zukunft der Musik.
Mich hat es während der Lockdowns schon ordentlich wie alle anderen getroffen. Ich wusste nicht, was ich mit mir selber anfangen soll. Ohne Bühne, ohne Applaus, da war nicht mehr viel übrig. Wir Musiker sind Kinder im Erwachsenenkörper. Wir machen das, was wir lieben: Mit Freunden Musik machen und das fiel weg. Es kam der zweite Lockdown und ich habe angefangen, mich gehen zu lassen. Mein Hund war das Einzige, was mich so richtig vor die Haustür treiben konnte. Ansonsten habe ich Essen bestellt und nicht mehr trainiert. Gegen Ende des Jahres dachte ich mir beim Blick ins Spiegelbild, dass das so nicht weitergehen kann und ich etwas ändern muss.
Wir Musiker sind Kinder im Erwachsenenkörper.
Adel Tawil über die Leidenschaft von ihm und seinen Kolleg:innen
Ich wollte nicht aus der Pandemie rauskommen und nichts gemacht haben. So habe ich Fremdsprachen gelernt, zum Beispiel mein Schulfranzösisch wieder aufgepeppt. Dafür habe ich eine App heruntergeladen und gelernt. Bis heute klappt das wunderbar. Auf einer Musikapp habe ich Gitarrenspielen gelernt, ein langer Traum von mir. Ich habe mehr Yoga per App und auch täglich mit einem Kumpel Sport gemacht. Da war die Hälfte des Tages schon mit guten Sachen herum.
Yoga ist eine super Sache, die ich schon länger mache, nun aber konsequenter. Ich hatte die Begeisterung dafür schon vor der Pandemie. In dieser bin ich aber auf das Hot-Yoga gestoßen. Das kam ursprünglich von Bikram, ein mittlerweile eher als zwielichtig zu sehender Kerl. Ich war sogar mal in London, um ihn kennenzulernen, da war er mir schon suspekt. Auf Netflix gibt es auch schon eine Doku über dessen Abgründe. Der Typ war der Erste, der seine Methode patentieren ließ.
Zurück zum Hot-Yoga: Meine Empfehlung an alle, die sich ordentlich auspowern wollen: Probiert mal diese Yoga-Art aus. Ich weiß selbst, dass man beim Sporteln immer den gewissen Kick will. Bei 38 Grad ist das schon eine andere Nummer als beim “normalen” Yoga, da kommt jeder an seine Grenzen. Ich habe meinen Personal-Trainer mal mitgenommen, der kam auch an seine Grenzen.
Bei mir ist zuerst der zu der Zeit passende Titel Die Welt steht auf Pause erschienen. Der war als Vorbote des Albums gedacht. So nach dem Motto, “Ich bin hier. Mir geht es gut.” Was den sonstigen Trend zum vorab Veröffentlichen betrifft: Das ist dieses neue Zeitalter. Ich bin sehr gespannt, wohin die Reise geht. Die Musikwelt verändert sich. Streaming hat alles verändert und das klassische Albumformat sich sehr gewandelt. Ich bin sehr vorsichtig mit pauschalen Aussagen, wie “früher war alles besser”.
Es ist nicht wie früher, dass du eine Single bringst und dann zwei Wochen danach das Album, sondern du bringst in einem zeitnahen Rhythmus nach und nach Songs. Nach fünf, sechs, sieben oder gar acht erscheint das Album tatsächlich. Das ist auch der Grund, warum Spiegelbild 16 Titel hat. Wir haben vorab sechs Songs rausgebracht. Bei einem Album mit zehn Liedern hätte es beim fertigen dann nur vier neue für die Fans gegeben. Das wäre mir doch zu wenig.
Was Prioritäten angeht, war Musik lange Zeit meine absolute Nummer eins. Da war ich wirklich sehr konsequent. Auch die Familie musste sehr zurückstecken. Ich war wie ein Fußballer, der unter der Woche viel trainiert und am Wochenende sein Spiel hat. Alles andere hatte sich meiner großen Passion unterzuordnen. Jetzt hat sich aber einiges bei mir getan in den letzten Jahren. Musik wird immer eine große Liebe von mir bleiben, doch möchte ich aufhören damit, dass mir sehr nahe Menschen zu viel darunter leiden müssen.
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Mehr InformationenOh ja. Generell habe ich viel mehr Held:innen als im Lied selbst. Lieder ist nur ein Ausschnitt meines musikalischen Soundtracks des Lebens. Da kamen natürlich auch welche dazu. Zum Beispiel die Entwicklung von Justin Bieber finde ich unglaublich. Der Wandel von einem Teenie-Star, der zum Teil auch etwas belächelt wurde, trotz toller Stimme, zu einem ernsthaften Künstler, imponiert mir sehr. Ich hoffe, er wird bald wieder gesund und beglückt uns mit toller Musik.
Die Entwicklung von Justin Bieber finde ich unglaublich!
Adel Tawil schwärmt vom kanadischen Superstar.
The 1975 finde ich auch Wahnsinn, weil die schon im Vibe der 80er spielen und es trotzdem schaffen, das Gefühl dieses Jahrzehnts nur platt zu kopieren, sondern etwas Neues zu machen und trotzdem dasselbe Feeling auszulösen beim Hören. The Weeknd gehört zu dieser Riege an Künstler:innen auch dazu. Ich fühle mich bei diesen Artists wie in einer Zeitmaschine. Dabei ist es ein völlig neuer Song. Das ist großartig.
Seit meiner Zeit in der Boyband The Boys bin ich oft und gern in Wien. Ich liebe diese Stadt, bin ein großer Fan der historischen Gebäude. Ich mag es, wenn man spazieren geht, nicht nur gerade ausschaut, sondern auch nach oben schaut und sich diese tollen Dächer, Figuren und Balkone betrachtet, ist das schon atemberaubend. Da sind so viele Monumente, die mich einfach faszinieren. Alleine die Spanische Hofreitschule.
Ich bin auch ein riesiger Fan von dem Flair hier, mit der Gelassenheit und Geselligkeit, die es mit der Kaffeehauskultur zum Beispiel gibt. Abends sieht man auch viele Leute draußen mit einem weißen Spritzer sitzen. Das gefällt mir sehr. Außerdem ist Patrick Salmy, einer meiner Hauptproduzenten, Wiener. Er hatte in Hamburg sein Studio, ist aber nun hier her zurückgekommen. Nachdem sein Studio so gut gelegen ist, wird es jetzt auch öfter sein, dass ich nach Wien zu euch komme!
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Aufmacherfoto: (c) heldenderfreizeit.com
Der Wiener Journalist und Redakteur ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.