Kaum ein Regisseur ist so kultig wie Quentin Tarantino, wenige andere locken heutzutage noch so viele Menschen allein durch ihren Namen ins Kino. Denn seine Streifen bieten die perfekte Mischung aus Mainstream Entertainment und anspruchsvoller Filmkost. Zum 60. Geburtstag des Kultregisseurs resümieren wir mit unserem Ranking die besten Tarantino-Filme.
von Klaus Kainz & Christoph König
Tarantino ist Kult. Mit Reservoir Dogs und Pulp Fiction wurde der inzwischen 60-Jährige in den 90ern schnell der neue Shooting-Star am Kinohimmel. Anfangs machte die absurde Gewalt auf seine Filme aufmerksam, inzwischen lieben wir seine Streifen aber für die fesselnden Dialoge und die smarte Umkehr von Genre-Konventionen. Außerdem holt er immer wieder Top Performances aus Schauspielerinnen und Schauspielern heraus, die in Vergessenheit geraten sind. Alle Tarantino-Streifen sind Reisen durch die Popkultur-Geschichte, aber nie reine Hommage, sondern haben alle den unverwechselbaren Tarantino-Stil.
Tarantino’s Bruder im Geiste heißt Robert Rodriguez, für den er in Streifen wie Desperado und From Dusk Till Dawn als Schauspieler auftauchte und manchmal sogar am Drehbuch mitschrieb. Ihre größte Zusammenarbeit hieß Grindhouse – ein Double Feature, für das beide jeweils einen Film im B-Movie-Stil abdrehten. Von Rodriquez kam Planet Terror, von Tarantino Death Proof. Darin bringt ein von Kurt Russell gespielter Stuntman junge Frauen durch Crash-Fahrten in seinem Stuntwagen um, bis sich eine Truppe an Partygirls zur Wehr setzt. Die Story ist so quatschig wie in Trashfilmen, aber dafür leider auch genauso langatmig, nicht zuletzt, weil die Dialoge nicht zünden. Trotzdem lohnt sich selbst der schwächste Tarantino-Film wegen der finalen Verfolgungsfahrt.
The Hateful Eight ist kein gewöhnlicher Western. Als Kammerspiel mit Mystery-Plot durfte ein Cast aus Stars sein volles schauspielerisches Talent zur Schau stellen. In einer isolierten Berghütte kommt es während einem Schneesturm zu Wortgefechten zwischen Tarantino-Veteranen wie Kurt Russell, Tim Roth, Michael Madson und Bruce Dern, wobei im Kämmerchen irgendetwas im Argen zu liegen scheint. Samuel L. Jackson, quasi Stammgast bei Tarantino, bietet dabei eine seiner spaßigsten Performances für den Kultregisseur. Und auch Jennifer Jason Leigh brilliert in der Rolle als Daisy, mimt dabei das Miststück von einer Gefangenen. Während sich vorherige Tarantino-Streifen noch alte Songs von Ennio Morricone borgten, lieferte die Komponisten-Legende für The Hateful Eight einen Original Soundtrack. Allerdings schwächelt der Plot etwas, weil die Mysteries und der Spannungsbogen nicht vollends überzeugen.
Der neueste der Tarantino-Filme präsentiert sich als krasser Gegensatz zum Vorgänger Hateful-Eight. Mit dem großen Liebesbrief an das Hollywood der 60er Once Upon a Time in Hollywood blicken wir hinter die Kulissen und in die Leben abgehalfterter Filmstars, die es unter anderem mit der Manson Familie zu tun bekommen. Das macht zwar dank der gewohnt grandiosen Performances von Brad Pitt und Leonardo di Caprio durchaus Spaß, hat aber mit seiner Laufzeit von 161 Minuten auch ein paar Längen. Die Bildsprache ist großartig, die Settings extrem detailverliebt und lassen das alte L.A. vor unseren Augen wieder auferstehen. Der Plot hat allerdings seine Schwächen – Szenen wie jene, in der Bruce Lee in wenigen Filmsekunden der Lächerlichkeit preis gegeben wird, wirken entbehrlich. Dafür entschädigt das spektakuläre Ende für einiges. Stichwort: Flammenwerfer. Eine ausführliche Kritik zum Film könnt ihr hier bei uns nachlesen.
Zum Erscheinungszeitpunkt war Jackie Brown noch umstritten. Verglichen mit Pulp Fiction fehlte die Coolness der Gangster und überhaupt wirkte alles viel gemächlicher und zahmer – obwohl sich der Film beim überdrehten Blacksploitation-Genre bediente. Mit der Zeit wurde aber auch die Fan-Gemeinschaft für diese einzige Romanverfilmung von Tarantino immer größer. Denn hinter dem Gangster-Plot geht es vor allem ums Älterwerden und wie man damit klarkommt. Je älter man wird, desto nachvollziehbarer werden die Sorgen der grandios von Pam Grier und Robert Forster gespielten Charaktere. Oder auch vom völlig abgehalfterten Kleinganoven, den ein grandioser Robert de Niro darstellt.
