Auf der Suche nach dem nächsten großen Fantasy-Spektakel, und kurz vor der Premiere der nächsten großen Player House of the Dragon und Der Herr der Ringe, beglückt uns ab dem 19. November auch noch die Adaption der Robert Jordan Romanreihe Das Rad der Zeit auf Amazon Prime.
von Susanne Gottlieb
19. November 2021: Fans von High Fantasy sollte die Geschichte bekannt sein. Es ist der 14-teilige Romanzyklus Das Rad der Zeit, der etwa zeitgleich zu Games of Thrones in den 90ern entstand, aber anders als G.R.R. Martins Werk zumindest abgeschlossen werden konnte. Denn obwohl Autor Robert Jordan 2007 verstarb, hatte er die Geschichte ausreichend vorausgeplant. Autor und Das Rad der Zeit-Fan Brandon Sanderson (der hier auch als Berater tätig war), persönlich ausgewählt von Jordans Witwe, war es, der die Reihe zu Ende bringen konnte. Und Material gibt es auch hier zu Genüge. 2.782 benannte Figuren gibt die Reihe her. Selbst Fans konnten nicht umhin zu bemängeln, dass gerade im Mittelteil zu viel leerer Plot und sinnlose Meilen abgespult werden.
Stoff für mehrere Staffeln ist also garantiert. Staffel 2 wird sogar gerade gedreht. Aber kann Das Rad der Zeit mit seiner ersten Staffel bereits genug überzeugen, dass sich dieser Vorauseifer bezahlt macht? Wir haben uns für euch die ersten drei Folgen angeschaut und sagen … naja …
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Die Magierin und Aes Sedai Moiraine (Rosamund Pike) weiß um die wiedererwachende Macht des Bösen in ihrer Welt. Das versucht in regelmäßigen Zyklen die Welt zu unterwerfen. Vor tausend Jahren hatte der letzte Champion des Guten und des Lichts, der Drache, die männlichen Aes Sedai dazu überredet, zu versuchen den Dunklen König mit ihrer Magie ewig zu binden. Doch das ging schief. Seither ist die “Welt gebrochen” und jeder Mann, der versucht Magie zu verwenden, verfällt dem Wahnsinn.
Doch so wie auch das Böse wiederkehrt, so kehrt auch der Champion des Lichts wieder. Moiraine muss nun diesen “wiedergeborenen Drachen” finden und vermutet ihn in der abgeschiedenen Region der Zwei Flüsse. Dort treffen sie und ihr Beschützer und Begleitung al’Lan (Daniel Henney) in Emondsfeld fünf Kandidaten: den Bauernsohn Rand (Josha Stradowksi), seine besten Freunde, den Taschendieb Mat (Barney Harris) und den Schmied Perrin (Marcus Rutherford), Rands Freundin Egwene (Madeleine Madden), sowie die Dorfmagierin Nynaeve (Zoë Robins).
Doch bevor Moiraine sich sicher sein kann, wer von den fünf der Drache ist, tauchen dunkle Schergen auf, die ebenfalls auf der Suche sind. Finstere Trollocs überfallen das Dorf. Der Gemeinschaft bleibt nichts anderes übrig, möglichst schnell nach Osten zum weißen Turm der Aes Sedai zu fliehen. Hinter ihnen stets die Armeen des Bösen, und vor ihnen ebenfalls eine Reihe von Bedrohungen, Verbündeten und Herausforderungen, entsteht ein Wettlauf gegen die Zeit.
Wie bereits eingangs erwähnt, ist Das Rad der Zeit die jüngste Beigabe in einer Reihe von Fantasy-Adaptionen, die vor allem seit Game of Thrones wieder den Serienmarkt überflutet haben. Während die Buchversion durchaus zurecht ihren Kultstatus hat, hebt sich die Serienadaption leider nicht aus der Massenware aus Fantasyproduktionen hervor. Das liegt weniger an der durchaus geschickten Entscheidung, außer Rosamund Pike und Games of Thrones Alumni Michael McElhatton in einer Gastrolle, fast alle Rollen mit (diversen!) Newcomern zu besetzen. Vielmehr ist es die uninspirierte Massenabfertigung, mit der Fantasy heute umgesetzt wird.
Im Gegensatz beispielsweise zu The Witcher (hier unsere Kritik), das seinen Kitsch zumindest zelebriert, oder Shadow and Bone (hier unsere Review), das die Young Adult Generation anspricht, weiß Das Rad der Zeit nicht so recht, an wen es sich wendet. Zum einen sind da die Fans, die mit gewissen Erwartungen hinein gehen. Zum anderen die Newcomer, für die es die Serie spannend halten will, auf Kosten von Charakterentwicklung. Diese Refokussierung der Geschichte auf die Frauen und die Aes Sedai funktioniert zwar aus der Perspektive einer erzählerischen Konstanten dieser Welt. Die Aes Sedai waren immer da, werden immer da sein, um die Welt zu retten. Aber es passiert auf Kosten einiger entscheidender Hinweise zu Beginn, wohl in der Annahme, dass man hier sonst schon zu viel verraten würde, wer der Drache schlussendlich ist.
Ob sich diese Versäumnisse später noch in Wohlgefallen auflösen können, bleibt zu hoffen. Da uns nur drei Folgen zur Verfügung standen, kann nur die unmittelbare frühe Figurenzeichnung beurteilt werden. Doch gleichzeitig mit der Auslassung dieser entscheidenden Details wirkt die ganze Handlung auch etwas gehetzt. In altbekannter Manier müssen die Figuren in einem Wettlauf wie auf einer Schnitzeljagd von Punkt A nach B eilen, wobei bei jeder Rast eine neue übernatürliche oder durchaus menschliche Bedrohung entsteht. Und wie schon aus anderen Franchises bekannt, gibt es auch hier eine Fähre, die in letzter Minute übersetzen muss, die Flucht durch den Wald, eine verwunschene Stadt in der man zwischenstoppt, zerklüftete Bergfelsen, durch die man stapft oder die unfreiwillige Aufspaltung der Gefährten.
Doch abseits der inhaltlichen Mankos oder Wiedererkennungs-Effekte haben sich die Macher auch nicht sonderlich viel Zeit dafür genommen, eine visuell anspruchsvolle Welt zu schaffen. Viel Szenerie entstand am Computer. Das Production Design ist uninspiriert, die Kostüme sind einfallslos. Man könnte den Look der Serie nicht von einem anderen beliebigen Fantasy-Programm unterscheiden. Hier stellt sich die Frage, ob Amazon Prime nicht mehr Vertrauen in das Produkt hatte um mehr Geld zu investieren, oder ob das einfach woanders hingeflossen ist. Selbst Moiraines Magie schaut in manchen Szenen billig und minimalistisch aus. Ein bisschen Geduld, Liebe zum Detail und eine etwas lockerere Stimmung im Skript hätten hier Wunder gewirkt.
Das Rad der Zeit ist gegenwärtige Fantasy-Massenware, wie man sie zuhauf auf den verschiedenen Streaming Plattformen findet. Das Zeug zum nächsten großen Ding hat es nicht, ist aber unterhaltsam genug, um mal wieder in Welten voller Magie und übernatürlichen Wesen einzutauchen. Wir warten aber trotzdem erstmals weiter auf die Der Herr der Ringe Serie.
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Fotos: (c) Amazon Prime
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.