Ein letztes Mal rettet die Heldentruppe in Guardians of the Galaxy 3 gemeinsam das Universum vor einer dunklen Bedrohung und muss im Kampf um ihren Buddy Rocket noch einmal zusammenfinden. Warum das Ende der bunten Reihe von James Gunn ein würdiges ist.
von Susanne Gottlieb
3. Mai 2023: Der Moment ist da – wir müssen uns von weiteren Superhelden aus dem MCU verabschieden. Die Guardians of the Galaxy rücken ein letztes Mal gemeinsam aus, um gegen den fiesen High Evolutionary zu Feld zu ziehen, der hinter ihrem Freund Rocket her ist. Dann verabschieden sich nicht nur die Darsteller in neue Projekte. Auch James Gunn wird sich vollends auf sein neues Projekt konzentrieren: Den Relaunch des seit Jahren schwer strauchelnden DC-Universums.
Können die Guardians in Runde 3 nochmals überzeugen und in unseren Top10-Marvel-Filmen lobend Erwähnung finden? Auf jeden Fall. Es ist der lustigste Marvel-Film seit langem. Ein Funken alter Chemie, die Thanos seither wohl irgendwie weggeschnippt hatte. Alle weiteren neuen Kinostarts des Monats findest du übrigens hier. Und falls du generell Actionfilme magst, lies hier, ob der neue Fast & Furious 10 so gut ist wie er Benzin verschießt.
Seit Gamora (Zoe Saldaña) von Thanos für den Infinity Stone geopfert wurde, liegt bei den Guardians der Haussegen schief. Peter Quill (Chris Pratt), noch immer schwer in Gamora verliebt, sucht seinen Trost im Alkohol. Die restlichen Guardians versuchen ihn bei der Stange zu halten, doch es gelingt nur ansatzweise. Eine Motivation, sich selber am Riemen zu reißen, tut sich auf als das künstliche Wesen Adam Warlock (Will Poulter) in ihr Hauptquariter Knowhere eindringt, um Rocket (Bradley Cooper) zu entführen.
Dessen Vergangenheit als Versuchskaninchen für den High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) kommt so langsam ans Tageslicht und auch, dass es eben dieser skrupellose Wissenschaftler ist, der nach Rocket suchen lässt. Er möchte sein “Projekt” zurück. Die Guardians, darunter Drax (Dave Bautista), Nebula (Karen Gillan), Mantis (Pom Klementieff), Groot (Vin Diesel), Kraglin (Sean Gunn) und Neuzugang Cosmo the Spacedog (Maria Bakalova) können Rockets Entführung zwar verhindern. Dennoch müssen sie selbst den High Evolutionary und seine Schergen aufsuchen, um herauszufinden, wie Rockets implantierter Selbstzerstörer ausgesetzt werden kann. Dabei hilft eine alte Bekannten, die eigentlich keine ist – die jüngere Gamora, die bei den Zeitreisen der Avengers in Endgame in die Zukunft gekommen ist, soll helfen. Drama und Emotionen sind also vorprogrammiert.
Es ist kein Geheimnis, dass das MCU seit dem Sieg über Thanos und der darauffolgenden Phase 4 etwas strauchelt. Wohin geht die Reise? Wer sind alle diese neuen Figuren, die in den Raum geworfen werden? Warum muss so viel Inhalt auf Fernsehserien ausgelagert werden? Doch ein Film wie Guardians of the Galaxy Volume 3, der auch als Abschiedstournee für eine weitere Riege an Darstellern fungiert, findet diesen alten Funken wieder. Von einer Zeit, in der die Marvel-Formel noch nicht wie ein Korsett alles Kreative, Eigenständige aus den Filmen herausgequetscht hatte. Wo sich jeder Film noch ein wenig nach Genre anfühlte, und nicht nach Fließbandproduktion.
Fast könnte man den Film ein wenig mit dem ebenso erfolgreichen X2 vergleichen. Rocket bekommt seinen Wolverine-Moment, die Genese seines Wesens und seiner brutalen technischen Implantate wird genauer erforscht. Es ist herzzerreißend, ihn mit großen Baby-Waschbäraugen in seinem Käfig zu sehen, und James Gunn gelingt hier auch sehr ungeschönt ein starkes Plädoyer gegen Tierversuche und für Tierwohl. Aber so sehr Rockets Hintergrund auch das Herzstück dieses Films ist, so ist es doch auch eine Geschichte über Zusammenhalt und Liebe. Die Guardians sind nicht einfach nur ein verquerer Haufen Misfits, die zusammenarbeiten. Sie sind eine Familie. Und jeder bekommt hier seine Rolle und seine charakterliche Entwicklung. Bei so vielen Darstellern kein leichtes Unterfangen. Aber Gunn gelingt’s.
Dazwischen schickt sie Gunn in abstruse Welten, wie in eine aus organischen Material bestehende Raumstation, und hat generell möglichst viel Spaß und Absurditäten in petto. Hier zeigt sich, wie CGI sinnvoll in solchen rein digital errichteten Welten aussehen kann. Nicht als sinnbefreite Materialschlacht, sondern als Baustein für phantastische Ideen, die auch noch sehr unterhaltsam sind. Auch der Soundtrack kann sich erneut hören lassen. Radiohead, Earth, Wind & Fire, Alice Cooper, Beastie Boys, Florence and the Machine sowie Bruce Springsteen dürfen sich über Tantiemen freuen. Ihre alten Hits werden bald auf Spotify wieder rauf und runter gespielt werden.
Nur Adam Warlock fühlt sich beizeiten etwas zur Seite geschoben an. Poulter gelingt eine brillante Darstellung des Superwesens als trotziger Schnösel. Man hätte sich mehr Zeit mit ihm gewünscht. Im Gegensatz zu Gamora oder Drax ist aber nach wie vor die Chance da, Adam in weiteren Inkarnationen des MCU zu sehen und seine Figur noch zu entwickeln. So kann sich der Film auf die Frankensteinsche Beziehung zwischen High Evolutionary und Rocket konzentrieren. Und wie wir alle mehr als die Summe unserer Teile sind. Kein Experiment, sondern ein Wesen mit Persönlichkeit, für das die Familie sich schon mal mit ganzen Planeten und Weltraumstationen anlegt.
Guardians of the Galaxy 3 schießt zum Ende nochmals aus allen Rohren und macht dabei richtig Spaß. Ein unterhaltsames Abenteuer mit genug leisen Tönen, um ein runder Fim zu sein.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.