Die große Welle an potentiellen Oscar-Filmen mag mit Februar zwar vorbei sein, aber das bedeutet nicht, dass nicht auch diesen Monat wieder einige besondere Highlights dabei sind. Von Drama, Kunstvollem aber auch Blockbuster-Ware gibt es in Hülle und Fülle. 7 Top-Filme in der Vorschau – plus die Liste aller Kinostarts Februar 2024. Und: Ein ganz großer Blockbuster, der (dank Schaltjahr und Vorverlegung) hierzulande auch noch in diesem Monat startet. Übrigens: Hier bereits unsere März-Übersicht.
Filmexpertin Susanne Gottlieb wirft jeden Monat einen genauen Blick auf das Kinoprogramm und stellt dir die Highlights vor – inklusive Geheimtipp.
Viennale-Fans werden hier einige der Filme wieder erkennen. Die großen Festival-Darlings des letzten Jahrs schaffen nun endlich den Sprung zu einem regulären Kinostart. Aber auch große Blockbuster haben wieder ihre Finger mit im Spiel, der großartige zweite Teil von Dune nimmt uns in seinen Bann (hier unsere Filmkritik) und Sony baut sein Spiderman-Universum weiter aus. Genug Unterhaltung also für alle.
Und was sind überhaupt die besten Filme, die 2024 ins Kino kommen (oder schon erschienen sind)? Hier 24 Highlights, die du 2024 nicht verpassen solltest.
Die polnische Regisseurin Agnieszka Holland erinnert an die unmenschliche Flüchtlingssituation an der polnisch-belarusischen Grenze, Andrew Scott trifft als getriebener Drehbuchautor seine toten Eltern, und Dakota Johnson wird zur Marvel-Superheldin Madame Web, die die Gabe der Vorhersehung hat.
In Polen von offiziellen Stellen negativ aufgenommen, doch international gefeiert, ist Green Border eine Bestandaufnahme Agnieszka Hollands über die Flüchtlingssituation an der polnischen und belarussischen Grenze. Angelockt vom belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko, versuchen Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und weiteren gefährlichen Ländern von dort zu Fuß über die Grenze nach Polen und Europa zu kommen. Doch wie sie bald feststellen müssen, werden sie zum Spielball der Grenzeinheiten beider Länder, die sie wiederholt zwischen der Grenze hin und her schubsen. Einheimische Hilfskräfte können fast nur zuschauen. Denn sie aus der Zone zu führen, ist eine Straftat. Der eindringliche Schwarz-Weiß-Film ist schwere Kost, die aber nichts an Relevanz verloren hat.
Der jüngste Film von Andrew Haigh ist ein Werk, wo man unbedingt die Taschentücher bereit halten sollte. Lose basierend auf dem 1987 Roman Strangers des Japaners Taichi Yamada, erzählt es die Geschichte des Drehbuchautors Adam (Andrew Scott), der in einer Schaffens- und Existenzkrise steckt. Doch er beginnt sich zu öffnen, als er eine Beziehung mit dem einzigen Nachbarn im Apartmentblock, Harry (Paul Mescal) beginnt und zu seinem einstigen Elternhaus reist, wo er auf seine Eltern (Jamie Bell, Claire Foy) trifft. Diese sind seit er 12 Jahre alt ist tot. Doch die Begegnung mit ihrer Präsenz tritt einen Heilungsprozess los, indem er seine eigenen Verlustängste und Traumata aufarbeitet. Mehr zum Film und wie wir ihn finden, kannst du hier in unserer ausführlichen Review nachlesen.
Von Corona mag man inzwischen genug haben. Doch den neuen Dokumentarfilm von Nikolaus Geyrhalter sollte man trotzdem nicht verpassen. Dieser hat die Krise seit ihrem Ausbruch Anfang 2020 in Österreich begleitet und jeden Lockdown, jede politische Entscheidung minutiös festgehalten. Doch die Brillanz der Doku lebt weniger von diesen Erinnerungen, sondern den Momenten dazwischen. Der Seilbahner-“Alles offen lassen”-Politik, die ein Wiener Gemeinderat schon ganz zu Beginn kritisiert. Der verlorenen Jugend einer Generation, die immer daheim bleiben musste. Aber auch den Existenzängsten der kleinen Betriebe, die man zwar oft so gehört hat, aber denen man selten ein Gesicht geben konnte. Toll gemacht, ein wahres Zeitdokument.
