Ob handgemachte Hüte von Mühlbauer, Wiener Seife nach alter Tradition mit unzähligen Düften, virtuose Glasfertigung von Lobmeyr oder kreativer Upcycling-Schmuck aus alten Street Art Wänden von Birdly. Handwerk aus Wien erstaunt! Eine Tour zu vier besonderen Empfehlungen.
von Jutta Mucha-Zachar
In Wien gibt es einige traditionelle Betriebe, die ihr Handwerk bewahrt haben und es heute noch ausüben. Viele sind Familienbetriebe. Sie besetzen interessante Nischen und haben ihre Produkte mit frischen, neuen Ideen ständig weiterentwickelt, um der starken industriellen Konkurrenz zu trotzen.
Wir nehmen dich hier mit auf eine Tour zu interessanten Wiener Handwerksbetrieben und einem Blick hinter die Kulissen. So kannst du etwa den gläsernen, in reiner Handarbeit hergestellten Maria Theresien-Luster im Lobmeyr-Store bestaunen. Oder du probierst die neuesten Huttrends von der Mühlbauer Hutmanufaktur am eigenen Kopf aus. Die nach alter Seifensieder-Tradition gefertigte Seife mit deinem Lieblingsduft findest du im Store der Wiener Seife.
Auch wenn die Luster und Spiegel der seit 1823 bestehenden Glasmacher-Dynastie Lobmeyr nicht in eine durchschnittliche Wohnung passen, beeindruckend sind sie allemal. Ein Tipp: Im Lobmeyr-Geschäft auf der Kärntner Straße 26 kannst du dich von der Pracht und Größe der historischen Spiegel selbst überzeugen. Diese waren einst in der Rotunde zur Weltausstellung aufgehängt. Von herausragendem, handwerklichem Können zeugt dort der gläserne Maria Theresien-Luster, oder der noch prunkvollere goldene französische Goldluster.
Aber auch für kunstvolle, virtuos ausgeführte Gläser und Karaffen ist die Glasmanufaktur Lobmeyr bekannt. Die Stücke haben durch die Handarbeit einen besonderen Glanz und ein zeitloses Design, oft mit kunstvollen Details. Mundgeblasen, von Hand geschliffen, graviert und poliert durchläuft jedes Glas in der Fertigung mindestens 18 Hände. Auf Wunsch werden sie auch individuell graviert. Wenn du tiefer in die Geschichte der Glasmanufaktur eintauchen willst, kannst du bei der aktuellen Ausstellung im MAK zum 200 Jahre Jubiläum der Wiener Manufaktur Glanz und Glamour – 200 Jahre Lobmeyr bis zum 24. 9. 2023 mehr über die Vielfalt der Objekte und die optischen Reize der Stücke erfahren, welche die Glasmacher-Dynastie produziert hat. (Hier übrigens unsere Übersicht mit weiteren Top-Ausstellungstipps diesen Sommer in Wien).
Auch die Wiener Hutmacher-Manufaktur Mühlbauer feierte Jubiläum. Vor 120 Jahren hat Juliana Mühlbauer 1903 den Grundstein für die heute noch bestehende Hutmanufaktur gelegt. Damals in einer Zeit, als niemand das Haus ohne Hut verlassen hat. Heute leitet Urenkel Klaus das Familienunternehmen. Produziert wird immer noch in der Wiener Innenstadt: Bei einem Besuch in der Manufaktur sehen wir, wie Hüte feucht über die Stumpen in Form gezogen werden und von den Modistinnen endgefertigt werden.
Mit viel Einfallsreichtum, neuen Materialen wie Seegras, Sisal, Stroh oder japanisches Leinen und in verschiedenen Stilen werden pfiffige Modelle gestaltet, die alltagstauglich sind. Du kannst die Hüte in den zwei Shops in Wien (Neubaugasse 34, 1070 Wien und Seilergasse 10, 1010 Wien) probieren oder im Mühlbauer-Online-Store gustieren. Diesen Sommer sind gehäkelte und gestrickte Hüte voll im Trend.
Übrigens: Unseren großen Bericht zu Mühlbauer gibt’s hier!
