… immerhin kurzweiliger als einige Vorgänger. In der Fortsetzung zum Superhit Captain Marvel kämpft Carol Danvers dieses Mal Seite an Seite mit zwei anderen Heldinnen. Unser Eindruck von The Marvels.
von Susanne Gottlieb
10. November 2023: Es mag vielleicht in den letzten Jahren einen regelrechten Marvel-Serien-Influx gegeben haben. Aber irgendwie waren es letztendlich doch immer die Kinofilme, die die Leute wirklich in den Geschichten des MCU abholen sollten (hier unser Ranking der Top10 Marvel-Filme). Auch, wenn man langsam meint den Überblick über die vielen Handlungsstränge und die Figuren zu verlieren. The Marvels ist die Fortsetzung des 2019 Hits Captain Marvel, und inkludiert neben Titelheldin Carol Danvers diesmal auch ihre Nichte Monica Rambeau und Super-Teen Kamala Khan, auch bekannt als Ms. Marvel.
Ob dieser Film es nun endlich schafft, aus der etwas dröge gewordenen Masche des MCU auszubrechen und ein paar neue Impulse zu setzen, das erfahrt ihr hier. Und diese Übersicht verrät dir, welche neuen Kino-Highlights der Dezember parat hat.
Lange ist es her, seit Carol Danvers (Brie Larson) einst ihre Kräfte erhielt und zu Captain Marvel wurde. Die Skrull wurden gerettet, die Kree besiegt, und auch mit den Avengers konnte sie sich gegen Thanos behaupten. Nun brauchen das Universum und vor allem Nick Fury (Samuel L. Jackson) erneut ihre Hilfe. Ein Loch hat sich im Zeit-Raum-Gefüge aufgetan. Carol und ihre entfremdete Nichte Monica Rambeau (Teyonah Parris) sollen das untersuchen. Als beide das Wurmloch berühren, passiert etwas Unerwartetes: Die beiden und Super-Teen Kamala Khan (Iman Vellani), die mittels eines mysteriösen Armreifens einst ebenfalls Licht-Superkräfte erhalten hat, beginnen die Plätze zu tauschen, wann immer sie ihre Kräfte verwenden.
Die Ursache dieser Anomalie ist auch schnell gefunden. Dar-Benn (Zawe Ashton), die neue Anführerin der Kree, hat einen weiteren Armreif dieser Art ausgraben lassen und nutzt ihn nun, um unstabile Verbindungen zu ihrer Heimatwelt Hvala zu schaffen. Der Grund: Ihre Welt stirbt. Und sie möchte sich an Carol rächen, indem sie Ressourcen von jenen Orten klaut, die der Superheldin am Herz liegen. Also müssen die drei gezwungenermaßen ein Team bilden, um die Kree zu stoppen und andere Welten zu retten.
Eins muss man Regisseurin Nia DaCosta lassen. Das Drehbuch, an dem sie mitgeschrieben hat, springt zwar mitten in die immer komplexer werdende Welt des MCU, arbeitet aber unabhängig und erklärend genug, um sein eigener Film zu sein. Wie auch sonst braucht man ein gewisses Vorwissen der anderen Filme und Serien. Aber mit kurzen Pausen, in denen DaCosta kurze Recaps einbaut, werden Monica und Kamala, so wie die Kree noch einmal behutsam eingeführt, das Notwendigste kurz angerissen.
Ebenso löblich ist es, dass sich irgendwer im Studio darauf besonnen hat, dass nicht jeder Marvel-Film unbedingt über zwei Stunden lang sein muss, um so etwas wie Qualität zu bieten. Gerade einmal entspannte 105 Minuten läuft dieses neue Captain-Marvel-Abenteuer, wodurch auch immer ein gewisses Tempo in der Handlung verankert ist, eine Notwendigkeit von einem Set zum nächsten zu wechseln. Das fordert den Zuschauer involviert zu bleiben, und erinnert an die Abenteuerfilme vergangener Tage.
Trotzdem – der große Wurf, der die aktuelle Superhelden-Müdigkeit etwas abfedern könnte, ist dem Studio damit nicht gelungen. So schwammig, so hektisch sind die Botschaften, die hier verbraten werden, zu oberflächlich wieder einmal der Bösewicht, zu fragwürdig einige der Gags. Wenn es hier wirklich um die Traumata von Bürgerkrieg und Konfliktzonen gehen soll, wie sie diesmal die Kree erleben, dann bleibt das höchstens zaghaft umgesetzt. Wenn der Film irgendwie seinen Teil zum Kanon des MCU beitragen soll und Phase 5 irgendeine weitere Bedeutung geben soll, ist das nicht zu sehen.
Vielleicht hätte eine längere Laufzeit dem Film gut getan, vielleicht auch mehr Fokus auf die Figuren und weniger der typischen CGI-Parcours durch Weltall-Welten. Aber letztendlich hat man das Gefühl, dass The Marvels sich nie so richtig darauf besinnt, was es eigentlich sein will. Das ist schade, weil durchaus wieder großartige Darsteller dabei sind, die ihr Können unter Beweis stellen. Vor allem Vellani hat mit ihrer Captain-Marvel-verehrenden Kamala viel Spaß. Der südkoreanische Star Park Seo-joon hat als Prinz Yan ebenfalls einen einprägsamen Auftritt.
The Marvels hätte das Potenzial gehabt, wieder ein eigenständigerer, tiefgründigerer Marvel-Spaß zu werden. Stattdessen schwimmt die Geschichte etwas vor sich hin und sucht ihre Legitimiation erneut in den hier nicht zu verratenen Big-Name-Cameos, auf die sich zumindest die Fans freuen dürften.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.