Spider-Man mag zwar wieder im MCU mitgeschwungen haben. Aber die Rechte an der Figur, ihren engsten Partnern und Feinden liegen noch immer bei Sony. Und auch wenn das Sinister-Six-Universum, eine Reihe von Bösewichtfilmen mit Andrew Garfield als Spider-Man, damals nicht geklappt hat, so baut Sony in einem Paralleluniversum zur Marvel-Timeline seit dem Erfolg von Venom weiter an seinen Spidey-Filmen ohne Spider-Man. Diesmal darf Madame Web das Real-Life-Treatment bekommen. Cassandra Webb (Dakota Johnson) ist eine Rettungssanitäterin in Manhattan, die entdeckt, dass sie über hellseherische Fähigkeiten verfügt. Dabei knüpft sie eine Beziehung zu drei jungen Frauen mit Spinnen-Fähigkeiten, die von einem Bösewicht gejagt werden. Klingt spannend. Ob es das etwas müde Superhelden-Genre weiter trägt? Mal schauen.
Bei NS-Dramen ergibt sich oft dasselbe Dilemma. Wie sehr konzentriert man sich auf die Täter, statt auf die Leidtragenden, die oft zu einer namenlosen Masse im Hintergrund verschwimmen? Wie sehr fetischiert und reproduziert man Gewalt an den Opfern und Überlebenden, die einfach nur ohne Widerstand von einem Leid ins andere wanken? Der britische Regisseur Jonathan Glazer verändert in der sehr liberalen Verfilmung des gleichnamigen Romans von Martin Amis komplett die Perspektive. Statt auf das Leid in Auschwitz zu schauen, steht vielmehr die Familie von Rudolf Höß, der von Mai 1940 bis November 1943 Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz war, im Mittelpunkt. Das bedeutet, die perverse Dekadenz, das gemütliche Leben neben Tod, Gas und Verhungern, sind das, was der Zuschauer zu sehen bekommt. Eine provokante, aber nachdenklich stimmende Tatsache, die die Erinnerungskultur um eine oft wenig diskutierte Tatsache erweitert.
Bei so vielen Rück- und Vorverlegungen konnte einem schon schwindlig werden. Und dank Schaltjahr fällt der Film, der am 1. März seinen US-Start hat, mit seinem Kinostart sogar noch in den Februar. 6 Oscars und 402 Millionen Dollar Einnahmen (bei Produktionskosten von 165 Mio.) brachte Part One ein – mit epischer Sounduntermalung, starbesetztem Cast und opulenter Bildsprache erwartet uns auch bei Part Two von Denis Villeneuve ein Fest für die Augen und Ohren, das sich am besten in einem großen Kinosaal genießen lässt. Dazu ist die Geschichte noch besser, epischer und spannender. Warum ihr das auf jeden Fall sehen müsst, lest ihr in unserer Dune Filmkritik.
Wenn Radu Jude einen Film dreht, dann ist immer etwas Lehrreiches, Absurdes, aber auch Deprimierendes aus der Handlung zu nehmen. Wahrheit und Schmerz beherrscht er wie kein weiterer. Seine Protagonistin Angela arbeitet als Produktionsassistentin für ein österreichisches Medienunternehmen in Bukarest. Sie hat viel Stress, ihr Ventil ist Instagram, wo sie mittels eines Filters als Mann obszöne Videos aufnimmt. Ihr Job verlangt es, dass sie Menschen findet, die Arbeitsunfälle hatten. Eine Farce über ein ausgebeutetes Rumänien und ein neuer Geniestreich des immer aneckenden Judes.
1. 2. Butterfly Tale – Ein Abenteuer liegt in der Luft, Ella und der schwarze Jaguar
2. 2. Reif für die Insel, A Great Place To Call Home, Eine Million Minuten, Green Border
8. 2. Night Swim, Feuerwehrmann Sam – Tierische Helden, All of Us Strangers
9. 2. Die Farbe Lila, Stillstand
14. 2. Madame Web, Und täglich frisch verliebt
15. 2. Bob Marley: One Love, The Persian Version
16. 2. Rückkehr zum Land der Pinguine, About Dry Grasses, Stella. Ein Leben, Geliebte Köchin
23. 2. Holy Shit, Olfas Töchter, Erwarte nicht zu viel vom Ende der Welt, Andrea lässt sich scheiden
29. 2. Dune: Part Two – hier unser Review, Zone of Interest
Und wie geht’s weiter? Hier bereits die Kinostarts im März.
Tauch ein in unseren Seher-Bereich und entdecke auch unsere Reviews und Bestenlisten zu Kino und Stream:
Poor Things – Review
Rickerl – Kritik
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Aufmacherfoto: (c) Sony Pictures, Panda Film, Walt Disney
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.