Hier hat alles begonnen: Reservoir Dogs machte Quentin Tarantino zum Kultregisseur, wie wir ihn heute kennen. Nach einem fehlgeschlagenen Raubüberfall treffen sich angeschlagene Gangster in einer modrigen Unterkunft und versuchen einem angeblichen Verräter auf die Spur zu kommen. Als Kammerspiel ohne viel Budget musste der Streifen durch seine Dialoge und Spannungsbögen Aufmerksamkeit erregen. Genial war vor allem die Szene, in denen sich die Kleinkriminellen um ihre Codenamen streiten, weil alle unbedingt Mr. Black sein wollen – auch diese Art von natürlicher Situationskomik sollte spätestens ab Pulp Fiction zu einem Tarantino-Markenzeichen werden. Genauso ikonisch wurde Michael Madson, der einem anderen Gangster ein Ohr abschneidet, während er zu Stuck In The Middle With You tanzt.
Seit Beginn an mischte Tarantino Western-Elemente in seine Filme, aber mit Django Unchained machte er sich endlich ans Eingemachte. Die Rachegeschichte rund um den von Jamie Foxx gespielten Ex-Sklaven Django ist ein wahres Epos, das sich vor vielen anderen Western-Klassikern nicht verstecken muss. Aber wie immer gilt: Der Film ist mehr als nur eine Anhäufung von Anspielungen. Weil Tarantino das Setting in den Süden Amerikas verfrachtete, bekam die Story einen geradezu emanzipatorischen Touch. Denn so bekommen vor allem fiese Sklaventreiber die Tarantino-typische Gewalt durch den ehemaligen Sklaven Django voll und ganz ab. Außerdem entsteht eine ganz eigene Stimmung, wenn sich die klassischen Western-Lieder mit Hip-Hop oder Jazz mischen.
“Oh, its a Bingo!” Zwar wartete auch dieser Tarantino-Film mit einer Armada an Stars auf, allen die Show stahl aber ein Wiener. Christoph Waltz bekam für seine exzentrische Darstellung des SS-Standartenführers Hans Landa den Oscar als bester Nebendarsteller, räumte im Gegensatz zu seinen Kolleg:innen auch sonst zahlreiche Preise ab und schaffte den Aufstieg zum Hollywoodstar. Diese Rachefantasie an den Nazis galt inhaltlich bei den Kritikern zwar nicht durchgehend als Glanzstück, auch weil sie sich um historische Fakten bewusst kaum bis gar nicht scherte, die handwerkliche Meisterklasse Tarantinos gepaart mit einer tollen Schauspielriege und in spannenden 5 Kapiteln inszenierten Geschichte, weiß aber über den Großteil der zweieinhalb Stunden ausgezeichnet zu unterhalten. Wir empfehlen den Film im Originalton zu schauen, der nämlich neben Englisch auch über große Teile in Deutsch und Französisch daherkommt.
Ein lange geplanter Zusammenschnitt der beiden Kill-Bill-Teile namens The Whole Bloody Affair lässt vermutlich weiter auf sich warten. Trotzdem zählen wir beide Kill Bill Filme auch so als Gesamtwerk. Besonders die Gewaltorgien brachten die Rachegeschichte rund um Uma Thurman, die hier in ihre legendärste Rolle schlüpft (siehe auch unser Ranking der 10 besten Filme mit Uma Thurman), ins Rampenlicht. Im ersten Part fliegen geradezu die Gliedmaßen während den vom Asia-Kino inspirierten Schwertkämpfen. Aber es wäre kein Tarantino-Film, würde hinter dem Epos nicht noch mehr als stylische Gewaltexzesse stecken, überzeugt er doch mit einer meisterhaften Mixtur von Eastern und Western (und einer Unmenge cooler Filmreferenzen). Der zweite Part fährt mit all den berühmt-berüchtigten Tarantino-Dialogen auf, die den verrückten Killern in der cartoonigen Kungfu-Welt überraschend viel Charaktertiefe verleihen.
DER Kultfilm der 90er Jahre und für uns die Nummer 1 der Tarantino Filme spielte bei einem bescheidenen Budget von 8,5 Millionen satte 214 Millionen Dollar ein. Dabei drohte das Drehbuch zur Groschenroman-Geschichte (englisch: Pulp Fiction) schon zu verstauben. Quentin Tarantino, der in den 80ern als erfolgloser Schauspieler in einer Videothek jobbte und es zusammen mit Roger Avery schon lange vor seinem ersten Erfolg Reservoir Dogs geschrieben hatte, fand erst nach zahlreichen Absagen mit Miramax ein Studio. Kein Tarantino-Streifen enthält mehr ikonische Szenen, die uns bis heute begleiten. Angefangen vom Tanz von Uma Thurman und John Travolta (der mit Pulp Fiction ein fulminantes Comeback feierte) bis zum Rückbank versauenden Schlagloch-Kopfschuss, Philosophen-Killer Samuel L. Jackson oder dem verwirrten Vincent Vega, der 2015 als Meme nochmal zum Internet-Phänomen wurde. Und kaum jemand hat sich (abgesehen von Uma Thurman in Kill Bill) in einem der Tarantino-Filme den Griff zum Samurai-Schwert so verdient wie Bruce Willis.
Bei uns werdet ihr fünfig. Und in unserem Seher-Bereich gibts außerdem Kritiken und Vorschauen zu aktuellen Filmen im Kino und Stream.
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Fotos: (c) Paramount, Sony Pictures, MGM, Dog eat Dog Productions, Miramax
Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.