Der Schrecken kommt auf leisen Sohlen. A Quiet Place ist ein ungewöhnlicher Horrorstreifen. Kommt er doch fast ohne Worte, Blut und Action aus. Und dennoch packt er den Zuseher, wie kaum ein anderer Genrevertreter. Was den John Krasinski Film so besonders macht, lest ihr in unserer Kritik.
9. April 2018: Das Monster kommt näher. Das Opfer versucht keinen Mucks zu machen. Als Zuseher ertappt man sich bei solchen Szenen, selbst instinktiv die Luft anzuhalten. A Quiet Place treibt dieses Prinzip auf die Spitze. Im Film von John Krasinski bedeutet praktisch jedes laute Geräusch sofort den Tod.
Sehenswert? Die Helden der Freizeit haben ihn für euch gesichtet.
Aliens haben den Großteil der Menschheit ausgelöscht. Die Monster sind blind, haben aber neben ihren scharfen Zähnen und Klauen ein extrem gutes Gehör – und es offenbar gerne ruhig. Deshalb wird alles, was aufmuckt, raschelt und lärmt von ihnen umgebracht. Etwas, das auch eine überlebende Familie gleich zu Beginn allzu schmerzhaft erfahren muss.
Die Abbotts wohnen zurückgezogen auf einer riesigen Farm, irgendwo im Nirgendwo. Vater Lee (John Krasinski) und Mutter Evelyn (Emily Blunt – auch im echten Leben mit John zusammen, was der vertrauten Stimmung im Film gut tut) unterhalten sich mit ihren Kindern nur in Gebärdensprache. Gelernt haben das ohnehin alle, weil Tochter Regan taub ist – wie übrigens auch die Schauspielerin, die sie spielt: Millicent Simmonds. Um die bösen Wesen nicht anzulocken, muss die Familie ihr Leben fast in völliger Stille führen. Eine extreme Herausforderung. Dennoch scheint so etwas wie normaler Alltag möglich. Die Tochter hat gerade ihre rebellische Phase, der Vater bastelt im Keller an Hörgeräten für sie, die Mutter unterrichtet ihren Sohn und versucht ihm mit Scherzen seine Ängste zu nehmen.
Doch als Evelyn ein weiteres Kind erwartet, spitzt sich alles auf ein dramatisches Finale zu.
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Erstaunlich. In A Quiet Place fallen maximal ein paar Worte. Die Kommunikation der Akteure ist auf ein Minimum reduziert. Das erzeugt eine ganz besondere, beklemmende Atmosphäre. Dadurch, dass Worte maximal gehaucht werden, hat jedes Geräusch, jede Geste und jeder Soundeffekt die doppelte Wirkung auf den Zuseher. Der wird gleich direkt in diese unwirtliche Welt geworfen. Erklärungen, wie die Aliens hier hergekommen sind und ob und wie viele Menschen überhaupt noch leben, spart sich Krasinski – es braucht sie aber auch nicht.
Im kleinen, guten Cast (der ganze Film kommt mit sechs Schauspielern aus!) schafft es einmal mehr Emily Blunt hervorzustechen. Sie umhüllt die ganze Familie mit einer besonders warmherzigen Atmosphäre, die erst durch das Auftauchen der Monster jäh durchbrochen wird. Der Horror in A Quiet Place kommt ohne viel Gewalt aus. Er passiert meist auf psychologischer Ebene. So hat der Film seine besten Momente ausgerechnet meistens dann, wenn die Aliens gar nicht zu sehen sind. Was so nebenbei über die meisten der 90 Spielminuten der Fall ist.
Jumpscares sind behut- und sparsam platziert und entfalten so ihre beste Wirkung. Bei der Story stößt man auf die eine oder andere Logiklücke, vor allem gegen Ende. Wenn die Monster Geräusche eines Menschen auf eine halbe Meile hören, warum nehmen sie nicht seine Atemgeräusche wahr, wenn er direkt vor ihnen steht? Warum haust die Familie ausgerechnet in einer alten Farm, an der es eigentlich an jeder Ecke knarren müsste?
Wer nicht alles zu sehr hinterfragt und sich dafür voll und ganz auf die Atmosphäre des Films einlässt, wird mit einem außergewöhnlichen Thriller belohnt. Gerade, weil er mit so wenigen Worten auskommt, lässt er einen umso tiefer in das Geschehen eintauchen. Der sensible Umgang der Familienmitglieder miteinander und ihr Krisenmanagement in Extremsituationen ist die ganz große Stärke des Films.
Wer von einem Horrorfilm explizite Gewalt, Action und viel Blut erwartet, ist hier falsch. Bei A Quiet Place kommt der Schrecken auf leisen Sohlen daher. Und lässt einen dafür umso intensiver mitfiebern. So haben auch wir uns bei der Sichtung mehrmals dabei ertappt, das Verhalten der Filmfiguren unterbewusst nachzuahmen und in Angststarre die Hand vor den Mund zu schieben.
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.