Ein junger College-Absolvent verschmilzt mit einem Skarabäus-Symbionten und wird zum Superheld Blue Beetle. Klingt fragwürdig, macht aber eine Menge Spaß.
von Susanne Gottlieb
17. August 2023: Es ist der letzte einer Art. Dann ist erstmal Schluss mit DC-Filmen, bis James Gunn 2025 seinen Superman Legacy in die Kinos schicken wird. Zehn Jahre lang hat uns das DCEU nun seit Man of Steel begleitet, wobei es stets im Schatten des übermächtigen Marvel Cinematic Universe (siehe hier unsere Top10-Marvel-Filme) stand. Mit der Neuübernahme wird es nun einen Reboot geben, wobei Blue Beetle den Abschluss der Reihe darstellt. Doch wer weiß, sollte Jaime Reyes gut beim Publikum ankommen, dann wird man ihn vielleicht in ferner Zukunft wieder sehen.
Warum man sich den Film daher auf jeden Fall nicht entgehen lassen sollte, erfährt ihr hier. Übrigens: Ebenfalls einen Blick Wert ist der gerade gestartete Neue Geschichten vom Franz – hier unsere Filmkritik. Und diese 6 Kinohighlights bringt dann der September.
Gerade erst von der Uni in seine Heimatstadt Palerma City zurückkehrt, setzt bei Jaime Reyes (Xolo Maridueña – vielen Netflix-Usern bekannt durch das Karate-Kid-Spin-off Cobra Kai) erst einmal Ernüchterung ein. Niemand will einen mexikanischen Latino einstellen, also beginnt er gemeinsam mit Schwester Milagro (Belissa Escobedo) bei der reichen Victoria Kord (Susan Sarandon) das Haus zu putzen. Diese ist aber nicht irgendeine Businessfrau, sondern arbeitet mit ihrer Firma Kord Industries and einer Supersoldaten-Rüstung, deren Tech-Inspiration ein blauer, außerirdischer Skarabäus ist.
Diesen will ihre Nichte Jenny (Bruna Marquezine) entwenden, wobei sie die Hilfe von Jaime einfordert. Doch ehe er sich versehen kann, hat sich der Käfer wie ein Symbiont am Rücken von Jaime angeheftet. Er hat ihn “erwählt” und verleiht Jaime nun Superkräfte. Superkräfte, die Victoria an sich reißen und ihrem Handlanger Conrad Carapax (Raoul Max Trujillo) einpflanzen will. Um an den Skarabäus zu kommen, lässt sie nichts unversucht. Aber Jaime ist nicht allein. Er hat auch die Hilfe von Jenny und seiner Familie.
Ein Superheld in einem Super-Tech-Anzug, der die Kreation von Supersoldaten verhindern muss. Irgendwie erinnert das alles an den MCU-Auftakt Iron Man. Diametral dazu ist es auch die Handlung des letzten DCEU-Films. Doch während Tony Stark einst allein daheim tüftelte, beschwört Blue Beetle die Latino-Lebensfreude, den Familienzusammenhalt, den Stand einer POC-Gemeinschaft gegen weiße Imperialisten, die ihnen nicht nur das Leben schwer machen wollen, sondern nun auch das außerirdische Tech wieder entreißen wollen.
So ist Jaimes Familie bezeichnenderweise dabei, als er sich zum ersten Mal in Blue Beetle verwandelt. Die ganze übliche Geheimniskrämerei ist somit gleich einmal zum Fenster raus. Ebenso gerät Jaime im späteren Verlauf der Handlung in Schwierigkeiten. Die Familie muss ausrücken, um ihn zu retten. Der Held, der ohne seinen Rückhalt keiner ist. Die Stärke und den Willen, die er nicht aus seiner Isolation schöpft, sondern aus der Unterstützung seiner Liebsten.
Dass Jaime der erste Latino in einer Superhelden-Hauptrolle ist, ist ebenso großartig, wie die lateinamerikanische, hier spezifisch die mexikanische, Kultur, die zelebriert wird. In den USA oft auf billige Arbeitskräfte und illegale Einwanderer reduziert, entfaltet sich hier nicht nur eine Anklage gegen die Diskriminierung, sondern eine vielschichte Charakterentwicklung. Ein besonderes Highlight ist die Großmutter, die ganz offensichtlich schon in dem einen oder anderen Widerstand mitgekämpft hat, oder George Lopez’ Onkel Rudy, der ein genialer Erfinder ist, aber dennoch als Installateur seinen Unterhalt verdienen muss.
Es ist fast nicht zu glauben, dass das DCEU einst so seriös mit Man of Steel ein “dark und gritty”-Pendant zum MCU sein wollte, und nun mit so einem lockeren, flotten Film endet. Neu erfindet Blue Beetle das Rad zwar nicht, und viele Handlungselemente sind auch durchaus vorhersehbar. Doch die Freude an der Geschichte, der sympathische Cast und die durchaus gelungenen Gags machen aus dem Film eine rundere Geschichte, als man zunächst vermutet hätte.
Blue Beetle ist vielleicht keine bahnbrechende, aber spaßige Superhelden-Unterhaltung für zwischendurch, die sich nicht ganz sklavisch einem größeren Shared Universe beugt und eine Riege von tollen neuen Figuren einführt.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.