Mit Starfield legen die Rollenspiel-Titanen von Bethesda die Schwerter nieder und heben ab in die Weiten des Weltalls. So steht Starfield aber nicht nur in Konkurrenz mit anderen Rollenspielen, wie dem zurzeit enorm gehypten Baldur’s Gate 3 und Bethesda-Lieblingen wie Fallout New Vegas, sondern auch Space-Abenteuern wie No Man’s Sky. Ob das PC- und Xbox-exklusive RPG erfolgreich in die großen Fußstapfen tritt, verrät unser Starfield Review.
von Klaus Kainz
Skyrim war gestern, Starfield soll als immersives Weltraumabenteuer alle bisherigen Rollenspiele von Bethesda in den Schatten stellen – so zumindest das Marketing, das Microsoft für sein großes Flagschiff auffährt. Größer heißt aber nicht automatisch besser. Handelt es sich bei Starfield also um den nächsten Dauerbrenner wie Skyrim, oder haben die Entwickler etwas zu hoch gepokert? Das lest ihr in unserem Starfield-Test.
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Starfield beginnt überraschend weit weg von epischen Weltraum-Vistas, stattdessen als Minenarbeiter in einem schummrigen Schacht. Allerdings lässt dort der Fund eines geheimnisvolles Artefakts nicht lange auf sich warten, der zum Auslöser für ein intergalaktisches Abenteuer werden soll. Denn das Puzzle-ähnliche Relikt verpasst euch eine Vision aus seltsamen Lichtern, wodurch die sogenannte Constellation auf euch aufmerksam wird – euren stummen Protagonist dürft ihr natürlich selbst gestalten. Mit dieser Forschertruppe jedenfalls grast ihr schließlich das Universum nach weiteren Artefaktteilen ab, um die Rätsel des Weltalls zu lüften. Dabei bedient sich das neue Bethesda-Epos ein bisschen bei allem. Bei den NASA-inspirierten Raumanzügen und mysteriösen Artefakten lässt 2001: Odysee im Weltraum grüßen, bei den manchmal mit ulkigen Monstern besiedelten Pampas Star Trek, beim Sound ein wenig Star Wars und spielerisch winkt ab und zu Mass Effect.
In einem RPG wie Starfield dürft ihr die Zügel selbst in die Hand nehmen und es obliegt euch, wie ihr das Abenteuer bestreiten wollt. Bei den Quests geben zwar häufig Icons den Weg vor. Allerdings lenkt das nicht davon ab, dass ihr mit viel Freiheiten ausgestattet seid und Quests wie Kämpfe mit unterschiedlichen Lösungen ankommen. Aus heiklen Situationen könnt ihr euch herausreden, oder doch lieber gleich zur Knarre greifen. Es steht euch frei, ob ihr euren Charakter zum Beispiel lieber zum gewieften Hacker ausbildet, um Lager zu plündern und verbotene Orte zu öffnen, oder zur Fitnessmaschine trainiert, die mit den richtigen Raumanzügen geradezu abheben oder besonders viel Schmuggelware transportieren kann.
In Schussgefechten könnt ihr nach Belieben auf Stealth setzen, gegnerische Roboter umprogrammieren und so weiter. Das klingt für ein RPG nicht sonderlich neu, hat aber im Gegensatz zu kürzlichen Konkurrenzprodukten wie Final Fantasy XVI (unser Review) tatsächlich Gewicht, wodurch sich euer Spielstand in Starfield tatsächlich nach eurem individuellen anfühlt.
Außerdem könnt ihr relativ rasch nach Lust und Laune euren Weg abseits der Hauptstory wählen. Manchen Kritiken, laut denen Starfield erst nach zehn oder gar sechzig Stunden in Gang kommt, können wir nicht zustimmen. Sobald ihr in New Atlantis landet, der Basis der Constellation, lenken euch schon erste Sidequests ab, erste Allianzen können geschmiedet werden, Charaktere für eure Party rekrutiert, Planeten relativ frei erkundet und mit Basen bebaut werden. Mit über tausend Planeten könnt ihr eure Rollenspiel-Reise entsprechend breit anlegen, auch wenn nur wenige Orte für die Hauptstory relevant sind. Bei so viel Inhalt gibt es viel Leerraum und ähnliche Aussichtspunkte. In Starfield ist das aber weniger Manko als in anderen Games. Über eine leere Mondlandschaft stapfen und gelegentlich einen Einsiedler stolpern, beflügelt nämlich vielmehr die Weltraum-Atmosphäre.
