In ihrem ersten gemeinsamen Kinofilm ermitteln Paul Pizzera und Otto Jaus gegen einen korrupten Bürgermeister-Kandidaten in Graz. Das ist eigentlich ganz unterhaltsam.
von Susanne Gottlieb
6. Oktober 2023: In der Musikszene sind das Duo Paul Pizzera und Otto Jaus keine Unbekannten. Doch während Jaus bereits mehrmals in Filmen und auf der Bühne zu sehen war (lies hier ein ausführliches Interview mit Otto Jaus: “Zufriedenheit ist eine Einstellung!”), war die schauspielerische Verewigung auf der Leinwand noch Neuland für Pizzera. Doch Regisseur Andreas Schmied, der bereits Kinohits wie Love Machine 1 und 2 sowie Chasing the Line geschaffen hatte, sah in den beiden das große Potenzial, sein seit Ewigkeiten in der Schublade liegendes Drehbuch endlich umzusetzen. Ob sich der Gang ins Kino auch diesmal lohnt, das erfährst du hier.
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Einst waren die Ziehbrüder, der Ex-Cop Flo Kienzl (Paul Pizzera) und Ex-Knacki Eddi Kovac (Otto Jaus) die engsten Freunde. Doch seit ihre Ziehschwester Samira (Gizem Emre) verschwunden ist, reden die beiden nicht mehr miteinander. Samira, die Staatsanwältin, ermittelte davor noch gegen den korrupten Ex-Fußballer und Schweinezüchter Benny Jagschitz (Gregor Seberg). Als die beiden daraufhin bei Jagschitz einbrachen, um nach Hinweisen zu suchen, landete Eddi im Gefängnis und Flo flog aus der Polizei.
Ausgerechnet der Jagschitz will nun aber Bürgermeister von Graz werden. Und ganz normal scheint dieser Wahlkampf auch nicht abzulaufen. Erst verschwindet einer seiner Mitarbeiter, dann passiert ein Mord. Flo, noch immer auf Rache aus, nimmt die Spur auf. Eddi, der gerade auf Bewährung frei ist und sich ein neues Leben mit seiner Freundin und Bewährungshelferin Eleni (Elisabeth Kanettis) aufbauen will, wird unweigerlich mit in die Geschichte hineingezogen. So wie Meli (Valerie Huber), Flos Ex, die stets von seiner Version der Geschichte überzeugt war. Gemeinsam gilt es, Jagschitz und sein Geheimnis zu lüften.
Wenn es um österreichischen Humor geht, ist das oft eine feine Linie. Zwar ist das Land bekannt für seinen Schmäh, doch so wie in Deutschland sich in den letzten Jahren die kitschig-sentimentalen Wohlfühlfilme gehäuft hatten, so gab es in Österreich zuhauf flache Komödien mit überzeichneten Persönlichkeiten und überspitzt banalen Konflikten. Zum Teil geht das auch auf das Konto von Andreas Schmied selber, der vor allem mit seinen Love Machine-Filmen mit Thomas Stipsits Erfolge feierte.
Pulled Pork schlägt zwar in eine ähnliche Kerbe, raunzige “Unikate” in einer abstrusen österreichischen Alltagswelt, wo jede Situation nur ein aufgelegter Gag mit einfacher Lösung ist, aber irgendwie profitiert der Film auch von der Energie seines Duos. Pizzera und Jaus haben sich inhaltlich und sprachlich in den Film eingebracht. So gibt es weniger Altherrenwitze, weniger kitschigen Wohlfühlfaktor und Figuren, die nicht die altbekannten Klischees eines Mann-Babys oder überzeichneten Österreicher-Grant bis an die Schmerzgrenze treiben.
Pizzera, der hier seinen Schauspieleinstand gibt, beweist gleich einmal ein Händchen für das Fach, seine Chemie mit Musik-Partner Otto Jaus, erdet den Film und die Figuren. Aber auch Gregor Seberg spielt seinen Jagschitz mit einer süffisanten Note, die zwischen bösen Machenschaften und lieben Schwiegersohn pendelt. Ein typisch österreicherischer charmanten Betrüger. Ein bisschen österreichische Bundespolitik, ein wenig Hannes Kartnig und ganz viel Russenverschwörung à la FPÖ machen ihn zu einem gut beobachteten Konglomerat österreichischer Politik.
Solle der Film Erfolge feiern, wonach es nach einer ausverkauften Premiere schon aussieht, könnte durchaus noch eine Fortsetzung kommen. Offen genug bleibt die Handlung dafür am Schluss. Als die österreichische Antwort auf die Eberhofer-Reihe darf man sich den Film dann trotzdem nicht vorstellen. Dazu ist sie noch nicht perfide genug.
Pulled Pork mag zwar nicht das Zeug zum Kultfilm haben, unterhält aber überraschend gut und ist zudem auch noch kurzweilig. Eine der besseren österreichischen Massenkomödien der letzten Jahre.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.