Holy déja vu Batman! Mit dem mittlerweile neunten Film-Batman und dem frühen Rückzug Ben Afflecks in der Titelrolle gibt es einen neuen Vorstoß mit einem jüngeren Batman. Und der zehrt trotz ansehnlicher Optik und zeitgeistigem Finale ordentlich von altbekannten Motiven.
von Susanne Gottlieb
4. März 2022: Mit Batman ist es ein wenig wie mit Spider-Man. Man will ihn zwar immer wieder in neuen Abenteuern sehen, aber es braucht nun wirklich keine weitere Uncle Ben oder Waynes Todesszene. Der letzte Spider-Man hat es sich doch dann nicht ganz nehmen lassen diesen tragischen Moment doch noch zu integrieren. Der neue Batman Film von Matt Reeves, der sich schon für die erfolgreiche Wiederbelebung der Planet der Affen Filmreihe verantwortlich zeichnete und das Popkultur Phänomen Cloverfield schuf, versucht auch gar nicht hier irgendwie alles auf Anfang zu polen. Er setzt zwei Jahre nachdem Batman Batman geworden ist ein. Und erzählt eine Geschichte weiter, die irgendwann mal im DCEU hätte starten sollen, aber inzwischen so zersplittert ist, dass man ihr gar nicht mehr wirklich folgen muss.
Vielmehr interessiert die Frage: Kann Reeves Batman mit Ex-Blockbuster und jetzt Indie-Star Robert Pattinson überhaupt noch etwas Neues hinzufügen? Irgendwo seine Nische zwischen Tim Burtons eigenwilligen Goth-Welten, Joel Schuhmachers campy Kitsch-Spektakeln, Christopher Nolans akribisch umgesetzten Gesellschaftsthrillern und Zack Snyders düsteren Götterkräftemessen finden? Die Antwort ist ja – aber auch nein. Wohl keine Comicbuchverfilmung war bisher so nah an der visuellen Sprache der Vorlage. Und doch – Reeves folgt hier allzu altbekannten Motiven seiner Vorgänger, um sich dauerhaft aus der Masse herauszuheben.
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Seit zwei Jahren streift Bruce Wayne (Robert Pattinson) bereits als Batman durch die Straßen von Gotham. Auch wenn er viele Schurken zu Fall bringen konnte, so richtig ist er nicht überzeugt, dass er in der von Kriminalität vollgepackten Stadt einen Unterschied macht. An Halloween ruft ihn Commissioner James Gordon (Jeffrey Wright) zu einem besonderen Tatort. Der Bürgermeister Don Mitchell Jr. (Rupert Penry-Jones) wurde ermordet. Der Täter hat eine Nachricht für Batman hinterlassen. Er wolle mit der Korruption aufräumen. “Renewal is a lie”, ist die Botschaft.
Hinter der Botschaft steckt, wie schon bald feststeht, der Riddler (Paul Dano). Er hat noch eine Rechnung mit den Reichen und den Mächtigen der Stadt offen – unter anderem auch mit Batman selbst. Bevor der Ridler das nächste Mal morden kann, muss Batman bei der Suche nach dem Täter eine besonders große Verschwörung entwirren, die auch vor den Oberbösewichten The Penguin (Colin Farrell) und Carmine Falcone (John Turturro) nicht Halt macht. Ihm zur Seite stehen neben Gordon wie gewohnt sein Butler Alfred Pennyworth (Andy Serkis) und Selina Kyle (Zoë Kravitz), die ihre eigene Agenda verfolgt.
Es wäre gelogen zu sagen, dass man im Jahre 14 nach Iron Man nicht schon eine gewisse Superhelden-Abnutzung spürt. Allein in den letzen 17 Jahren gab es fünf Filme mit dem düsteren Helden im Cape. Was kann ein weiterer Batman also noch aus der Figur herauskitzeln? Matt Reeves versucht hier eindeutig nach dem eher leichteren, Luftikuss-artigen Marvel Filmen und den gelegentlichen DC-Spaßmachern wieder einen ernsten Ton anzuschlagen. Und mit ernst ist ernst gemeint. Selbst The Dark Knight wirkt dagegen noch wie ein buntes Werbefilmchen für Downtown Chicago.
Inhaltlich folgt die Geschichte den Comicbüchern Year One und The Long Halloween, von denen sich einst schon Nolan für seine Trilogie inspirieren ließ. Doch während selbst Nolan sich noch in seiner als ultrarealistisch angelegten Filmsprache noch an gewissen Comicbuch-Bildern orientierte, wirkt Batman in seinem Fledermausanzug noch deplatzierter als zuvor. Mit einer Prise Alan Moore (da Batman ähnlich dem Antihelden Rorschach in einem Tagebuch seinen inneren Gedanken über die Verlorenheit der Stadt freien Lauf lässt) entfaltet sich hier ein Noir Krimi der feinen Note. Außer in den Momenten, wenn das Skript sich daran erinnert, dass es eigentlich dem typischen Comic Plot folgen muss.
Denn letztendlich schreibt der Film dann doch etwas zu stark bei den Vorgängern ab. Vor allem der dritte Akt des Films kann seine geistige Verwandtschaft zu The Dark Knight nicht leugnen. Auch wenn hier eindeutige Parallelen zur modernen Online-Kultur gezogen werden. Die Bösewichte sind weniger destruktive Individualisten, sondern die Symptome eines größeren, verdorbenen Ganzen, und der Film profitiert davon, hier das korrupte System an den Pranger zu stellen. Inklusive jener Massenmitläufer, die das Gesetz daraufhin in die eigene Hand nehmen wollen. Das erinnert nicht von ungefähr an moderne Verschwörungstheoretiker, oder den jüngsten Joker Film mit Joaquin Phoenix. The Batman lässt aber im Gegensatz dazu nicht den Raum, hier eine fehlgeleitete Idealisierung zu betreiben.
Im Gegenzug leidet der Film auch an der unausgeglichenen Figurenausarbeitung. So ist Paul Danos durchaus furchteinflößender Riddler über weite Strecken des Films nicht zu sehen, oder nur durch von ihm verschickte kleine Videoclips im Hintergrund präsent. Die emotionalen Lasten Selinas und ihr Verhältnis zu Falcone bekommen dafür so viel Raum, dass es fast schon ein Verrat ist, dass hier am Ende keine sinnvolle Auflösung des Konflikts entsteht. The Batman investiert in seine Charaktere und setzt nur vereinzelt auf schöne altmodische Action ohne allzu viel CGI Tamtam, wie etwa der klassischen Verfolgungsjagd im Auto. Aber gerade diese exzessiven Nebenplots der Figuren ziehen den Film unnötig in die Länge. Die knapp drei Stunden spürt man dann letztendlich leider doch.
The Batman ist optisch und thematisch ein gut gemachter Noir Thriller, der gerade dann schwächelt, wenn er sich zu sehr auf seine Comicbuch Wurzeln und Vorgänger beruft.
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Fotos: (c) Warner Brothers
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.