Nun zum Wermutstropfen: die Erkundung. So sehr Starfield Spieler mit seiner Weltraum-Erforschung ins Staunen versetzen will will, spielerisch tut sich wenig. Nahtloses Erkunden von Weltraum, wie in No Man’s Sky, oder wie es Ubisoft’s Beyond Good & Evil 2 verspricht, ist nämlich nicht möglich. Beim Weltraum zwischen den Planeten handelt es sich um eine Skybox, in der Erkundung nicht vorgesehen ist. Stattdessen sind Landepunkte per Menü anzuwählen, während Ladezeiten die Areale strikt trennen. Kurze Flugpassagen dienen – neben gelegentlichen Weltraumkämpfen – lediglich als Kulisse zwischen der Menüarbeit. Grundlegend ist so ein Oldschool-Ansatz im Stile des ersten Mass Effects nicht schlimm, verfehlt aber vielleicht die Erwartung mancher Zocker.
Ein wenig altbacken wirken auch manchmal die Optionen, mit denen Quests gelöst werden können. Oft liegt die Wahl zwischen braver Diplomatie oder Mord und Totschlag. In RPGs dieser Art war das schon immer Gang und Gäbe, inzwischen hätten wir aber mehr Nuancen erwartet. Klar, auch Star Wars und Star Trek kommen nicht ohne Action aus. Für uns wäre die Immersion aber höher gewesen, wären militärisches Equipment und Action nicht integral für so ein Astronauten-Abenteuer. Selbst mit unserem Diplomaten-Charakter fiel es schwer, nicht regelmäßig in Feuergefechte gezogen zu werden. Eher durchschnittliche Gegner-KI und Waffen-Feedback machen die oft unausweichlichen Rambo-Quests nicht spannender.
Die Präsentation in Starfield ist ein zweischneidiges Schwert. Zu den klaren Highlights jedenfalls zählt die Soundkulisse, die das Setting definitiv zu verkaufen weiß. Musikalisch dreht das Game an den richtigen Stellen auf, an anderen lässt es mit fast melancholisch ruhigen Liedern die Atmosphäre wirken – Anlehnungen an John Williams sind sicher kein Zufall. Und es hat schon Flair, auf Landebahnen die Düsenantriebe, oder die rauen Winde auf unerforschten Planeten um die Ohren gehauen zu bekommen. Grafisch wiederum glänzt Starfield nicht immer. Besonders die Art Direction für die großen Locations, darunter vereinsamte Bauanlagen auf Mondoberflächen, oder schummrige Gassen in cyberpunk-esquen Städten, ist mit viel Detail schön ausgestaltet. Viele der unzähligen Nebenplaneten aber wirken unweigerlich zufallsgeneriert und durchwachsen. Außerdem hat Bethesda Gesichtsanimationen noch immer nicht ganz raus. Immerhin: Im Spiel kann je nach Präferenz zwischen Ego- und Schulterperspektive gewechselt werden und beides fühlt sich gut an.
Starfield ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Erwartungshaltung den Spielspaß beflügeln oder auch trüben kann. Online ging bei manchen die Wogen hoch, weil es sich bei Starfield um ein konventionelles RPG statt spielerischen Meilenstein handelt – als groß vermarktetes Xbox-Flagschiff kann man das aber niemandem verübeln. Betrachtet man das Game als spirituellen Nachfolger alter Bioware-Klassiker wie Star Wars Knights of the Old Republic oder Mass Effect, ist Starfield aber ein Erfolg. Es bringt genau solche Games ins moderne Zeitalter, polierter und größer und mit Bethesda-Touch. Revolutionär mag das Weltraum-Gameplay nicht sein, aber atmosphärisch greift das sehr individuell gestaltbare Space-RPG – mit der richtigen Erwartungshaltung – trotzdem.
Starfield ist seit 6. 9. regulär (und seit 1. 9. im Early Access) für Xbox Series und PC erschienen.
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Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.