Als hätte Thor nicht schon genug seiner Liebsten verloren, hat es diesmal Bösewicht Gorr auf alle Götter im Universum abgesehen. Wie gut, dass sich ihm diesmal nicht einer, sondern zwei Thors entgegenstellen.
von Susanne Gottlieb
5. Juli 2022: Nach all den Strapazen und dem gefakten Bierbauch in Avengers: Endgame – was wurde aus Thor? Als letztes hatte er sich mit den Guardians of the Galaxy auf den Weg gemacht, und körperlich hatte er sich auch gehen lassen. Und gibt es überhaupt noch etwas über Thor zu erzählen? Immerhin ist er die einzige Figur bisher, die einen vierten Solofilm bekommen hat. Wir verraten euch in unserer Thor: Love and Thunder Kritik, ob es sich lohnt ab morgen ins Kino zu pilgern.
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Nachdem er mit den anderen Avengers Thanos besiegt und unter seinem Volk nun neben Mutter und Freunden auch Vater Odin (Anthony Hopkins) und Bruder Loki (Tom Hiddleston) verloren hatte, zog sich Thor (Chris Hemsworth) in sich selbst zurück. Nun zieht er mit den Guardians von Planet zu Planet, um seine Dienst in Kämpfen zur Verfügung zu stellen. Eines Tages erreicht die Truppe ein Notruf seiner alten Freundin Sif (Jaime Alexander). Sie warnt Thor, dass Gorr the Godbutcher (Christian Bale) immer mehr Götter abmetzelt und es als nächstes auf die letzten Einwohner Asgards auf der Erde abgesehen hat.
Etwa gleichzeitig unterzieht sich Thors Exfreundin Jane (Natalie Portman) wegen Krebs im Endstadium in einer Chemotherapie. Einen Rat ihrer alten Weggefährtin Darcy (Kate Dennings), es mit Asgardmagie zu probieren, nimmt sie sich dann schließlich doch zu Herzen und reist nach New Asgard. Dort liegt Mjölnir, Thors alter Hammer, seit seiner Begegnung mit Hela in Stücken. Doch, als hätte er Jane gerufen, fügt er sich in ihrer Gegenwart erneut zusammen und verwandelt Jane in die übernatürlich mächtige Mighty Thor.
Doch der Original Thor hat nicht allzu viel Zeit, die Rückkehr seiner großen Liebe, ihre Verwandlung oder die Präsenz seines alten Hammers zu verarbeiten. Gorr überfällt New Asgard und verschleppt die Kinder. Gemeinsam mit Jane, Valkyrie (Tessa Thompson) und Korg (Taika Waititi) reist er los, um sie zu befreien und Gorr ein für allemal zu stoppen.
Als Thor: Ragnarok (hier unser Review) ins Kino kam, war es für viele eine Offenbarung, wie man die etwas sperrige IP Thor richtig umsetzen könnte. Kenneth Brannagh hatte ihn in Teil 1 in eine Art Shakespear’sches Bühnenstück verwandelt, Alan Taylor mit dem düsteren The Dark World einen der verhassteren Filme des MCU geschaffen. Taika Waititi machte aus dem dritten Teil dann eine abgespacte 80s Camp-Sci-Fi-Oper und lies Thor erstmals seine Kräfte in ihrem vollen Umfang nutzen.
Doch seither ist viel Zeit vergangen und Waititi hat es sich im Popkultur-Olymp Hollywoods bequem gemacht. Und genau daher kommt auch eines der Probleme des Films. Er ist zu vorhersehbar geworden. Waitits Shtick, der eigentlich ganz witzig ist, hat sich inzwischen abgenutzt. Sein komödiantischer Zugang zum Stoff ist nicht mehr ganz so originell, sondern lässt Thor langsam wie einen schicken, blonden Idioten erscheinen. Das andere Problem, mit dem Waititi konfrontiert ist: Hemsworth und Portman hatten nie die gleiche explosive Chemie wie Hemsworth und Hiddleston. Thor und Loki war nicht umsonst seit jeher die beliebtere Dynamik als Thor und Jane. Auch jene, die schon etwas enttäuscht waren, wie die Warriors Three zur Seite geschoben wurden im letzten Teil, sollten sich nicht allzu viel von Sifs Rückkehr erwarten.
Spaß macht der Film dennoch. Christian Bale beweist wie immer seine Vielseitigkeit und gibt eine teils herzzereißende, teils intensiv-düstere Performance als Gorr. Die schon im Trailer angedeuteten Schwarz-Weiß Sequenzen sind hervorragend und stylisch und zeigen, dass Waititi durchaus einen Horrorfilm in sich hätte. Und auch wenn der Film großteils nur so vor sich hinplätschert, verfolgt Waititi hier einen bestimmten Handlungsbogen, der sich schon früh erahnen lässt, doch von dem man sich nicht sicher ist, ob er ihn wirklich durchzieht. Gerade die letzte Viertelstunde hebt Thor: Love and Thunder nochmals aus der etwas unspektakulären Mittelmäßigkeit heraus und schafft eine Punktlandung.
Netter vierter Teil, der nicht viel Neues bietet, aber wie erwartet prächtig gut unterhält. Thor hat sich noch nicht ausgedonnert. Für einen Platz in unseren Top-10-Marvel-Filmen hat es trotzdem nicht ganz gereicht.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.