Ganz dem Handwerk der Seifenmacherei hat sich Sonja Baldauf, Chefin der Wiener Seife, verschrieben. Die vom legendären Seifensieder Friedrich Weiss in Stadlau produzierten Seifen haben sie als Kundin so begeistert, dass sie nach seinem Tod von Vorarlberg nach Wien zog, um die traditionelle Seifensiederei zu lernen. Die Vorarlberger Verpackungsdesignerin produziert heute gemeinsam mit Ehemann Christoph Hegglin nach alten Rezepten des legendären Wiener Seifensieders Friedrich Weiss kaltgerührte Seifen. Diese werden mit wertvollen Essenzen angereichert und veredelt. Die Vielfalt ist beeindruckend: In unterschiedlichsten Düften und Verwendungsarten sind die Seifen für Hand, Körper, manche sogar für die Zähne geeignet.
Am besten du stattest einem der drei Stores in Wien (Hintzerstraße 2, 1030 Wien/Herrengasse 6, 1010 Wien/Favoritner Gewerbering 1/B,1100 Wien) einen Besuch ab. Riech dich durch die Seifen mit Düften wie Maiglöckchen, Jade, Belle Orange etc. durch und lass dich beraten. So findest du für dich das beste Produkt. Alle Seifen kommen ohne chemische Zusätze, Mineralöle oder Konservierungsstoffe aus. Mit natürlichen Ölen, Pflanzenextrakten und möglichst aus kontrolliert biologischem Anbau.
Mehr zur Wiener Seife mit allen Infos plus Lokalaugenschein in der Werkstatt mit Museum findest du hier in unserem großen Bericht.
Gar nicht traditionell, dafür umso kreativer ist die Handwerkskunst von Cornelia Voglmayr alias Birdly. Bei ihren Streifzügen am Wiener Donaukanal mit einem Graffitikünstler-Freund, entdeckte Sie das Material, mit dem sie begann Schmuck herzustellen: Aus den Graffitistücken, die aus vielen Schichten bestehen, fertigt sie Ringe, Kettenanhänger, Ohrringe, aber auch Lesezeichen an. Durch das Freilegen der unterschiedlichen Schichten entstehen durch eine spezielle Technik in vielen Farben schillernde Schmuckstücke.
Wenn du am Donaukanal vom Schottenring Richtung Friedensbrücke spazierst, sieht du die vielen Street Art Werke auf der sogenannten Wiener Wand. So heißen jene mit Vogel und Wiener-Wappen gekennzeichneten Wände, die legal von Künstler:innen bemalt werden dürfen. Aus Respekt vor der Street Art Kunst verwendet sie für ihre Stücke nur das Material, das die Künstler bereits abgespachtelt haben. Erhältlich sind die Unikate bei Die Werkbank in der Breite Gasse 1, 1070 Wien oder online.
Übrigens: Unseren großen Bericht zu Birdly gibt’s hier!
Wenn du den Streifzug auf Spuren des Wiener Handwerks mit einem Aufenthalt in Wien verbinden willst, ist das zentral gelegene Boutiquehotel Das Tigra im 1. Bezirk ein besonderer Tipp. Das haben auch wir als Ausgangspunkt für unsere Story genützt. Fast alle erwähnten Handwerks-Betriebe und Orte sind fußläufig oder mit einer kurzen U-Bahnfahrt zu erreichen. Sogar Mozart hat hier einst gewohnt. Das Hotel hat große, komfortable Zimmer und ein vielfältiges Frühstücksbuffet. Es ist in Familienbesitz und es wird viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt: so werden etwa Lebensmittel ausschließlich aus Wien und dem Umland bezogen. Wer beispielsweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, für den geht ein Getränk an der Hotelbar aufs Haus. Und beim Package The sound of green travelling kann man ganz auf das Auto verzichten.
Von Unverpackt-Läden bis Faire Kleidung oder ein Blick hinter zwei großartige Weinviertler Betriebe, zu denen sich ein Genussausflug anbietet. Bei uns auf heldenderfreizeit.com findest du das alles – und noch viel mehr:
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Aufmacherfoto: (c) Lobmeyr, Mucha Zachar
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